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1774 - Ranjas Rudel

1774 - Ranjas Rudel

Titel: 1774 - Ranjas Rudel
Autoren: Jason Dark
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über seinen Körper, und er saß auf seiner Bank wie zur Salzsäule erstarrt.
    Er holte tief Luft, schaute auf seine Handrücken und erkannte die Gänsehaut. Eigentlich hätte er über sich selbst lachen müssen, dass ein erwachsener Mensch so sensibel reagierte. Aber das Lachen wäre ihm in Hals stecken geblieben.
    Unruhe erfasste ihn. Er bewegte sich auf seiner Bank hin und her. Wollte schauen, ob sich auf dem Bahnsteig etwas bewegte. Er stand sogar auf, um einen besseren Überblick zu bekommen, aber das brachte ihn auch nicht weiter. Es war niemand zu sehen und es bewegte sich auch kein Tier über den Bahnsteig. Ein entlaufener Hund zum Beispiel.
    Der Blick auf die Uhr. Toby Bell schluckte. Der Zug hätte schon einlaufen müssen.
    Bell wollte seinen Frust durch einen Fluch ausdrücken, als er die Lautsprecherstimme hörte, die die Einfahrt des Zugs aus Aberdeen bekannt gab.
    Toby atmete auf. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Es war geschafft. Er fühlte sich erleichtert. Er stand auf und fasste nach dem Bügel seines Trolleys.
    Dann drehte er den Kopf nach links. Von dort musste der Zug kommen, und schon bald sah er den Lichtpunkt über dem Gleis schweben. Das Signal stand weiterhin auf Grün. Der Zug hatte Einfahrt.
    Bell blickte sich auf dem Bahnsteig um. Nach wie vor war er der einzige Fahrgast, was ihm schon seltsam vorkam. Irgendwie schien sich die Realität gegen ihn verschworen zu haben.
    Mit der Stille war es vorbei, als der Zug in den Bahnhof rollte. Es kam dem einsamen Reisenden vor wie ein Gewitter, als die gewaltige Maschinerie langsam einrollte und die Bremsen mit einem Kreischen in Tätigkeit gesetzt wurden.
    Zweimal ruckte es noch, dann stand der Zug.
    Keine Türen flogen auf. An diesem Bahnhof wollte niemand aussteigen. Er war zu einsam und vergessen.
    Toby Bell suchte sich einen der vorderen Wagen aus. Den dritten hinter der Lok. Vor ihm befanden sich noch zwei. Einer davon war ein Gepäckwagen. Dort konnten Gegenstände wie Fahrräder abgestellt werden.
    Bell stand im Gang, schaute sich um und war zufrieden, denn er hatte sich einen Abteilwagen ausgesucht. Er ging noch ein paar Schritte, schaute durch die Fenster in die Abteile, die allesamt leer waren. Er entschied sich für eines in der Mitte.
    Der Trolley verschwand oben auf der Gepäckablage. Toby Bell ließ sich auf dem Fenstersitz nieder und schnüffelte. Es roch hier ziemlich alt, wenn nicht sogar staubig oder modrig.
    War ja nicht für immer. Zweimal ruckte der Zug, dann rollte er an, und Toby Bell atmete auf. Er hoffte, bis London allein in diesem Abteil sitzen zu können. Sicher war das nicht, aber man konnte sich ja auf etwas freuen.
    Der Zug rumpelte los. Er schwankte auch von einer Seite auf die andere, was den Mann nicht störte. Das würde sich irgendwann geben. Er hatte sich auch vorgenommen, den größten Teil der Strecke zu verschlafen. Damit wollte er beginnen, wenn seine Fahrkarte kontrolliert worden war.
    Das Abteil war groß genug, um es sich bequem machen zu können. Die Schaukelei hatte sich gelegt, die Fahrt ging jetzt glatter voran, und als Bell aus dem Fenster schaute, bot sich seinen Augen das Bild einer einsamen Landschaft, in der Hügel ebenso präsent waren wie kleine Gewässer, manche nicht größer als Pfützen. Aber auch Schafherden bekam er zu Gesicht. Das Wetter war nicht mehr so schlecht, als dass die Tiere in den Ställen hätten sein müssen.
    Auf seinen neuen Job war er gespannt. Die Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff zu verrichten, das war schon etwas Besonderes. So konnte er die Welt kennenlernen und war nicht mehr so gefangen wie in seiner schottischen Heimat.
    Es würde ein neues Leben für ihn werden, und an das alte wollte er nicht mehr denken. Es hatte ihn zu viele Nerven gekostet. Seine Frau hatte sich scheiden lassen wollen. Sie hatte es satt, mit einem Langweiler verheiratet zu sein, das zumindest hatte sie ihm klargemacht. Er hatte sich nicht dagegen wehren können. Er war ausgezogen, hatte sich ein kleines Zimmer genommen und von dort aus seine Fäden gezogen.
    Weg aus dem alten und oft nebeligen Schottland. Auf dem Schiff würde es ihm besser gehen. Zudem sah er andere Länder und konnte seine fünfzehnjährige Ehe vergessen.
    Er lächelte, als er daran dachte. Sein Gesicht malte sich schwach in der Scheibe ab. Es ging ihm besser, und bald würde es ihm richtig gut gehen. Davon war er überzeugt.
    Wieder streckte er seine Beine aus. Er fühlte sich wohl. Sein Gesicht zeigte entspannte
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