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1801 - Die Herreach

Titel: 1801 - Die Herreach
Autoren: Unbekannt
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die Millionenstadt Moond. Dort mündeten alle Linien, dorthin waren achtzig Prozent aller Passagiere unterwegs.
    Mit dem Entstehen der Eisenbahn wuchsen die Pilgerströme nach Moond um einen eindrucksvollen Faktor. Praktisch jeder hatte die Möglichkeit, am Kummerog-Tempel zu beten, sogar die Schwächlichen und die Alten. Jedenfalls theoretisch, denn auch die beste Schiene vermochte nicht 145 Millionen Herreach auf einmal zu transportieren.
    Zu dem Zeitpunkt, als der Dampfkraft-Magier Prudd Hon in Moond seine erstaunliche Karriere begann, erreichten pro Schlafperiode ein Dutzend Pilgerzüge die Hauptstadt. Alle wichtigen Gebiete der Welt waren per Schienenstrang erschlossen.
    Nach Meinung von Prudd Hon wurde es höchste Zeit, der Eisenbahn neue Anwendungsgebiete zu öffnen.
    Das wichtigste lag vor der eigenen Tür: Moond platzte aus allen Nähten, in der Hauptstadt regierten drangvolle Enge und Elend. Wer einen Gang ans andere Ende der Stadt vorhatte, der plante besser eine Tagesreise. Die Straßen waren viel zu schmal. Sie konnten nicht erweitert werden, ohne endlos viele Hütten abzureißen. Hinzu kamen zahllose Karren, von Kurzhorn-Vieh gezogen, die zur Verstopfung ein übriges taten.
    Die Organisationszirkel wurden der Problematik niemals Herr. Mochte sich versuchen, wer wollte, eine Million Herreach ließen sich nicht in hunderttausend zurückverwandeln.
    Am Stadtrand lag die Eisenbahn-Fabrik. In mühseliger Handarbeit wurden jene Zugmaschinen hergestellt, mit denen der Schienenverkehr funktionierte. Die Lokomotiven von Moond boten eine bessere Qualität als jene, die in der Stadt Hovver gefertigt wurden. Prudd Hon hatte daran großen Anteil. Er war es, der in schöner Regelmäßigkeit technische Verbesserungen erfand, wenn’s auch oft nur kleine Details waren.
    Seinem Ideenreichtum verdankte er den Beinamen Dampfkraft-Magier.
    Es gab wenige Herreach, die ihr Leben mit der Suche nach Neuem verbrachten - so wie er. Aus einer genügsamen, selbstzufriedenen Masse stach er sehr hervor. ‘ Nach Ansicht von Prudd Hon war die Entwicklung der Bahnen an einer Grenze angelangt. Man konnte nur Optimierung betreiben, großartige Sprünge schienen ihm nicht mehr möglich.
    Die Eisenbahn mußte nicht größer werden, sondern kleiner. Sie sollte nicht längere Strecken in wachsender Geschwindigkeit zurücklegen, sondern lieber kurze in geringem Tempo. Weil Prudd Hon ein wirklich unkonventioneller Denker war, entwickelte er den Gedanken einer Stadtbahn. Er hatte das Bild eines riesigen Kreisels vor Augen, eine endlose Schienenschleife, die sämtliche Viertel der Stadt miteinander verband. Über diese Schleife würden drei oder vier Züge fahren und alle paar hundert Meter einmal halten. Wer dann einsteigen wollte, konnte das tun, und wer aussteigen wollte, hatte sein Ziel in sehr viel geringerer Zeit erreicht als auf die alte Art.
    Prudd Hon brauchte einige Zeit, um die Pläne fertigzustellen. Mit drei großen Rollen Papier unter dem Arm begab er sich zum städtischen Organisationszirkel. Der Vorteil der Zirkel war, daß die Herreach dort aus eigenem Willen arbeiteten. Die Zirkler besaßen eine Einstellung, die seiner eigenen ähnelte. Nun lag es nur noch am DampfkraftMagier selbst, ob er sie überreden konnte...
    Es dauerte einige Zeit, bis er vorgelassen wurde.
    Und dann stand er einem Gremium aus neun Herreach gegenüber. Die meisten kannte er schon, nur die sehr junge Herreach, die das violette Gewand einer Mahnerin trug, sah er zum ersten Mal. Ihr Name war Presto Go. Sie hatte eng beieinanderstehende Augen und ein auffällig kleines Nas-Organ. Unter den Zirklern erwies sie sich als dominierende Persönlichkeit. Aber das wunderte Prudd Hon nicht mehr; man konnte sie schnell als fähige Person erkennen, die einen erstaunlichen Aufstieg hinter sich hatte.
    Sie war die einzige, die ihn nicht wie einen geistig verwirrten Wüstengrenzer ansah. Sie zeigte so etwas wie freundliches Interesse, das aufgeplusterte Nas-Organ ihm zugewandt.
    Presto Go besaß eine erstaunliche Auffassungsgabe. Jetzt schon auf Resonanz zu treffen, das hatte er eigentlich nicht erwartet. Eher nach zähem Ringen.
    Andererseits konnte er die Mahnerin nicht überreden (so wie die anderen), sondern er brauchte wirklich die besseren Argumente. Ein „Nein" hätte wohl Bestand für alle Zeiten.
    „Wenn wir dich recht verstanden haben, Prudd Hon, dann willst du eine Schienenschneise durch die gesamte Stadtschlagen?"
    „Richtig, Mahnerin. So ist es."
    „Du
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