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168 - Das fremde Leben

168 - Das fremde Leben

Titel: 168 - Das fremde Leben
Autoren: Thomas Ziebula
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Fischschwärme zogen ihre Bahn, ein paar hundert Längen entfernt zeichneten sich die Umrisse des Korallenbaumwaldes ab. »Vor zwei Umläufen hat er die Anlage ohne mich in Betrieb genommen, und nun will er sie ohne mich testen.« Er fuhr zu seinem Vertrauten herum. »Wie will er sie testen?«
    »Das ist schwer zu sagen, verehrter Mosh'oyot. Er spricht nicht darüber.«
    »Aber doch wohl zu Leg'wanot und seiner Ersten Forscherin!«
    »Das schon, doch die beiden Ikairydree machen ein Geheimnis daraus. Bekannt ist nur, dass der Meister des Tunnelfeldes einen Selbstversuch plant.«
    »Wie soll das gehen? Wie will er denn aus dem Tunnelfeld zurückkehren, wenn er es erst einmal betreten hat?« Der Zorn überwältigte den Ersten Hochrat der Ditrydree. Er wurde laut.
    »Hat er nicht selbst erklärt, dass es keinen Rückweg gibt, wenn man sich erst einmal auf die Reise in die Zukunft gemacht hat?«
    »Das stimmt.« Ramyd'sam machte eine Geste der Ratlosigkeit. »Auch ich stehe vor einem Rätsel. Allerdings konnte ich ein paar Gedanken des Meisters…«
    »Nenne ihn nicht ›Meister des Tunnelfelds‹!«, herrschte Mosh'oyot seinen Kundschafter an.
    »… ein paar Gedanken Gilam'eshs empfangen. Nur bruchstückhaft und nicht sehr deutlich, doch es hörte sich so an, als wollte er das Tunnelfeld testen, ohne es zu betreten.«
    »Was für ein Unsinn ist das nun wieder?« Aus schmalen Augen belauerte Mosh'oyot den ehemaligen Schwarmmeister.
    »Ich verstehe es selber nicht, verehrter Mosh'oyot.«
    Der Erste Hochrat der Ditrydree sank zurück auf seine Liegekuhle. »Es wird kein Test durchgeführt, dem ich nicht zugestimmt habe! So lauten die offiziellen Beschlüsse der Ditrydree! Wir werden diesen Irrsinn stoppen!« Er streckte seine Rechte aus und deutete mit einer herrischen Geste auf Ramyd'sam. »Stelle mir eine Eskorte aus zehn Schwärmen zusammen, such die schnellsten Thurainas aus! Wenn wir sofort aufbrechen, können wir in der Nordmeeranlage sein, bevor dieser Rebell seinen wahnwitzigen Test beginnt…!«
    ***
    Zwischen Manil'bud und Leg'wanot schwamm Gilam'esh in die Hauptgrotte der Tunnelfeldanlage. Ein Schauer erfasste ihn, während sie langsam auf den Kreis von Maschinenblöcken zutrieben, der die kristalline Plattform im Höhlenzentrum umgab. Gilam'esh blickte nach oben, und durch seine Augen sah Matthew Drax die kreisrunde Öffnung in der Decke des über hundert Meter hohen Felsendoms. Ihre Ränder waren glatt, und sie hatte einen Durchmesser von zwölf Metern.
    Durch sie hindurch strahlte die bläulich schimmernde Lichtsäule aus der Höhle hinaus in das Meer darüber.
    Wie in einer Unterwasserkathedrale kam sich der Mann aus der Zukunft vor, und plötzlich hatte er den Eindruck eines Déjà-vu-Erlebnisses: Ja, hier war er schon einmal gewesen!
    Vor achtzig Jahren? Vor hundert? In welchem Leben war das gewesen…?
    Gilam'esh und die beiden Mütter machten gegenläufige Schwimmbewegungen, bis sie sechzig Längen vor der flüssigen Säule aus blau gefärbten Wasserstoffmolekülen im Wasser stehen blieben. Etwa fünfundzwanzig Längen durchmaß die leuchtende und von Aggregatsblöcken eingefriedete Fläche über der Kristallplattform, von der aus das flirrende, bläuliche Leuchten die Grottenwände samt der drei Galerieebenen in Licht tauchte.
    Obwohl sein Atem flog und sein Herz klopfte, empfand Gilam'esh das Licht als warm, und es stimmte ihn hoffnungsvoll.
    Für Matthew Drax dagegen war es gespenstisch. Derart beleuchtet vermochte er sich nur den Eingang zur Hölle vorzustellen.
    Leg'wanot schloss für die Augen. Gilam'esh merkte, dass er sich auf eine mentale Botschaft konzentrierte. Er nahm Manil'buds Hand und zog seine Gefährtin ein Stück zur Seite.
    »Es ist Zeit, Abschied zu nehmen«, sagte er.
    »Ich habe Angst um dich, mein Geliebter«, flüsterte sie.
    Er umarmte sie und zog sie an sich. »Kann dich meine Zuversicht denn nicht anstecken?« Zärtlich streichelte er ihren Scheitelkamm und ihre Schultern. »Hab keine Angst, meine Liebe. Ich bin gut vorbereitet, und die Schöpfer werden mich nicht aus den Augen lassen.«
    »Es ist so weit.« Leg'wanot öffnete die Augen. »Wanil'ama in der Schaltzentrale hat alle Kontrollen durchgeführt. Sämtliche Justierungsschritte sind dokumentiert. Wenn du es wirklich wagen willst, dann ist jetzt deine Zeit gekommen, Gilam'esh.«
    Gilam'esh und Manil'bud lösten sich voneinander. »Passt gut auf meinen Körper auf, während ich unterwegs bin«, sagte er. Er verneigte
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