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1664 - Die Schöne und die Grausame

1664 - Die Schöne und die Grausame

Titel: 1664 - Die Schöne und die Grausame
Autoren: Jason Dark
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weit genug zurück, um auf dem Plakat lesen zu können, dass hier das Stück »Die Schöne und die Grausame« gespielt wurde.
    »Wir sind hier richtig, Purdy.«
    »Okay.« Sie fasste nach dem Türgriff und lächelte, als sie die Tür aufziehen konnte.
    »Bitte eintreten, der Herr.«
    »Nach Ihnen, Madam.«
    Wir gerieten in eine wärmere Umgebung, aber eine Bühne oder irgendwelche Akteure sahen wir nicht. Das Spiel lief woanders ab, und ich deutete auf eine geschlossene Tür in der Nähe.
    »Da ist es wohl…«
    Purdy schob sich an mir vorbei. Sie wollte den Raum dahinter als Erste betreten. Vorsichtig öffnete sie die Tür, allerdings nur spaltbreit, aber sie konnte einen ersten Blick hineinwerfen.
    Ich ließ sie in Ruhe. Sekunden später winkte sie mir zu, und ich schob mich an sie heran.
    »Was hast du gesehen?«
    »Es ist komisch, John, und ich will mich auch nicht als Fachfrau bezeichnen, aber nach einem Puppentheater sieht mir das nicht aus.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Rein gefühlsmäßig.«
    »Okay, lass uns reingehen.«
    Wir waren leise, um die Zuschauer nicht zu stören, die reglos auf ihren Stühlen saßen. Ich ließ meinen Blick über sie gleiten und hatte eigentlich nach nichts Besonderem gesucht, als mir in der dritten Reihe auf dem äußersten Stuhl ein Mann auffiel, neben dem keiner saß.
    Auch wenn ich nur den Hinterkopf und den Rücken sah, kam er mir irgendwie bekannt vor. Ich blieb deshalb stehen, was Purdy wiederum verwunderte.
    »Warum gehst du nicht rein? Ist was?«
    Ich erklärte ihr den Grund.
    »Lass mich mal schauen.«
    Ich machte ihr Platz, dann sah ich, dass sie zusammenzuckte. Jetzt fragte ich sie: »Was ist los?«
    »Da ist Tim Helling ja«, flüsterte sie. »In der dritten Reihe auf dem äußersten Stuhl sitzt er.«
    ***
    Die Blutsaugerin ließ sich Zeit. Das war ihr Spiel, das war ihre Umgebung. Es gab kein Tageslicht, das sie geschwächt hätte, jetzt konnte sie ihr Spiel durchziehen, und wenn sie nach vorn schaute, sah sie die Zuschauer, die Menschen, in deren Adern Blut floss, das sie sättigen würde. Elena machte ihr Platz, sodass Tabea nach vorn treten konnte. Von zwei Seiten erreichten sie die beiden Strahler, die aber zu schwach waren, um sie zu stören. Sie aber stand gut im Licht, und es gab keinen Zuschauer, der sie nicht angestarrt hätte. Das Hässliche oder das Grausame zog immer, und Tabea genoss die Blicke. Was sahen die Zuschauer?
    Eine Frau mit langen schwarzen Haaren, die aussahen, als wären sie miteinander verklebt. Ihre Kleidung war auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Über ihren Körper hatte sie einen schwarzen Stoff gestreift, der am Oberkörper ebenso eng saß wie die Leggings an den langen Beinen. Die Gesichtshaut schimmerte im hellen Licht blasser. Man konnte von einem schwachen Grün sprechen, das das Gesicht aussehen ließ wie das einer Wasserleiche. Fehlten nur noch die Algen, die auf der Haut klebten. Sie hatte die Augen schwarz nachgezeichnet und der Mund war in einem blutigen Rot geschminkt. Tabea lächelte, aber die Lippen blieben dabei zusammen, sodass ihre Zähne nicht zu sehen waren. Das wollte sie sich für einen späteren Zeitpunkt aufheben. Sie sagte nichts. Sie ließ ihren Anblick auf die Zuschauer wirken, und als fast eine Minute vergangen war, setzte sie zu einem Nicken an, um danach etwas zu sagen.
    »Ich freue mich, dass so viele den Weg hierher gefunden haben. Fans, die gern Puppen agieren sehen und sich auf die besonderen Geschichten freuen, die diese zu erzählen haben. Dazu muss ich sagen, dass es an diesem Abend nicht so sein wird. Meine Schwester und ich haben uns entschlossen, Ihnen etwas Besonderes zu bieten, denn nicht die Puppen werden die Hauptpersonen sein, sondern wir…«
    Sie hob die Hand und beschrieb einen Halbkreis.
    »Aber auch Sie werden mit in dieses Spiel einbezogen, das wir, die Schöne und die Grausame, Ihnen hier präsentieren werden. Vergessen Sie alles, was Sie bisher an Theaterstücken gesehen und erlebt haben. Vom klassischen Theater bis hin zum absurden. In diesem Stück ist auch Ihnen eine Hauptrolle zugedacht worden. Einen aus Ihrer Mitte werden wir aussuchen und ihn hier auf die Bühne holen, wir werden mit ihm in die Geschichte einsteigen und dafür sorgen, dass er zum Mittelpunkt wird.« Sie nickte, ging dabei auf und ab, bevor sie sagte: »Ist das verstanden worden?«
    »Ja«, hörte sie nur eine Stimme.
    »Gut. Da hat jemand für alle anderen Besucher mitgesprochen, was mich froh macht.«
    Tabea
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