Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1645 - Operation Draco

Titel: 1645 - Operation Draco
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
unter dem heißen Luftstrom das Wasser von seiner Haut perlen, spritzte ein paar Tropfen Feuchtigkeitsgel auf seine Brust und wartete, bis sich die Substanz gleichmäßig über den ganzen Körper verteilt hatte.
    Was für ein Tag für eine lange Reise. Allmählich baute sich in ihm genau die richtige Art von Spannung auf. Er stellte sich im vergeblichen Versuch, seinen widerborstigen Rotschopf zu ordnen, kurz vor den Spiegel, gab auf und wählte bequeme Freizeitkleidung. Als er das Bad verließ, hatte der Servo automatisch sein Bett verschwinden lassen und das Zimmer in einen großzügigen Wohnraum verwandelt. „He, Kasten", sagte er laut. „Ich brauche den Inhalt von Staufach sechs."
    In Griffweite fuhr eine Lade auf. Vor seinen Augen erschien die Arachnoidenmaske. Bull griff so vorsichtig danach, als habe er einen unbezahlbaren Schatz vor sich, den allein ein falscher Gedanke schon zerbrechen konnte. Und vielleicht war es auch tatsächlich so, wer konnte das schon wissen? Wenn die Maske mit seinem Bewußtsein in Wechselwirkung trat, wer sollte dann ausschließen, daß sie durch falsche Gedanken Schaden nahm?
    Das Gerät sah aus wie die Sichtsprechmaske eines Nakken.
    Doch von innen schien sich jeder Quadratzentimeter genau an Bulls Gesicht zu schmiegen. Sie diente nicht allein dazu, menschliche Laute in'die Sprache der unbekannten Arachnoiden umzuwandeln, sondern beeinflußte auch das Denken des Trägers. Bull fühlte sich, als habe etwas seinen Körper in die Gestalt einer achtgliedrigen Spinne verwandelt. Er gab ein paar leise Sätze von sich - und lauschte fasziniert dem zerbrechlichen, spröden Klanggeflecht, das den Raum erfüllte. Eine menschliche Kehle hätte solche Laute niemals hervorgebracht. Und ein Mensch hätte sich selbst niemals als ein Wesen begriffen, das durch Netzgewebe wanderte, in kurzen Stößen vertikal von einem Knotenpunkt zum nächsten, mit blinder Sicherheit und von der Gier nach Beute getrieben. So aber fühlte sich Bull unter der Maske. Er tanzte wie eine Spinne durch die Kabine, als habe er den Verstand verloren. Dabei war es nur eine andere Ebene des Denkens, eine Transformation des Bewußtseins.
    Die Einrichtung verwandelte sich in eine fremdartige Landschaft. Ein viel zu enges Gefängnis. Kristalline Träume, die unter einem Blick zerspringen. Töten, was ihn quält. Aber da ist niemand. Er ist Bull.
    Er riß sich die Maske vom Gesicht, bevor er in der Welt der Arachnoiden versinken konnte. So war es jedesmal; doch nicht immer brachte er die Willenskraft auf, sich der Magie der Maske so rigoros zu entziehen. An anderen Tagen konnte er stundenlang diese Visionen in sich aufsäugen, wenn nichts ihn mehr beunruhigte als ein Blick in diese fremde Welt. Es war paradox. Immer wieder fühlte er sich zwischen dem Schrecken „und der Faszination hin- und hergerissen. Dem Volk der fremden Spinnenwesen brachte er große Zuneigung und Achtung entgegen, eben weil ^r sich so we
     
    *
     
    it in ihre Mentalität hineingedacht hatte. Nur nicht heute, dachte Reginald Bull, denn dies war der Tag des Auf bruchs. „Wie spät ist es?" fragte er laut. „Sieben Uhr zwanzig."
    „Fast drei Stunden also ...", murmelte er. „Also doch ... Als ob es schlimmer würde... - Servo! Zeit für mein Frühstück. Ich speise allein."
    Vorsichtig legte er die Maske in ihre Lade zurück. Er rückte seinen Stuhl zurecht und setzte sich an den Tisch. Für den Bruchteil eines Augenblicks sah er in den drei Beinen endlose Säulen, die zu glatt waren, um daran emporzuklettern, und in der Fläche eine Ebene, auf der man jedem Angriff schutzlos preisgegeben war. Im selben Moment füllte sich die Platte mit dampfendem Kaffee, warmen Brötchen und einem Pflanzenextrakt, der aus der Eastside der Galaxis stammte. Und die Vision'von eben erkannte er jetzt als ausgemachten Unsinn: Daß die Arachnoiden mindestens eineinhalbmal so groß wie Menschen Waren, wußten die Wissenschaftler längst. Mit dem Ungeziefer, das er als kleines Kind auf Terra damals zertreten hatte, hatten sie nichts gemein.
    Die Zentrale der CIMARRON war nicht voll besetzt. lan Longwyn und Lalande Mishkom, das Pilotenteam, führten gemeinsam mit einem halben Dutzend technischer Spezialisten die Aufsicht über sämtliche Vorgänge innerhalb des Schiffes.
    Im Zeitalter der Syntroniken wäre schon eine Person genug gewesen. Menschen bildeten lediglich den Entscheidungsfaktor, während die eigentlichen Schaltungen automatisch abliefen. Egal, ob es sich um ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher