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1652 - Im Netz des Quidor

Titel: 1652 - Im Netz des Quidor
Autoren: Unbekannt
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Erinnerungen, sein Bewußtsein oder sogar seinen Körper zu lassen, daraus würde nie ein einheitliches Ganzes, das nur immer einen Gedanken produziert und immer nur eine Handlung ausführt. Stell dir vor, jedes Haar, jeder Muskel deines Körpers hätte ein eigenes Bewußtsein. Sie wollen zwar mit dir zusammenarbeiten, weil sie von dir abhängig sind, aber vielleicht nicht immer alle gleichzeitig. Du wärst ein Kollektiv aus lauter Individuen, und das ist unmöglich lebensfähig."
    „Es gäbe ein ständiges Chaos", sagte sie leise. „Ganz recht. Erinnere dich daran, wie schrecklich es war, als du am Anfang dem Netz freigegeben wurdest und sich plötzlich Millionen Gedanken und Emotionen in deinem Verstand drängten. Du kannst dich heute davor schützen, aber damit trennst du dich aus der Einheit des Netzes. So oder so, Joara: Du wirst aufhören zu existieren." Er legte seine Hände auf ihre Schultern. „Ich will aber nicht, daß du aufhörst zu existieren, auch nicht die anderen. Für mich hat dieser Gedanke, sich in ein Kollektiv aufzulösen, das aus Millionen verschiedener Lebewesen besteht, etwas Grauenvolleres an sich als jeder Alptraum, den ich je hatte. Wir Menschen sind Individuen, die über Jahrtausende hinweg für ihre persönliche Freiheit gekämpft haben und nach einem Kompromiß suchten, um friedlich zusammenzuleben und dennoch eine eigenständige Person zu bleiben - kein Klon. Die Armitaphoren beispielsweise haben diese Erfüllung gefunden, sie leben in einer harmonischen Gemeinschaft, aber jeder hat ein eigenes Bewußtsein und eine eigene Aufgabe. Das war es, worauf ich euch nach dem Flug mit ihnen aufmerksam machen wollte. Mir geht es wie den Armitaphoren: Ich bin einfach nicht bereit dazu, mich völlig in einem Kollektiv aufzulösen, und ich glaube - ich bin mir sicher, auch du bist es nicht oder irgendein anderer aus dem Team. Ich sehe das als Tod an, auch wenn mein Geist eine höhere Existenzebene erreichen mag."
    Sie schloß die Augen und nickte dann. „Nein, so will ich das nicht. Aber ... bist du dir ganz sicher, daß es so ist, wie du sagst?"
    „Hundertprozentig, Joara. Alles, was ich bisher gesehen habe, läßt einfach keinen anderen Schluß zu. Du hast dich nur so sehr in eine fixe Idee verrannt, daß du nicht selbst darauf gekommen bist."
    „Ich - ich habe mir etwas ganz anderes vorgestellt... Ich dachte, ich könnte zu den anderen zurückkehren und sie - und sie unterrichten ..." Sie legte in einer hilflosen Geste die Hände an den Helm, und er hörte sie kurz schluchzen.
    Er zögerte einen Moment, schloß dann seine Arme fest um sie und drückte sie an sich. „Ich finde diesen Gedanken auch wundervoll, aber er ist menschlich, und die nichtmenschlichen Spielleiter haben sich das ganz anders gedacht", sagte er sanft. „Und dann braucht man eben ein archaisches Fossil wie mich, das angestrengt darüber nachdenkt, was andere mit seinem Luxuskörper anstellen könnten, und entsprechend reagiert."
    Sie lachte leise und befreite sich von ihm, hielt jedoch seine Hand fest. „Es tut mir leid, Reginald, aber ich ..."
    „Schon gut, dazu haben wir später noch Zeit, wenn wir wieder auf der KAHALO sind", unterbrach er sie. „Wir müssen jetzt so schnell wie möglich hier weg."
    „Hast du eine Idee, wie wir das schaffen können?" fragte sie. „Allerdings", sagte er grimmig.
    Joara nickte. „Gut. Warte hier, ich spreche mit den anderen."
    Sie ging zu ihrem Team; Bull wartete geduldig abseits und schaltete seine Gedanken weitgehend ab. Trotzdem bekam er den einen oder anderen Fetzen einer ausdauernd heftigen und wütenden Diskussion mit, aber er war sicher, daß Joara sich durchsetzen würde. Der Anzug brachte ihn in eine angenehme, freischwebende Lage, und er döste ein wenig ein, bis Joara mit dem Team zu ihm kam. „Joara hat uns eine Menge erklärt, und es klingt plausibel", sagte Ribera. „Was ist aber, wenn ihr euch täuscht?"
    „Dann besteht immer noch die Möglichkeit für diejenigen, die es wollen, ins Spiel zurückzukehren", antwortete Bull. „Aber ich will, daß jeder zuerst genügend Abstand gewinnt und darüber nachdenkt. Wenn er trotzdem zu dem Schluß kommt, daß ihn etwas anderes im Quidor erwartet, werde ich ihn ohne Vorbehalte gehen lassen."
    Ribera nickte. „Wir sind uns keineswegs einig in dem, was ihr behauptet. Deshalb haben wir abgestimmt, und die knappe Mehrheit - darunter auch ich - ist für euch, also kehren wir auf die KAHALO zurück. Wir können das dort noch
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