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1652 - Im Netz des Quidor

Titel: 1652 - Im Netz des Quidor
Autoren: Unbekannt
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natürlich in Eintracht miteinander existieren, aber dafür darf man sich doch nicht selbst aufgeben! Was bleibt am Ende von uns übrig, wenn wir uns in diesem Netzwerk auflösen? Erkennst du denn nicht, daß dies nichts anderes ist als ein gigantisches Lebewesen, das sich andere Lebewesen einverleibt und dadurch größer und stärker wird? Wir werden ein Teil von diesem Leben, völlig abhängig davon, und sind nicht mehr als ein winziges Rädchen in einem ungeheuren Getriebe. Wir verlieren unsere Freiheit, unsere ganze Existenz!"
    „Selbstverständlich muß man einen Preis bezahlen, aber dafür ..."
    „Joara, hör doch endlich mit diesen Phrasen auf", unterbrach er. „Sie versuchen, sich eine Art Superintelligenz heranzuzüchten, für welchen Zweck auch immer!"
    „Ich gebe mich doch nicht selbst auf", widersprach sie hartnäckig.
    Er schüttelte den Kopf und seufzte. „Das ist das wahre Problem: euer Irrglauben, am Ende würdet ihr noch ihr selbst bleiben."
    „Aber weshalb denn nicht? Wir lernen dazu..."
    „Um Himmels willen, Joara, rede ich hier mit einem Kind oder mit einer erwachsenen Frau?"
    „Reginald, komm mir nicht auf die Tour!"
    „Ich komme auf genau die Tour, die deinem Verhalten angemessen ist! Willst du mir nun zuhören, ja oder nein?"
    Einen Augenblick standen sie sich zitternd vor Zorn gegenüber, als würden sie sich jeden Moment gegenseitig an die Kehle gehen. „Siehst du, was ich meine?" fragte Bull schließlich. „Du bist keinen Deut besser als ich."
    Joara trat einen Schritt zurück, sie öffnete den Mund zu einer heftigen Erwiderung und schwieg dann erschrocken. Auf ihrem Gesicht spiegelten sich die unterschiedlichsten Emotionen. „Joara", bat er, „willst du mir zuhören? Ich bitte dich, gib mir die Chance, dann kannst du immer noch eine Entscheidung fällen."
    „Natürlich", sagte sie leise. „Natürlich will ich dir zuhören."
    „Ich meine damit, bewußt zuhören. Ich habe nicht die Absicht, mich zu rechtfertigen. Ich will dir nur sagen, was ich herausgefunden habe und in welch großer Gefahr wir uns befinden." Er machte eine kurze Pause, und als sie nichts erwiderte, führ er fort: „Dieses Spiel verfolgt einen ganz bestimmten Zweck. Das Orakel sprach davon, daß die richtige Aufgabe erst beginnen würde, wenn man das Ziel erreicht hat und Plus- und Minusträger zum Quidor verschmolzen sind. Aber was geschieht denn mit uns, wenn wir verschmelzen? Wir lösen uns auf, verstehst du? Wie diese Schemen, gegen die du vorhin angetreten bist. Es gibt kein Plus und Minus mehr, kein Gut und Böse, Weiß oder Schwarz. Es entsteht eine völlig neue geistige Form, die vielleicht noch eine Erinnerung in sich trägt, wer oder was sie einst war, aber mehr nicht! Du bist nicht mehr Joara, ich bin nicht mehr Bull. Du kannst keine Liebe, keine Leidenschaft und keinen Zorn mehr empfinden. Wir können uns nicht mehr miteinander streiten oder füreinander Sympathie empfinden, weil wir nun ein Wesen sind! Und damit hört es nicht auf. Erinnere dich an Errus' Worte: Keiner von uns kann das Ziel wirklich erreichen, solange er nicht auch mit den anderen Teams verschmilzt. Erst der Zusammenschluß aller Teams kann den erwünschten Erfolg bringen!
    Denn der Quidor hört nicht bei dir oder mir auf, sondern erst bei der Vereinigung aller Wesen, die an diesem Spiel teilnehmen. Du hast gesehen, was mit den Siegern passiert, im Orakel von Demus."
    Der Zorn war langsam aus ihren Augen gewichen, während sie ihm zuhörte, und sie wurde blaß. „Ich dachte, das wären die Erbauer...", flüsterte sie. „Es sind möglicherweise die Erbauer, vor allem aber all jene, die die Bewährungsprobe bestanden.
    Aber auch die Verlierer bleiben im Netz, denn sie müssen die Spieler bei der Stange halten.
    Deshalb weiß auch niemand genau, was am Ende mit Spielern oder Verlierern passiert. Keiner darf dieses System jemals wieder verlassen, er dient auf die eine oder andere Weise dem Quidor.
    Das Orakel vereinnahmt alle Wesen in sich wie ein Moloch und züchtet so aus ihnen und sich selbst ein kollektives Wesen, eine Art Superintelligenz, die einst einen bestimmten Zweck erfüllen soll." Bull holte tief Luft. „Was wirklich dahintersteckt, wissen wir jetzt nicht, genausowenig, was der wahre Auslöser für dieses Spiel und den Quidor-Gedanken war. Und. wir werden es auch nie erfahren, denn sollte es dazu kommen, wissen wir nicht mehr, wer wir einst waren. Das Orakel kann es sich nicht leisten, jedem Einzelwesen seine
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