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1724 - Die Heilige der Hölle

1724 - Die Heilige der Hölle

Titel: 1724 - Die Heilige der Hölle
Autoren: Jason Dark
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abgesprochen hatten. Da reichte schon ein kurzes Nicken aus.
    Die Wellen hatten den Pater näher an den Brunnenrand getrieben. So nah, dass er ihn fast berührte. Das war unsere Chance. Wir beugten uns vor und bekamen die Kleidung zu fassen. Der Körper war schwer. Wir mussten uns schon sehr anstrengen, um ihn überhaupt hochziehen zu können. Schließlich hatten wir es geschafft und legten ihn in das Gras vor dem Brunnen. Seine Kutte hatte sich voll gesogen, was uns nicht interessierte, denn wir ließen unsere Blicke nicht von seinem Gesicht ab.
    Die Haut hatte eine andere Färbung bekommen. Sie schimmerte leicht rötlich, was an der fremden Flüssigkeit lag.
    Wir hörten ihn nicht atmen. Ich wollte nach dem Puls und dem Herzschlag fühlen, als etwas geschah, das uns beiden eine Gänsehaut über den Rücken trieb.
    Die Haut des Paters begann sich aufzulösen. Sie wurde dünn, sie zog sich zusammen, und dann fiel sie einfach ab. Es war schlimm, dies ansehen zu müssen. Die Stirn wurde ebenso freigelegt wie die Wangen.
    Der Templer zuckte zurück, schüttelte den Kopf und flüsterte: »Das hat er nicht verdient. Das hat niemand verdient. Mein Gott, wo sind wir nur hineingeraten?«
    »In den Bereich des Teufels.«
    »Ja, das weiß ich, ich habe nur nicht damit gerechnet, dass sich die Dinge so entwickeln würden.«
    Ich schaute mir den toten Pater an, in dessen Gesicht es keine normale Haut mehr gab, dafür waren die Augen nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Sie klebten noch in den Höhlen des skelettierten Schädels.
    Wir richteten uns wieder auf. Suko und Sarah standen weiterhin dicht zusammen. Ich gab meinem Freund durch ein Zeichen zu verstehen, dass der Pater nicht mehr lebte, und sah, wie Suko zusammenzuckte und die Lippen aufeinanderpresste.
    Beim Brunnen hatte sich nichts verändert. Bettina stand nach wie vor auf ihren Platz, und mir war klar, dass der Teufel einen großen Triumph empfand.
    Ich wollte einfach etwas tun und richtete den hellen Strahl meiner Lampe wieder auf das Gesicht der Heiligen der Hölle. Ich war selbst davon überrascht, dass ich einen günstigen Moment abgepasst hatte, denn jetzt hatte sich etwas anderes über das Gesicht geschoben. Es war eine rötliche Fratze, die eine dreieckige Form hatte, und mir war klar, dass es sich um Asmodis handelte, der etwas aus seiner Deckung gekommen war.
    »Es ist nicht vorbei, Sinclair, es geht weiter. Das hier war mein Gebiet, und das wird immer so bleiben. Ich habe mir die Heilige zurückgeholt. Ihr Körper ist nicht verwest, und auch ihr Geist ist nicht verschwunden. Sie lebt, wenn auch auf eine andere Art und Weise. Damit müsst ihr euch anfreunden. Es ist mein Sieg.«
    Da mochte er aus seiner Sicht recht haben. Ich aber war dagegen. So etwas hatte ich noch nie hingenommen, und ich würde es auch jetzt nicht tun.
    Deshalb unternahm ich einen dritten Anlauf, um auf die Figur zu schießen. Es herrschte zwar kein Schusslicht, aber verfehlen würde ich sie auch nicht.
    Diesmal gab es kein langes Nachdenken. Ich richtete die Mündung auf die Gestalt und zog den Stecher durch.
    Nicht nur einmal, sondern gleich mehrere Male hintereinander. Und alle geweihten Silberkugeln trafen das Ziel. Ich hatte zuvor nicht gewusst, ob sie einschlagen oder abprallen würden, in diesem Fall prallten sie nicht ab. Was wie aus Stein gemeißelt aussah, stimmte auf keinen Fall, denn es war weich.
    Drei Kugeln hatten sich in den Körper gebohrt. Wir alle warteten darauf, dass die Gestalt kippte, aber sie blieb aufrecht. Und dort, wo die Kugeln sie erwischt hatten, leuchteten die Wunden schwach auf.
    Aber sie stand!
    »Ich könnte es mit der Peitsche versuchen«, schlug Suko vor.
    »Und wie willst du das machen?«, rief Godwin.
    »Ich stelle mich auf den Rand. Ihr haltet mich fest. Ich denke, dass die Riemen lang genug sind, um die Figur zu treffen.«
    »Was meinst du, John?«
    Ich sah Godwin an, dass er damit einverstanden war. »Ja, einen Versuch ist es wert.«
    Suko kam zu uns. Auch jetzt behielt er die Kontrolle über Sarah Winter. Es ließ sich nicht vermeiden, dass sie den toten Pater sah und erkannte, was mit ihm geschehen war.
    Ein Wehlaut drang über ihre Lippen. Sie taumelte von ihm weg, schlug die Hände vor ihr Gesicht und ließ sich zu Boden sinken. Dort war sie gut aufgehoben.
    Einen Sieg hatte der Teufel schon errungen. Keiner von uns wollte, dass noch ein zweiter hinzukam.
    Suko stieg auf den Rand. Er war breit genug, um dort auch stehen zu können.
    Godwin
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