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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist
Autoren: Mary Gentle
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sprechen, mit dem Ihr nicht sprechen solltet, wird Sully sterben, in seinem eigenen Haus, dort, wo er sich am sichersten fühlt. Und Ihr werdet keinen anderen Herrn finden«, fügte sie hinzu. »Stattdessen werde ich dafür sorgen, dass Eure Feinde Euch bekommen.«
    Fast hätte ich lauthals aufgelacht. Hielt sie mich tatsächlich für so dumm, nicht zu wissen, dass sie mich anschließend als lästigen Zeugen würde töten müssen? Für wen hielten die mich eigentlich?
    Wieder verlor ich die Beherrschung und stieß einen Fluch aus – doch das war vielleicht gar nicht mal so schlecht; sollte sie es ruhig für eine feige Reaktion halten. Rasch dachte ich nach und warf ihr jene Art von Blick zu, in die man Zögern und Sorge deutet. »Er ist der König.«
    Ich sagte mit Absicht nicht mein König.
    Ein Toter ist ein wahrhaft stichhaltiges Argument. Vielleicht konnte ich sie glauben machen, dass sie mich mit Maignans Ermordung eingeschüchtert hatte oder dass ich nun aus einer Mischung von Eigeninteresse und Feigheit handelte. Aber es war egal, was sie dachte, solange sie sich ihrer Sache nur sicher genug war, um mich wegzuschicken.
    Sobald ich hier raus bin, kann ich den Herzog warnen – oder den Verräter in seinem Haus mit eigenen Händen töten.
    Sie sprach erneut – so leise diesmal, dass ich mich anstrengen musste, sie bei dem Lärm der Gäste aus den anderen Zimmern zu verstehen.
    »Sollte es Sully sein, der stirbt, wird man Euch die Schuld an seinem Tod geben. Sprecht mit niemandem.«
    Ihre Männer waren zu nah. Ich bezweifelte, dass ich sie töten könnte, bevor sie mich niedergestreckt hätten.
    In der Hoffnung, angemessen eingeschüchtert und verzweifelt zu klingen, sagte ich: »Mit irgendjemandem muss ich sprechen. Wie soll ich sonst den Mord vorbereiten?«
    »Das stimmt. Aber wir werden Euch im Auge behalten«, antwortete Maria di Medici. »Solange es dunkel ist, habt Ihr Zeit dazu. Und jetzt geht.«
    Auf dem Weg hinaus ließ ich ihre Männer stehen und ging – zu deren großer Belustigung – auf die Latrine. Dort steckte ich dem Putzerjungen einen Livre zu, gab ihm eine mündliche Nachricht und sagte ihm, er solle sofort zum Herzog ins Arsenal rennen, sobald die Höflinge verschwunden waren.
    Ich verließ Les Halles und dachte nach. Meine Gedanken überschlugen sich. Zwei weitere Agenten der Königin kamen mir entgegen und gaben mir mit Gesten zu verstehen, dass selbst ein Blinder und ein Tauber mich verfolgen könnten. Damit war klar, dass ich irgendetwas Verschwörerisches tun musste, um sie abzulenken, während ich darauf wartete, dass die Botschaft ankam, die ich dem Jungen mitgegeben hatte.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als den Mann zu suchen, der mir als erster in den Sinn kam, einen Mann, gegen den ich in letzter Zeit Beweise gesammelt hatte, um ihn später verhaften zu lassen. Ich sprach kurz mit ihm in seiner Unterkunft, und nun beobachteten sie ihn auch.
    Die Nacht schritt voran. Ich fand keinen Weg, den Kordon der Agenten zu durchbrechen, und kein Wort drang aus dem Arsenal zu mir.
    Was passiert im Haushalt des Herzogs? Wird Maignan bereits vermisst? Befindet sich vielleicht just in diesem Augenblick ein Diener, ein Spion, ein Mörder im selben Raum wie mein Herr Sully?
    Zeit. Zeit. Wenn mir doch nur mehr als diese paar Stunden geblieben wären; wenn sie es doch nicht schon für morgen geplant hätte …!
    Dabei hatte sie es noch nicht einmal aus List so arrangiert. Sie hatte es nicht gemacht, weil sie wusste, dass mir so keine Zeit zum Handeln blieb. Sie hatte es getan, weil die Zeremonie des Tages sie trunken gemacht hatte, weil sie gerade zur Königin gekrönt worden war und sie einfach keine Geduld mehr hatte und ihren Gemahl endlich tot sehen wollte.
    Als ich schließlich meine eigene Unterkunft erreichte, schäumte ich vor Wut. Zwei Versuche, mich in den frühen Morgenstunden davonzustehlen, scheiterten. Beim zweiten Versuch, als ich auf direktem Weg in Richtung Arsenal marschierte, sprach mich einer der Männer der Königin an. Lächelnd erklärte er mir, dass er nicht zulassen werde, dass Monsieur Rocheforts Temperament dem Herzog das Leben kostete, woraufhin ich ihm mein Rapier durch die Lunge bohrte.
    Als Folge wurde ich von einem guten Dutzend Agenten zu meinem Quartier zurückeskortiert, wo ich den Putzerjungen halbbewusstlos und blutend auf den Stufen fand.
    »Sie gibt Euch diese eine Chance«, sagte einer der Höflinge im Gehen, ein kleiner Mann mit florentinischem
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