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168 - Das fremde Leben

168 - Das fremde Leben

Titel: 168 - Das fremde Leben
Autoren: Thomas Ziebula
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wichtigsten geologischen und astronomischen Werte des Rotgrunds: Gravitation, Magnetfelder, Atmosphärengase, Luftdruck, Sonnenwindaktivitäten, und so weiter…«
    Wanil'ama berichtete von den kaum noch messbaren Magnetfeldern des Rotgrundes, vom rapide sinkenden Sauerstoffgehalt der Luft und von immer stärker werdenden Sonnenwinden.
    »Möge das Lachen der Schöpfer noch lange durch Rotgrunds Meere hallen«, schloss sie, »doch die wissenschaftlichen Daten führen leider zu einem anderen Schluss: Die Atmosphäre verflüchtigt sich, und die meisten, die heute hier sitzen, werden es noch erleben, wie ein globaler Sauerstoffmangel zu Massenerkrankungen unter allen drei Völkern der Hydree führen wird. Danke für eure Aufmerksamkeit.«
    Betretenes Schweigen herrschte. Niemand ergriff das Wort.
    Beklommenheit schnürte Gilam'esh die Kiemen zu, im Wasser der Wohnkuppel knisterte die Spannung. Bestätige ihren Bericht, raunte der Maddrax-Geist ihm. Auf wen werden sie hören, wenn nicht auf dich?
    Gilam'esh blickte in die Runde, erhob sich schließlich und brach das Schweigen. »Damals, als ich meine Reifprüfung machte und die Schrecken auf Trockenrotgrund erlebte, war ich zum ersten Mal in einer der Forschungsstationen, die Wanil'ama erwähnte. Das ist vierzig Umläufe her. Vor wenigen Lichtern war ich wieder dort. Ich konnte die Messdaten mit eigenen Augen sehen. Ich bezeuge hiermit: Jedes Wort der Ersten Forscherin von Quirb'an'mazut ist wahr. Rotgrund hat keine Zukunft.«
    Niemand antwortete ihm. Gilam'esh sah in die Runde: Einige wichen seinem Blick aus, andere stierten in das Wasser zu ihren Füßen. »Warum sagt niemand etwas?« Gilam'esh runzelte die Stirnschuppen. »Warum stellt keiner die Frage nach dem Ausweg? Was ist los mit euch?«
    Endlich erhob sich die Meister des Gesangs, ein sehr alter Ditrydree. »Nun, Gilam'esh, es ist so: Auch wir Ditrydree haben Forschungsstationen, wenn auch… nun ja, wenn auch nicht im Hochgebirge. Wanil'ama sagt uns nichts Neues. Die Führungsebene von Tarb'lhasot weiß seit etwa sechzig Umläufen, dass der Sauerstoffgehalt der Luft abnimmt. Und Mosh'oyot von Dibr'dryn weiß es auch.«
    »Was sagst du da?« Gilam'esh glaubte nicht recht zu hören.
    »Ihr wusstet Bescheid?« Plötzlich fiel ihm die harte und feindselige Miene des Ersten Hochrats der Ditrydree auf.
    »Auch du, Mosh'oyot, weißt Bescheid?«
    »Auch ich und mein Rat sind im Bilde.« Zum ersten Mal ergriff der schweigsame Hydree das Wort. »Es gibt keine Möglichkeit dem Willen der Schöpfer auszuweichen, für niemanden. Warum also sollten wir so gnadenlos sein, unsere Sippen mit Untergangsbotschaften zu schrecken?«
    »Um ihnen die Chance zu geben, sich in Würde auf das Ende vorzubereiten«, sagte Gilam'esh. »Und für viele, die ich kenne, bedeutet das: sich in Würde gegen das Ende stemmen.«
    Vollkommen still war es wieder. Die beiden Ditrydree sahen einander an. Keiner wich dem Blick des anderen aus. »Hast noch keine fünfzig Umläufe gesehen und willst klüger sein als der Erste Hochrat?« Mosh'oyots Stimme klang eisig.
    Gilam'esh antwortete nicht. Verstohlene und ratlose Blicke flogen zwischen den beiden ranghohen Ditrydree hin und her.
    Die Feindseligkeit zwischen ihnen war auf einmal mit Händen zu greifen. Die Meisterin der Strömungen brach endlich das verlegene Schweigen.
    »Von der zunehmenden Sonnenwindaktivität wussten wir allerdings nichts.«
    »Aber natürlich wussten wir das!« Jetzt meldete sich auch der Meister der Rotgrundstoffe zu Wort. »Wir wussten doch, dass schon die nächste Phase starken Sonnenwinds der Atmosphäre den Rest geben könnte…«
    »Ihr wisst das alles und habt nichts unternommen?« Eine gewaltige Wut stieg in Gilam'esh hoch. »Haben euch denn die Schöpfer den Verstand vernebelt?!« Lauter und lauter wurde er, die bohrenden Blicke Mosh'oyot ignorierend. »Wozu diese tödliche Geheimniskrämerei? Warum rennt ihr sehenden Auges in den Untergang…?!«
    »Was hätten wir denn tun sollen?« Der Meister des Gesangs schlug einen weinerlichen Ton an. »Der verehrte Mosh'oyot hat doch vollkommen Recht: Wenn wir dieses Thema nicht streng geheim gehalten hätten, hätten Angst und Schrecken den Sippen der Ditrydree das Leben schwer gemacht…«
    »Wenn die Schöpfer den Untergang Rotgrunds beschlossen haben, dann haben sie ihn eben beschlossen«, sagte die Meisterin der Strömung. »Es wäre vermessen, dagegen aufzubegehren.«
    Die meisten anderen stimmten ihr zu. »Gattungen
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