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1724 - Die Heilige der Hölle

1724 - Die Heilige der Hölle

Titel: 1724 - Die Heilige der Hölle
Autoren: Jason Dark
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wirkte in der Nacht zwar dunkel, aber sie stellte auch eine gewisse Klarheit fest. Von der Veränderung war sie überrascht, kümmerte sich aber nicht weiter darum und hing ihren Gedanken nach, denn plötzlich hatte sie das Gefühl, frei zu sein.
    Es gab den Druck nicht mehr, auch nicht die Angst, aber immer noch das Wissen, schon mal gelebt zu haben, und zwar als eine Person, die vernichtet worden war.
    Sie aber lebte.
    Sie wollte auch leben und nicht mehr an ihr ungewöhnliches Schicksal denken. Der Gang zum Brunnen sollte so etwas wie ein Abschied sein, denn jetzt würde ihr Leben wieder in normalen Bahnen verlaufen, und sie freute sich auf London.
    Einen letzten Blick warf sie noch auf das Wasser. Dann wollte sie sich umdrehen und zu den Männern zurückgehen.
    Sie schaute hin.
    Und sie sah etwas in der Tiefe des Brunnens, das ihr zuvor nicht aufgefallen war. Es war ein dort schwimmender Gegenstand, der heller war als das dunkle, aber doch recht klare Wasser.
    Was trieb dort tief im Wasser?
    Sie sah nur den hellen Fleck und nicht mehr. Sie hätte sich nun aufrichten und verschwinden müssen, doch das schaffte sie nicht, denn dieser Fleck übte eine gewisse Faszination auf sie auf. Dabei war er gestaltlos, aber er blieb nicht an seinem Platz, sondern trieb näher und damit der Oberfläche entgegen.
    Der Fleck war nicht größer als ein Gesicht. Dieser Vergleich stimmte sie schon nachdenklich. Zu einem Gesicht gehörte in der Regel auch ein Körper. Den aber sah sie nicht.
    Das bleiche Etwas hatte fast die Oberfläche erreicht, da kam es zur Ruhe. Dann traf sie fast der Schlag. Es war tatsächlich ein Gesicht, und zwar das einer Frau. Zugleich hatte sie den Eindruck, dass sich noch etwas Fremdes in diesem Gesicht befand. Es hatte sich in die normalen Züge geschoben, und es trat von Sekunde zu Sekunde deutlicher hervor.
    Sie kannte es. Sie hatte es bei der Rückführung gesehen. Dieses Gesicht, das jetzt sogar leicht grünlich schimmerte, gehörte der düsteren Gestalt mit der Lanze. Von unten her schaute es und grinste in die Höhe.
    Es war die Fratze des Dämons oder des Teufels …
    ***
    Sie kam nicht weg. Sie wollte aufstehen, aber das gelang ihr nicht. Sie blieb in ihrer Haltung und starrte auf das Gesicht in der Tiefe des Brunnens.
    Alles war anders geworden. Plötzlich überkam sie wieder die furchtbare Angst, doch jetzt war kein Mensch in ihrer Nähe, der sie tröstete. Sie war allein, sie hatte es nicht anders gewollt, und sie musste auch allein damit fertig werden.
    Das Gesicht schimmerte und grinste sie an. Dann war plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf, sodass sie das Gefühl hatte, von dem Gesicht angesprochen worden zu sein.
    »Weißt du, wer ich bin?«
    »Nein, nein, ich will es auch nicht wissen …«
    »Ich sage es dir trotzdem. Ich bin der Teufel. Ich bin der, den ihr Menschen so fürchtet, ich bin immer da, und ich werde immer da sein. Ich habe unzählige Gesichter, aber heute werde ich mich dir so zeigen. So hat mich auch Bettina gesehen, meine Heilige. Sie wurde vernichtet, aber du bist noch da, und das ist gut. Wie ich Bettina vor langer Zeit zu mir geholt habe, werde ich auch dich jetzt holen. Ich mache dich zu einer neuen Heiligen der Hölle.«
    Sie wollte protestieren, aber sie brachte kein Wort hervor. Sie spürte nur, dass etwas in ihren Kopf eindrang. Und es blieb nicht nur in ihrem Kopf, sondern übernahm auch ihren Körper. Dabei hatte sie den Eindruck, als würde eine neue Stärke durch ihre Adern rieseln. Das eigene Ich zog sich zurück, jetzt war sie zu einer Beute der anderen Seite geworden.
    »Spürst du es?«
    »Ja.« Plötzlich konnte sie wieder sprechen.
    »Das habe ich so gewollt, denn jetzt stecke ich in dir. Ich bin du, und du bist ich. Als neue Heilige wirst du mir zu Diensten sein und alles tun, was ich verlange.«
    »Ja, das werde ich.«
    »Und wenn ich dir befehle, in den Brunnen zu steigen, würdest du das auch tun?«
    »Wenn du es willst, ja.«
    »Sehr gut, meine Liebe, ich spüre, dass du es ehrlich meinst. Und merke dir noch eines. Alle, die bisher deine Freunde gewesen sind, musst du jetzt als Feinde ansehen, denn meine Feinde sind auch deine.«
    »Ich habe es verstanden.«
    »Dann kannst du wieder gehen …« Nach diesen Worten schickte ihr der Teufel noch ein Lachen nach. Er freute sich wahnsinnig über seinen allerletzten Joker in diesem Spiel …
    ***
    Suko hatte öfter zum Brunnen geschaut als ich und einige Male die Stirn in Falten gelegt.
    »Was ist
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