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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist
Autoren: Mary Gentle
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ganz Europa zum Feind gemacht bei seinen Bemühungen, dem über zwei Generationen tobenden Bürgerkrieg ein Ende zu bereiten und Frankreich seine alte Macht zurückzugeben.
    »Bedauerlicherweise, Madame«, sagte ich, »erteilt mir niemand Befehle außer der Duc de Sully. Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass keine dieser Verschwörungen gelingt.«
    Ihr Flüstern wurde zu einem Zischen. »Ihr werdet schon sehen, warum Ihr tun müsst, was ich von Euch verlange! Gaston!«
    Die Königin hob die Hand und winkte. Eine der schwarzen Eichentüren öffnete sich, und zwei Männer schleppten einen dritten herein.
    Maignan!, dachte ich entsetzt, verriet mich aber nicht, indem ich das laut aussprach.
    Der rundköpfige Mann trug ein zerknittertes Nachthemd und war ohne Kopfbedeckung. Er hing zwischen den beiden Höflingen. Seine Füße schleiften hinter ihm her und wühlten die verdreckte Streu auf dem Boden des Schankraums auf. Auf einen Wink der Königin hin packte einer der Männer Maignans fleischiges Ohr und zog seinen Kopf in die Höhe. Selbst in dem trüben Licht war ein weißer Strich zwischen seinen fast geschlossenen Augenlidern zu erkennen.
    »Man hat ihn aus dem Arsenal geholt«, sagte die Frau, »ihn betäubt und aus seinem Zimmer hierher gebracht.«
    Ich bin einer gegen zehn. Alle sind bewaffnet, die meisten mit Pistole und Schwert. Maignan kann nicht gehen, geschweige denn rennen …
    Maignans Augenlider flatterten. Entweder die Droge oder zu viel Alkohol hatten sein Gesicht erschlaffen lassen. Und das war der Mann, der im Inneren des herzoglichen Haushalts für die Sicherheit verantwortlich war wie ich außerhalb.
    Der Mann, der Maignans linken Arm hielt, zückte einen Dolch, schnitt Maignan die Kehle durch und ließ ihn fallen.
    Ich hatte mich schon in Bewegung gesetzt, bevor die Klinge die Scheide verlassen hatte, doch offensichtlich hatte man genau das von mir erwartet. Ohne dass jemand es hätte befehlen müssen, rissen die Männer um mich herum ihre Schwerter und Pistolen heraus. Ich stand inmitten eines Rings aus geschärftem Stahl, sämtliche Spitzen nur wenige Zoll von meinem Gesicht entfernt.
    Ich bin kein Narr; nicht gegen zehn Männer mit Rapieren und Feuerwaffen. Wütend blieb ich augenblicklich stehen und stieß dabei gegen den langen Tisch. Wachsstöcke fielen um und in den Streu und begannen zu stinken. Der Geruch brennender Lunten mischte sich mit dem Gestank von Blut. Als ich wieder sehen konnte – einer der Männer hatte eine Kerze entzündet, die für eine solche Taverne viel zu teuer war –, waren Boden und Streu vor mir schwarz und Maignan entweder tot oder er lag im Sterben, seine Halsschlagader sauber durchtrennt.
    »Heiliger Herr Jesus!« Der Schreck raubte mir kurz die Selbstbeherrschung, und meine Stimme zitterte vor Wut. »Ich werde sogar Euch verhaften lassen. Der Herzog wird mich unterstützen …!«
    »Der Herzog wird morgen bei Sonnenuntergang gar nichts mehr zu sagen haben.«
    Einer der Männer griff nach unten, packte Maignan an der Ferse und zog ihn in Richtung Tür. Die Leiche hinterließ eine nasse Schleifspur. Im trüben Licht sah ich, dass Maignan weiche, seidene Hausschuhe trug, nichts, was für die Straße geeignet gewesen wäre.
    Das Gesicht der Frau nahm einen rührigen, dümmlichen und vollkommen selbstsicheren Ausdruck an. »Das war nur eine Demonstration. Es ist uns gelungen, einen Spion in den Haushalt des Herzogs einzuschleusen. Sully könnte genauso gut tot oder blutend auf der Erde liegen. Ihr müsst tun, was wir Euch sagen, Rochefort. Wer steht schon zwischen Euch und Euren Feinden außer ihm?«
    Ich starrte sie mit leeren Augen an, fest entschlossen, nichts preiszugeben. Wenn ich erst einmal hier raus bin, werde ich Sullys Haushalt auf den Kopf stellen und diesem Spion der Medici den Hals umdrehen …
    »Wenn Ihr heute Nacht ins Arsenal zurückkehrt«, fuhr die Frau mit heiserer Stimme fort, »wird Sully sterben. Solltet Ihr Euch dem Herzog auch nur nähern, wird er sterben. Solltet Ihr ihm eine Botschaft übermitteln, wird er sterben. Ihr werdet nicht zu ihm zurückkehren oder Kontakt zu ihm aufnehmen, bis Heinrich tot ist.«
    Die Übelkeit in meinem Bauch ob der sich anbahnenden Katastrophe wich einem brennenden Gefühl der Wut. Ich sollte durch Drohungen manipuliert werden? Ich sollte erpresst und gezwungen werden?
    »Man wird Euch im Auge behalten, Rochefort. Jeden einzelnen Augenblick. Sollte es so aussehen, als würdet Ihr mit einem Mann
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