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181 - Der ewige Turm

181 - Der ewige Turm

Titel: 181 - Der ewige Turm
Autoren: Jo Zybell
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keuchte Sulbar. »Was forderst du?«
    »Gar nichts!«, lachte Cahai. »Ich habe, was sich will! Das Schiff gehört mir, und die Mannschaft hört auf mein Kommando! Ich setze euch auf einer der Inseln hier aus!«
    Der Kapitän riss sein Schwert hoch. »Eher verfault mir die Schwerthand, du Missgeburt!«
    »Warte.« Rulfan hielt seinen Waffenarm fest. »Wir haben keine Chance.« Er blickte sich um. Überall entdeckte er kleinere Inseln, und am westlichen Horizont trennte ein dunkler Streifen Himmel und Meer: Land.
    »Du siehst doch, dass er deine Mannschaft gekauft hat. Willst du schon sterben? Ich nicht.«
    Er blickte in die verwitterten, rohen Gesichter der Seeleute, die sie umzingelt hatten. Schließlich steckte er sein Schwert in die Scheide und pfiff Chira zu sich. Auch Sulbar ließ seine Waffe sinken.
    Cahai befahl den Matrosen eine kleine Felsinsel anzusteuern. Dort ließen die Männer der Feuerbraut eines der Beiboote zu Wasser. Rulfan, Sulbar und ein Junge namens Halil gingen an Bord. An Seilen ließen Cahais Leute drei Verletzte ins Boot hinunter, die ihrem Kapitän die Treue gehalten hatten; unter ihnen der Steuermann.
    Vier Meuterer setzten sich auf die Ruderbänke und ruderten hinüber zur Felseninsel.
    Während sich das Boot dem Felsen näherte, sah Rulfan zurück zur Feuerbraut . Cahai lehnte über die Reling und winkte. »Vielleicht treffe ich deine Freundin am brennenden Felsen!«, schrie er. »Soll ich sie dann von dir grüßen?«
    Rulfan antwortete nicht.
    ***
    Das Sturmgebiet blieb zurück, die PARIS sank tiefer, die Eisblumen an den Gondelfenstern tauten auf. Victorius öffnete alle sechs Fensterluken und blickte hinaus.
    Warme Luft strömte in die Gondel. Etwa zweitausend Meter unter ihm wogte tiefblau das Meer. Einzelne Inseln glitten vorüber, Land kam in Sicht. Die Maschine hatte er abgestellt, der Propeller stand still. Für warme Luft im halbstarren Schwebecorpus der Roziere sorgten die verstellbaren Spiegel auf dem Dach und an den Außenwänden der Gondel. Im Moment trug eine Luftströmung das Schiff nach Südosten und zurück auf den ursprünglichen Zielkurs. Jedenfalls nahm der Pilot das an; letzte Gewissheit sollte ihm das Studium der Karten bringen.
    Er ging zur Armaturentafel über dem Brenner und las die Werte der Heizkammer und des Kessels ab.
    »Folgendes«, sagte er. »Wir brauchen Wasser.« Am Kartentisch schnallte er sich fest, blickte auf den Kompass und beugte sich über die beiden Karten, die ihm zur Verfügung standen. Beide stammten aus der Feder seines Vaters, eine war die handschriftliche Kopie einer wertvollen Karte, die der Kaiser einst mit aus seiner unerreichbar fernen Heimat mitgebracht hatte.
    Victorius studierte die Karten, ging zum Fenster, um die Inseln und die näher rückende Küste zu betrachten, beobachtete den Kompass, las in seinen handschriftlichen Manöver- und Kursprotokollen und versuchte sich zu orientieren. »Freue dich, Titana«, sagte er irgendwann und klatschte in die Hände. »Es hat sie nicht allzu weit nach Norden verschlagen, dich, Victorius und die PARIS. Allerdings konnten wir auch den Südostkurs nicht halten. Sobald wir den Kessel gefüllt haben, werden wir die Maschine wieder anwerfen und den Kurs korrigieren.«
    Er stand auf und lehnte sich zu einem der Fenster hinaus. Tief unter ihm umbrandete weiße Gischt zahlreiche, meist kleinere Inseln. Die Küste rückte näher.
    Zwei oder drei Stunden lang stand er so am Fenster und staunte die fremde Welt unter dem Luftschiff an. Die PARIS flog über weite, dampfende Wälder. Am Horizont rückte eine Gebirgskette heran. Hin und wieder lief der dunkelhäutige Pilot zum Kartentisch, um den Kompass zu kontrollieren und die Karten mit dem Landschaftsrelief zu vergleichen, das ihm der Blick aus dem Gondelfenster bot.
    Gegen Abend dann überquerte er das Gebirge. An den Steilufern eines ausgedehnten Gebirgssees fand er eine Stelle, an der er landen konnte. Er warf die Maschine an und ließ sie auf niedrigster Kraft laufen, um den halbstarren Schwebecorpus der PARIS im entfalteten Zustand zu erhalten. Danach entrollte er den Ansaugschlauch bis in den See, bediente die manuelle Pumpe und füllte den Kessel.
    Er startete bei Einbruch der Nacht, überließ das Luftschiff der Südostströmung und rollte sich in seine Decken. Die Strahlen der aufgehenden Sonne weckten ihn. Nach Überprüfung der Kontrollinstrumente fuhr er die Maschine hoch. Während der Nachtstunden hatte er nicht mehr als dreißig Kilometer
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