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1809 - Werwolf-Falle

1809 - Werwolf-Falle

Titel: 1809 - Werwolf-Falle
Autoren: Jason Dark
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nachfederte, und riss die Arme hoch, weil sie ihren Kopf schützen wollte. Es war nicht nötig, denn die Pranke schlug nicht zu.
    Der Werwolf ging in die Hocke. Er wollte sein Gesicht in gleicher Höhe wissen wie das der Frau.
    Jetzt beißt er zu, dachte Ulrike. Besser kann die Bestie es gar nicht haben.
    Sie wollte nichts sehen. Das Spüren reichte ihr aus. Deshalb schloss sie die Augen.
    Zeit verstrich.
    Der Biss erfolgte nicht.
    Dafür erlebte sie etwas anderes. Sie spürte die Berührung an der linken Schulter. Es tat nicht weh. Es war auch kein Beißen, das einen Schmerz hinterlassen hätte, es war einfach nur ein etwas kräftigeres Streicheln. Eine Aufforderung, etwas zu tun.
    Ulrike Schneider öffnete die Augen. Sie zuckte zusammen und wäre am liebsten geflohen, denn sie schaute direkt in das Gesicht der Bestie.
    Die Frau erstarrte.
    Innerhalb kürzester Zeit beschleunigte sich ihr Herzschlag. Sie spürte die Echos der Schläge im Kopf, stöhnte auf und wartete darauf, dass sie gebissen wurde.
    Das trat nicht ein.
    Sie musste weiter warten.
    Die andere Seite spielte mit ihr. Sie wollte, dass sie vor Angst verging, bevor sie zubiss.
    Das geschah nicht. Die Sekunden tropften dahin, und das Tier hatte immer noch nicht angegriffen. Ulrike Schneider hatte Mühe, es zu begreifen. Was hier passierte, widersprach allem, was sie über Werwölfe gelesen hatte.
    »Was ist denn los?«
    Die Frage war ihr einfach herausgerutscht. Sie hätte auch nie mit einer Antwort gerechnet, aber die Reaktion der Bestie darauf war so etwas wie eine Antwort.
    Aus dem Maul drang ein leises Knurren.
    Ulrike deutete ein Kopfschütteln an. Sie verstand das alles hier nicht so recht.
    War sie vielleicht verstanden worden? Das konnte nicht sein. Sie war ein Mensch und das Horrorwesen ihr gegenüber war ein Tier, aber nicht mal das, sondern ein Fabeltier. Oder eine Bestie. Beides passte.
    Ulrikes Gedanken jagten, sie wusste nicht, was sie tun sollte, aber sie wollte einen Ausweg finden. Etwas stimmte hier nicht. Ulrike wusste nur nicht, was es genau war.
    Dass die Gestalt sie töten wollte, den Gedanken hatte sie längst zur Seite gelegt. Dieser Besuch bedeutete etwas ganz anderes, etwas Vertrautes, Familiäres …
    Ulrike Schneider stutzte!
    Was war ihr eben durch den Kopf gehuscht? Ein bestimmter Begriff war es gewesen, den sie jetzt noch mal hervorholte.
    Familiär …
    Genau das war es.
    Sie konnte es nicht fassen. Es war verrückt, so zu denken, aber sie konnte nicht anders.
    Familiär …
    Helene, ihre Tochter!
    Plötzlich war alles anders. Sie sah zwar die Bestie mit der halb offenen Schnauze vor sich, aber die Furcht vor ihr war weg. In diese Sicht schob sich ein zweites Bild. Das ihrer Tochter Helene. Sie sah es vor ihrem geistigen Auge. Leider war es nicht so real wie das Werwolfgesicht, aber da gab es in ihrem Innern ein Gefühl, das sie wie eine Welle gepackt hielt.
    Sie war es. Sie musste es einfach sein. Es gab keine andere Erklärung. Und Ulrike fasste sich jetzt ein Herz. Was sie vorhin nur gedacht hatte, sprach sie jetzt aus.
    »Helene …?«
    Das Wort brachte sie kaum hervor, weil ein Weinkrampf ihre Kehle verstopfte.
    Das Tier tat nichts.
    Sie sprach den Namen noch mal aus, und sie erlebte kurz danach eine Reaktion.
    Der Werwolf heulte auf!
    ***
    Ja, sie war es!
    Ulrike hatte ihre Tochter gefunden oder umgekehrt. Was genau stimmte, spielte für sie keine Rolle.
    Helene also!
    Sie war kein Mensch mehr. Das hatte sie abgelegt. Das hatte sie ablegen müssen, denn sie war in einen Kreislauf des Grauens geraten, in ihr war der Keim gelegt worden, der sie letztendlich zu einem Werwolf gemacht hatte. Oder zu einer Wölfin.
    Und sie hatte gespürt, dass die Frau vor ihr mehr war als ein Opfer. Sie waren verwandt. Sie gehörten zusammen. Sie waren Mutter und Tochter.
    Wahnsinn.
    Völlig irre.
    Einfach nicht zu erklären.
    Hätte Ulrike auf ihren Füßen gestanden, sie wäre schon zusammengebrochen. Aber sie saß und konnte den Anblick auch verkraften. Wenn auch nicht begreifen, aber das war eine andere Sache.
    Sie wollte sich auch nicht näher damit beschäftigen und dachte nur an ihre Tochter. Man hatte sie zu einer Werwölfin gemacht, okay, das war leider eine Tatsache.
    Aber ging das auch umgekehrt? Könnte sie wieder ein Mensch werden?
    Ja, das war möglich. Ulrike erinnerte sich daran, was sie früher alles über die Werwölfe gelesen hatte. Man konnte sie als Quartals-Monster bezeichnen. Die verwandelten sich nur bei den
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