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1664 - Die Schöne und die Grausame

1664 - Die Schöne und die Grausame

Titel: 1664 - Die Schöne und die Grausame
Autoren: Jason Dark
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ebenfalls alles mitbekommen. Sie waren auch von mir beobachtet worden, soweit es mir möglich war. Ich hatte erlebt, dass sie ziemlich überrascht von dem waren, was sich auf der Bühne abgespielt hatte. Das war natürlich sehr laienhaft gewesen, doch seine Wirkung hatte es nicht verfehlt. Niemand konnte seinen Blick mehr von der Bühne lassen.
    Die Schöne war da. Es hatte auch ausgesehen, als könne sie den Sieg erringen. Jetzt aber war die Grausame erschienen, und auf das Duell zwischen den beiden waren alle gespannt…
    ***
    Ein schriller Schrei gellte durch den kleinen Zuschauerraum. Nicht Tabea hatte ihn ausgestoßen, sondern Elena, die vom Auftreten ihrer Halbschwester völlig überrascht worden war. Jedenfalls tat sie so. Sie schob ihren Freund zur Seite und wich zurück.
    »Du?«
    Tabea lachte bösartig. »Ja, ich! Hast du mich etwa vergessen? Das war ein Fehler. Das hättest du nicht tun sollen, Schwesterherz. Ich war immer in deiner Nähe. Ich habe dich beobachtet. Und ich sage dir, dass du dir nicht nehmen kannst, was du willst. Auch nicht diesen Mann.«
    »Lass die Finger von ihm!«
    »Nein!«
    Beide standen sich wie Kampfhähne gegenüber. Die Szene verfehlte auch nicht ihre Wirkung auf die Zuschauer. Sie saßen wie erstarrt auf ihren Stühlen und beobachteten mit weit aufgerissenen Augen, was sich auf der Bühne abspielte. Tim Helling wusste nicht, was er unternehmen sollte. Am besten wäre eine Flucht gewesen, das wusste er selbst. Nur war er nicht fähig, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Die Halbschwestern maßen sich mit Blicken. Jede wartete wohl auf einen Fehler der anderen. Noch bewegten sie sich nicht. Eine ungewöhnliche Stille hatte sich über den Zuschauerraum gesenkt. Und es war wieder die dunkelhaarige Tabea, die die Initiative übernahm. Sie löste sich von ihrem Fleck und schlich auf Elena zu.
    »Hau endlich ab hier!«
    »Nein! Du bekommst ihn nicht!«
    »Er ist schon mein!«
    Die Schöne lachte scharf. »Das will ich sehen.«
    »Kannst du!«, erwiderte die Grausame und fügte nichts mehr hinzu, denn sie griff an. Etliche Zuschauer schrien auf, als sie sahen, wie schnell sich Tabea bewegte. Auch Elena reagierte. Nur hatte sie das Pech, nicht mehr rechtzeitig genug von der Stelle zu kommen. Als sie sich nach links warf, war es zu spät. Tabea hatte ihre Halbschwester bereits erreicht. Mit dem rechten Fuß erwischte sie sie. Der Tritt hob Elena leicht vom Boden ab und schleuderte sie ein Stück zur Seite. Ob sie tatsächlich so hart getroffen worden war, war nicht zu erkennen gewesen, jedenfalls stürzte sie und überrollte sich.
    Aber Tabea war noch nicht fertig. Sie schrie auf, als Elena sich zu erheben versuchte.
    »Nein, du nicht!«
    Dann schlug sie zu. Es war ein regelrechter Hammerschlag, der die Blonde traf. Die Grausame kannte kein Pardon. Ein dumpfer Ton klang auf, als Elena wieder am Boden landete. Diesmal bewegte sie sich nicht mehr. Sie blieb liegen wie eine ausgeknockte Boxerin.
    Tabea aber genoss ihren Triumph. Sie drehte sich den Zuschauern entgegen und hob ihre Arme an wie die Priesterin aus einer fernen Vergangenheit, die die Zuschauer in ihren Bann ziehen wollte.
    »Ich bin die Grausame. Ich bin die Siegerin. Das Schöne hat im Leben keine Chance, aber das Grausame wird siegen, und ich kann sagen, dass es gesiegt hat.« Sie drehte sich nach links und streckte Tim Helling einen Arm entgegen. »Er gehört mir! Ab jetzt ist er mein. Und ihr alle werdet Zeugen dessen sein, was ich mit ihm anstelle.«
    Es gab keine Reaktion aus dem Publikum. Die Männer und Frauen hockten wie erstarrt auf ihren Stühlen und mussten erleben, dass dieses kleine Theaterstück gar nicht mehr so lustig war. Wenn das Gute und das Schöne verschwunden waren, hatte das Grausame und mit ihm das Chaos freie Bahn. Auch Tim Helling hatte alles mitbekommen, und spätestens jetzt hätte er etwas unternehmen müssen. Dazu war er nicht fähig. Er fühlte sich nicht mehr als Mensch, sondern nur als eine Figur in einem grausamen Spiel.
    Tabea nickte ihm zu.
    Er bewegte sich nicht.
    Dann ging sie einen Schritt vor.
    Auch jetzt konnte er nichts tun. Er stand da, ohne sich zu bewegen. Er spürte, wie er zu zittern begann. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Er hatte nur Augen für Tabea und sah deren grünliches Gesicht.
    Sie blieb stehen. In Greifweite, und dann spuckte sie ihm die Worte praktisch ins Gesicht.
    »Na, wer hat gewonnen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich will dein Blut!«
    Wieder das Kopf
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