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1802 - Stiefkinder der Sonne

Titel: 1802 - Stiefkinder der Sonne
Autoren: Unbekannt
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schien so, daß immer und zu allen Zeiten kluge Köpfe erst verlacht wurden, bevor ihre Gedankengänge allgemeine Zustimmung fanden.
    Der Herreach hieß Godar. Diese Übersetzung seines Namens hatte der Translator geliefert, der mittlerweile eine flüssige Unterhaltung ermöglichte. Gleichzeitig wurden die Speicherdaten an Bord der PAPERMOON überspielt und standen von da an einheitlich zur Verfügung.
    Godar war neugierig.
    „... oder besonders mutig .
    „... oder schlichtweg verrückt.
    Und außer ihm eine Handvoll Herreach. Alle anderen kamen nur zögernd näher. Cistolo Khan bemerkte Herreach, die sich bis auf ein Dutzend Meter näherten, dann jedoch abrupt Reißaus nahmen. Als fürchteten sie plötzlich ihre eigene Courage.
    Seltsamerweise war es nicht die PAPERMOON, die ihnen Furcht einjagte. So monströs sie auch erscheinen mochte, sie war ein Gebilde, das dem Bohrkopf ähnelte. Von der Größe her auf jeden Fall. Auch die Kugelform fand sich im Bohrkopf mehrfach wieder und mußte den Herreach vertraut sein.
    Eher fürchteten sie die Terraner. Bis vor wenigen Stunden hatten sie nicht einmal sicher gewußt, daß außer ihrer Welt etwas anderes existierte. Und nun waren Raumfahrer aufgetaucht, die zudem ihre Sprache redeten.
    Das alles war überaus verwirrend. Cistolo Khan merkte es an Godars Reaktionen. Immer wieder musterte Godar ihn aus seinen grünen Schlitzaugen; ebenso oft wanderte sein Blick zum Himmel hinauf, und dann plusterte er sein Nas-Organ nahezu zum doppelten Umfang auf - eine Geste, die Khan sehr schnell als Ausdruck höchster Aufmerksamkeit verstand.
    Godar war wißbegierig und zweifellos hochintelligent - aber eben auch mächtig verwirrt von den Ereignissen, die über die Welt hereingebrochen waren.
    „Wie weit ist deine Welt entfernt?" wollte er zum wiederholten Mal wissen. „Wie viele Tagesreisen?"
    Cistolo Khan hatte es aufgegeben, Begriffe wie Lichtminuten zu verwenden. Wie erklärte man jemandem, der zum ersten Mal in seinem Leben die Sonne gesehen hatte - und auch das nur für kurze Zeit, da über der Stadt sehr schnell die Nacht hereingebrochen war -, daß das Licht von der Sonne bis Trokan mindestens 206.700.000 Kilometer zurückzulegen hatte und daß der maximale Sonnenabstand des vierten Planeten sogar 249.100.000 Kilometer betrug? Wie erklärte man überhaupt möglichst effektiv den Begriff Kilometer?
    „Der Bohrkopf ..." Khan biß sich auf die Zunge. „Das große Bauwerk, neben dem unser Raumschiff gelandet ist ..."
    Godars Nas-Organ zeigte die ersten Falten. In Gedankenschnelle wirkte der Rüssel zerknittert.
    Khan interpretierte die Reaktion als Ausdruck der Verwunderung: „Der Kummerog-Tempel?" fragte Godar, und in seinen Augen spiegelte sich ein jähes Aufleuchten.
    „Der Tempel ist wenig mehr als einen Kilometer hoch", ergänzte Khan.
    Doch sein Gegenüber hörte ihm schon nicht mehr zu, redete heftig gestikulierend auf die anderen Herreach ein. Unruhig traten sie von einem Bein auf das andere und plusterten ihre kurzen Rüssel auf.
    Der Platz lag mittlerweile in gedämpftes Scheinwerferlicht getaucht, das von der unteren Rundung der PAPERMOON ausging. Im Widerschein sah Khan, daß die Herreach dampften. Ihre Körper strahlten Wärme in die kalte Nacht ab. Kannten sie keine Kleidungsstücke? Nur wenige Eingeborene in der Menge trugen kuttenähnliche Umhänge.
    „Gott Kummerog wird kommen", murmelte Godar verzückt. „Heute ist der Tag, an dem die Pforte des Tempels endlich offensteht. Ein Freudentag, wäre nicht die Kälte, die uns quält."
    „... und die Sonnenstrahlen, die euch tagsüber die Haut verbrennen werden, schoß es Khan durch den Sinn. Auch wenn der Mars - Trokan! - mindestens 1,381 Astronomische Einheiten von der Sonne entfernt war, ihre Strahlen konnten schwere Verbrennungen hervorrufen. Die Haut der Herreach war das Sonnenlicht nicht gewöhnt.
    „Kummerog wohnt im Tempel?" fragte der LFT-Kommissar interessiert.
    Wahrscheinlich handelte es sich um eine Sage, die ihre Wurzeln in der Frühgeschichte der Herreach hatte. Der Bohrkopf war immer schon dagewesen, und er würde immer dasein. Jedenfalls aus der Sicht der TrokanIntelligenzen.
    „Kummerog wartet hinter den Toren des Tempels darauf, von uns Herreach erlöst zu werden", sagte Godar. „Die Prophezeiung, die unserem Volk einst gegeben wurde, sagt, daß die Tore sich öffnen werden und Gott Kummerog durch die Pforte des Tempels zu uns kommen wird. Dies wird geschehen, wenn die Herreach weit genug
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