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181 - Der ewige Turm

181 - Der ewige Turm

Titel: 181 - Der ewige Turm
Autoren: Jo Zybell
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Wutgeschrei der bösen Geister des Wildwaldes. Er tastete sich am Kupferbügel entlang bis zur Fensterluke auf der Höhe des Kartentisches. Mit dem Ellbogen rieb er ein Loch in die Eisblumen und spähte hinaus. Dunkle Wolken wirbelten unter dem Luftschiff dahin, dazwischen die türkisfarbene Weite des Meeres. Und am Horizont der schwarze Streifen – war das Land?
    »Victorius glaubt Land zu sehen!«, rief er. Er stieß sich ab, wankte zum Kartentisch, hielt sich am Haltebügel fest, der dessen runde Holzplatte umrahmte, und ließ sich in den Polstersessel davor fallen. »Die PARIS steigt wieder! Wir haben es geschafft!« Er schnallte sich fest und spähte hinauf zu dem hin und her pendelnden Netz.
    »Die PARIS und Victorius wenigstens haben es geschafft. Und du?« Er lauschte angespannt. »Was ist mit dir? Lebst du noch?« Seine feuchten schwarzen Brauen wanderten nach oben, seine Augen weiteten sich angstvoll. Doch von einem Moment zum anderen entspannten sich seine Züge, und er lächelte. »Den Göttern sei Dank! Du bist noch da…«
    ***
    Es war laut, lauter als an anderen Orten der Welt, die er gesehen hatte, lauter sogar als in Coellen während der Tage des Faste'lears; so jedenfalls wollte es Rulfan scheinen. Ein Schnattern und Plappern und Rufen und Fluchen, dass ihm die Ohren gellten. Er hockte an einem kleinen Tisch zwischen dem Ausschank und einer Treppe ins Obergeschoss. Sein Lupa stand hechelnd vor ihm und äugte in die Schenke hinein, als erwarte er jeden Augenblick einen Angriff auf seinen Herrn. Der Lärm machte das Jungtier nervös.
    Am Schanktisch hingen Dutzende Berauschte herum, meist Männer. Das schien hier nicht anders als überall auf der Welt zu sein. Allerdings hatte Rulfan noch nie so viele Menschen in einer Schenke gesehen wie hier. Die meisten waren klein, hager und schlitzäugig. Kaum einer erinnerte an den Menschentyp, den Rulfan von Euree oder Meeraka her kannte und dem er selbst entsprach. Ja, er fiel auf, hier unter all den kleinwüchsigen, bronzehäutigen, schlitzäugigen Männern und Frauen.
    Seine roten Augen, sein langes Weißhaar, seine Körpergröße und natürlich sein Lupa-Weibchen, Chira.
    Sie knurrte, sobald jemand näher als drei Schritte an Rulfan heran kam.
    Über die Treppe huschten ständig Paare nach oben, und die Männer kamen nach nicht allzu langer Zeit meist allein wieder aus dem oberen Stockwerk zurück. Das wenigstens schien auch hier nicht anders zu laufen als in Euree oder Meeraka. Was Rulfans Aufmerksamkeit jedoch weit mehr fesselte, war ein großer runder Tisch in der Mitte des Schankraums. An ihm spielten sieben Männer Karten. Ein kleiner drahtiger Bursche von höchstens zwanzig Jahren legte gerade seine fünf Karten auf den Tisch. Während er zum vierten Mal innerhalb einer Stunde einen beträchtlichen Münzstapel aus der Mitte des Tisches einstrich, verfinsterten sich die Mienen der anderen Spieler. Einige warfen sich verstohlene Blicke zu.
    Die Karten wurden sofort wieder gemischt und ausgeteilt. Rulfan beobachtete, wie zwei ältere Spieler ihre Messer halb aus den Scheiden zogen. Auch die misstrauischen Blicke, die den jungen Burschen trafen, entgingen ihm nicht. Der Mann selbst schien von all dem nichts zu merken. Diesmal stieg er rasch aus dem Spiel aus, und ein anderer holte sich den geringen Einsatz aus der Tischmitte. Erneut wurden die Karten gemischt und verteilt, erneut trafen böse Blicke den jungen Burschen.
    Dabei hatte er in dieser Runde gar nicht gewonnen.
    Der Mann hatte langes schwarzes Haar, das er sich mit einem zum Band gedrehten, ehemals weißen Tuch aus der Stirn hielt. Sein schwarzer Pelzmantel hing ihm lose auf den Schultern, das Lederhemd darunter war bis zum Brustbein aufgeknöpft, die krause Brustbehaarung dicht und schwarz. Sein Gesicht war spitz, seine schwarzen Augen lauerten, und ein langer dünner Schnurrbart bog sich ölig glänzend über seinen schmalen Lippen.
    Die misstrauischen Blicke der Mitspieler wunderten Rulfan nicht, denn die Leute hier an der Westküste von Bono waren ausgesprochen geizig, ja sogar geldgierig.
    Man bezahlte Waren und Dienste in dieser Gegend mit Münzen aus Gold, Silber oder Kupfer, und die Küstenbewohner beherrschten die Kunst perfekt, einander und vor allem Fremden diese hübschen Teile aus der Tasche zu ziehen, wann immer sich Gelegenheit dazu bot. Überfahrten nach Ausala oder auch nur nach Sumra oder zur malayaischen Halbinsel waren praktisch unbezahlbar; Schiffe und Boote sowieso. (Bono
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