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172,3 (German Edition)

172,3 (German Edition)

Titel: 172,3 (German Edition)
Autoren: Vincent Voss
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Sich-Umbringen-Wollen – sie konnte den ganzen Wahnsinn nachempfinden.
Dann biss es ihr ins Gesicht, zerschlug mit seinen Zähnen ihre Nasenwurzel, zerriss das linke Augenlid, die Tränenkanäle und den Augapfel. Dunkles Blut spritzte hervor. Larissa versuchte den Fremdkörper im Reflex wegzublinzeln, aber es funktionierte nicht. Ihre Knie wurden schwach, sie brach zusammen. Eine Hand, eine kleine Hand, wie die eines Kindes, zerrte und tastete in ihrem Gesicht herum, hielt sich an der Augenhöhle des anderen Auges fest, griff tiefer und bohrte seine Finger hinein; drückte solange, bis der Augapfel dem Druck nachgab und platzte.
BLIND! , schoss es Larissa durch den Kopf. Oh Gott, ich bin blind!
Diese Erkenntnis traf sie beinahe schwerer als der folgende Ruck, mit dem ihr Genick brach.
*
»Fuck!«, staunte David und betrachtete den Fliegenschwarm mit der Gestalt eines menschlichen Körpers; vielleicht sogar mit der Gestalt von Viktor Vogel.
Daniela stand neben ihm und hielt sich an seinem Arm fest.
»Das könnte echt dein …«, verließen ihn die Worte, als der Schwarm sich mit einem monotonen Brummen auf sie zu bewegte.
Nein, er ging auf sie zu, wie ein Mensch. Wie Viktor Vogel auf sie zugehen würde, um sie zum Beispiel zu begrüßen. ›Na, Dai-Witt, heute wieder Grillen?‹ Es würde David nicht wundern, hätte der Schwarm so etwas zu ihm gesagt und dabei seinen Namen so falsch betont, wie es dem Vogel immer gelang.
»Der … der kommt auf uns zu«, flüsterte Daniela und ihr Griff wurde fester.
David schluckte trocken und nickte. Er konnte den Blick nicht von dem Schauspiel lösen, andererseits strahlte von dem Schwarm eine böse, kalte Bedrohung aus.
»Es macht mir Angst«, stellte Daniela gebannt fest.
»Mir auch«, wisperte David.
Mit langsamen Schritten, wie ein Kosmonaut, kam der Schwarm auf sie zu und hatte schon ein Drittel des Weges hinter sich.
»Lass uns raus«, sagte Daniela, ohne einen Impuls des Aufbruchs folgen zu lassen.
»Ja«, flüsterte David ebenso lethargisch.
Es wirkte, als würde der Schwarm in Größe oder Umfang schrumpfen, dichter werden, je näher er auf sie zuschritt. Er war kleiner als sie beide geworden und fasziniert sahen sie dieser Entwicklung zu. Wie konnte ein Schwarm zu solch einer Leistung fähig sein? Es waren Fliegen!
Daniela erschauerte, zog an Davids Arm.
»Komm!«
Sie ging rückwärts und zog ihn sanft mit sich. Beide starrten weiter auf den Fliegenschwarm, der ihnen folgte und kaum mehr wie ein Schwarm aussah. Die Insekten wurden – oder hatten – sich so stark komprimiert, dass der Schemen wie eine schwarze, feste Gestalt aussah. Wie ein kräftiger Gnom. Sie gingen einen weiteren Schritt zurück und fröstelten. Es war kalt geworden in dem Haus, fast eisig.
»Riechst du das?«, fragte David und Daniela hob ihren Kopf und sog Luft ein. Ein ekliger Hauch. Ähnlich dem im letzten Sommer beim Abschlusszelten mit der Klasse. Sie waren über drei Nächte draußen gewesen und Jonah hatte sein Grillfleisch in einer Plastiktüte vergessen. Es hatte drei Tage in der Sonne gelegen. Die Tüte hatte sich aufgebläht und aus Spaß hatten sie sie geöffnet und hätten bei dem austretenden Gestank fast kotzen müssen. Jetzt roch es ähnlich. Das Brummen der Fliegen hatte aufgehört und der Schemen schritt auch nicht weiter voran. Wie festgefroren war er mitten in der Bewegung erstarrt.
»Was ist jetzt?«, fragte David.
»Zurück«, zischte Daniela inmitten zwei größerer Schritte, die sie ihren Freund mit sich zog.
»Zurück, David!«, schrie sie, drehte sich, intuitiv eine Gefahr spürend, um und lief auf die Haustür zu.
»Scheiße!«, schrie David und hetzte Daniela hinterher. Die Gestalt kam mit einem enormen Satz auf sie zu gesprungen und folgte ihnen. Sie erreichten Hand in Hand die Treppe, David schleuderte die Haustür hinter sich zu und sie sprangen in einem Satz auf die Auffahrt. Hinter ihnen zerbarst Holz und eine Scheibe zersplitterte mit einem lauten Knall. Daniela schrie panisch, David lief an ihr vorbei und zog sie mit. Sie rannten auf die Straße und spürten eine Bedrohung hinter sich, die Todesängste in ihnen auslöste. Vor ihnen zerschnitt Scheinwerferlicht die Dunkelheit und ein Auto bog auf die Einfahrt ein, blendete sie und versprach Hilfe und Erlösung von diesem Albtraum.
»Hilfe!«, schrie Daniela und stolperte. David zog sie hoch und sie spürte wie irgendetwas nach ihr greifen wollte, sie aber verfehlte.
»HILFE!«, schrien beide. Der Wagen bremste, sie
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