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1606 - Der Spieler und die Kartanin

Titel: 1606 - Der Spieler und die Kartanin
Autoren: Unbekannt
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Treffen in der NJALA folgten, empfand Dao-Lin-H'ay wie in einem Rausch. Vorher hatte sie nie erlebt, wie sehr man sich einem anderen Wesen annähern konnte. Und dennoch existierte immer eine Schranke, die ihr Einhalt gebot.
    Sie beide liebten ihre Freiheit, ihre Unabhängigkeit.
    Sie vielleicht noch mehr als der Terraner, dachte sie manchmal, weil sie eine Kartanin war. Ihre ganze Erziehung prägte sie, die Traditionen und vererbten Verhaltensweisen ihres Volkes. Unter Kartanin waren Lebensgemeinschaften zwar üblich, jedoch nicht im engen Sinne wie bei Terranern. Eine kartanische Lebensgemeinschaft hatte mit Macht zu tun. Es gab immer einen, der herrschte, und einen, der sich unterwarf. Zwischen ihr und Tekener war das ganz anders. Sie wollte auch nicht, daß es jemals zu ihrer oder Tekeners Unterwerfung käme, denn das wäre das Ende gewesen.
    Diese zwei Monate ließen ihr viel Zeit zum Nachdenken: Zeit, die sie in Ardustaar nicht gehabt hatte. Sie begriff, daß die Zusammenarbeit zwischen ihr und Tekener enger werden mußte. Und zwar schon deshalb, weil ihre Bemühungen langfristig auf eine Annäherung zwischen Hangay und Ardustaar zielten. Sie durften nicht mehr nebeneinanderher arbeiten, ohne vom anderen viel zu wissen; sie mußten einander viel häufiger sehen als im Moment.
    Nach Ablauf der Frist verabschiedete sich Dao-Lin von Tekener. Natürlich flössen keine Tränen, so, wie es vielleicht unter zwei Menschen der Fall gewesen wäre. Undenkbar, überlegte sie amüsiert. Aber sie war traurig, nun wieder ohne seine Nähe auskommen zu müssen.
    Dara-Moe-Tuos, die Protektorin der NJALA, steuerte das Schiff Richtung Ardustaar zurück.
    Dort wartete eine Menge Arbeit. Einen weiteren Monat später erreichten sie Ardustaar: die Galaxis M33, die überall außerhalb auch Pinwheel genannt wurde.
    In den letzten Jahren hatte Dao-Lin ihre Stellung in der Heimat so sehr gefestigt, daß sie überall als diejenige Kartanin anerkannt wurde, deren Stimme das meiste Gewicht besaß. Noch immer regierte die uralte Mei-Mei-H'ar im Rat der Hohen Frauen - soweit man ihren Vorsitz als „Regieren" bezeichnen konnte. Denn die wahre Macht lag bei Dao-Lin-H'ay.
    Zhu-Go, die Hohe Frau der L'ung-Familie, hatte ihren Sitz im Rat noch immer inne. Nach wie vor wurde sie durch Dao-Lin gestützt. Und wenn Zhu-Go auch nicht gerade zu hohem Ansehen gekommen war, so erwies sie sich für die ehemalige Wissende doch immer wieder als nützlich.
    Währenddessen leistete Zhu-Gos Stellvertreter in der L'ung-Familie gute Arbeit. Ihr Helfer Tes-Tui-H'ar hatte eine Vorauswahl getroffen, und Dao-Lin hatte den Stellvertreter aus einem Dutzend Kandidaten persönlich ausgewählt. Seitdem gab es mit den L'ungs keine Zwischenfälle mehr.
    Alles hing eben von den Führern ab. Nicht das Volk war schlecht, nur die Politik.
    Und die Politik der Kartanin bestand aus Intrigen und dem ewigen Spiel um Macht. Dao-Lin wußte mit diesem Instrument virtuos umzugehen. Niemand auf Kartan oder den anderen Planeten vermochte ihr die Stirn zu bieten, wenn es ernsthaft um die Durchsetzung von Interessen ging.
    Kartan empfing sie mit kaltem, stürmischem Wetter. Dao-Lin-H'ay suchte sofort ihre Wohnung auf, die in der Stadt Tozinkartan in einem der vielen Canyons lag. Durch eines der großen Fenster sah sie den Sturm, durch die Lüftungsklappen drang kühle Luft herein. Sie nahm zunächst mit Tes-Tui-H'ar Kontakt auf und ließ sich von allem berichten, was in der Zwischenzeit vorgefallen war. Viel kam nicht zusammen; insofern bewährte sich bereits jetzt die Arbeit, die sie in der Vergangenheit geleistet hatte. „Du hast alles gut im Auge behalten, Tes-Tui", lobte sie. „Ich bin mit dir zufrieden."
    „Lobe mich nicht zu früh. Es gibt zwei Dinge, von denen ich dir noch nicht berichtet habe."
    „Und die wären?" fragte sie mit böser Vorahnung. „Wir haben uns bisher ausschließlich mit der Ratspolitik beschäftigt, mit den verschiedenen Interessen der verschiedenen Familien. Dabei haben wir das Volk unterschätzt. Es gärt unter den Kartanin."
    „Es gärt? Was soll das?"
    „Die Mitglieder der unteren Familienschichten sind unruhig. Besonders die Männer. Sie begehren immer öfter gegen die Herrschaft der Frauen auf."
    „Eine Herrschaft der Frauen existiert in dem Sinn nicht mehr", entgegnete sie unbeeindruckt. „Viele Protektoren sind heute Männer. Es hat sogar schon >Hohe Frauen< gegeben, die männlichen Geschlechts waren."
    Tes-Tui-H'ar stellte in kaum merklicher
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