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17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)

17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)

Titel: 17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
Autoren: Nancy Atherton
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weinte. Nell war bereits hinter sie getreten, um ihr den Rücken zu streicheln, während ich ihre Tränen noch gar nicht bemerkt hatte. Genauso wenig wie Lilian, Kit oder Bill, ihren erschrockenen Mienen nach zu urteilen. Willis senior fischte ein blütenweißes Taschentuch aus seiner Jacketttasche und reichte es Amelia, die das Gesicht darin barg.
    » Verzeihen Sie mir, Mrs Thistle«, sagte Lilian, die beschämt wirkte. » Ich plappere die ganze Zeit über Hexenjagd und Beulenpest, wo diese Geschichte für Sie doch eine tiefe persönliche Bedeutung hat. Wo Reverend Gowlands Schwester, Margaret Redfearn, eine Vorfahrin von Ihnen ist. Es muss für Sie verstörend sein, von ihrem grausamen Tod zu erfahren.«
    » Margaret starb vor dreihundert Jahren«, brachte Amelia zwischen Schluchzern hervor. » Ich weine nicht um sie. Ich weine um meinen armen Bruder Alfred.«
    » Warum weinst du um Alfred?«, fragte ich.
    » Weil er sich umgebracht hat«, stieß sie mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor. » Selbstmord scheint in der Familie zu liegen.«
    Einen Moment lang herrschte schockiertes Schweigen, dann redeten wir alle auf Amelia ein, jeder suchte auf seine Weise nach tröstenden Worten. Allmählich ließ ihr Schluchzen nach, auch wenn ihr Gesicht noch immer untröstliche Trauer spiegelte.
    » Amelia«, sagte Kit sanft. » Ich kann mir vorstellen, was Sie durchmachen. Mein Stiefvater hat sich auch umgebracht. Wenn Sie jemanden zum Reden brauchen, genügt ein Anruf, ich bin jederzeit für Sie da.«
    » Vielen Dank, mein Lieber«, sagte sie und wischte sich die Augen trocken. » Aber ich kann ebenso gleich darüber reden. Ich fürchte, ich kann es gar nicht verhindern.«
    » Versuchen Sie es gar nicht erst«, erwiderte Kit.
    » Alfie war so ein guter Bruder für mich«, sagte sie sanft. » Wir wussten nicht, dass er krank war, bis er seinen ersten Selbstmordversuch verübte. Die Sanitäter retteten ihm das Leben, aber von da an war er nicht mehr derselbe. Ein paar Monate ging es ihm gut, doch dann stürzte er wieder in tiefe Verzweiflung.«
    Eine Windböe fuhr in die Zweige über uns, und Regentropfen prasselten auf uns herab. Es war, als würden die Bäume Tränen für Alfred vergießen.
    » Nach dem zweiten Suizidversuch haben wir ihn in einer besonderen Einrichtung untergebracht«, fuhr sie fort. » Die Ärzte diagnostizierten Schizophrenie, bipolar-affektive Störung, manisch-depressive Störung oder Zwangsstörung, je nachdem, welcher Terminus gerade in Mode war. Man gab ihm eine Reihe von Medikamenten, und manche halfen auch für eine gewisse Zeit, aber die Nebenwirkungen waren für Alfie unerträglich.«
    Amelia schluckte schwer und drehte die Hände in ihrem Schoß nach oben.
    » Manchmal konnte ich mich nicht überwinden, ihn zu besuchen. Manchmal ließ ich seine Anrufe unbeantwortet. Es wird ermüdend, wissen Sie, sich Jahr für Jahr gegen das Schlimmste zu wappnen und nie zu wissen, was als Nächstes passieren wird; zumal Alfie nach dem Tod unserer Eltern ganz von mir abhängig war. Ich hatte weder Energie für einen Mann noch für Kinder, an eine Ehe war gar nicht zu denken. Doch dann lernte ich Walter kennen.«
    » Walter Thistle«, sagte ich, » dein verstorbener Mann.«
    » Walter ließ sich von Alfies Krankheit nicht aus der Fassung bringen«, sagte sie, und der Anflug eines Lächelns trat auf ihre Lippen. » Er suchte neue, bessere Ärzte für ihn, machte bessere Therapien ausfindig und schlug schließlich vor, Alfie zu uns nach Highburn zu holen. Zuerst hatte ich meine Zweifel, aber Walter wusste es besser. Die ruhige, beschauliche Atmosphäre verhalf Alfie zu mehr Ausgeglichenheit. Mein Bruder verbrachte die letzten zehn Jahre seines Lebens auf Highburn, und das einzige Symptom seiner Krankheit, das sich in jener Zeit zeigte, war seine Abneigung, das Anwesen zu verlassen. Solange er auf Highburn war und sich mit seinen verschiedenen Projekten beschäftigen konnte, war er glücklich und zufrieden.«
    Ich fasste mir an die Stirn– endlich ging mir ein Licht auf! Alfred war nicht körperlich behindert, wie Tante Dimity und ich angenommen hatten. Er hatte eine psychische Störung, die ihn daran hinderte, nach Finch zu reisen und Gamaliels Aufzeichnungen selbst zu suchen.
    » Allmählich wurde Alfreds Welt immer kleiner«, sagte Amelia. » Nachdem Walter gestorben war, konnte er es nicht mehr ertragen, sein Zimmer zu verlassen. Fast genau vor einem Jahr fand ich ihn dort, er lag am Boden neben seinem
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