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1606 - Der Spieler und die Kartanin

Titel: 1606 - Der Spieler und die Kartanin
Autoren: Unbekannt
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der Bürotrakte.
    Als sich die Kartanin umdrehte und nach hinten sah, erkannte sie eine unendliche, scheinbar gewundene Strecke. „Rätin?" fragte der Vertigo-Roboter. „Ist meine Aufgabe damit beendet?"
    „Nein!" antwortete Dao-Lin-H'ay barsch. „Ich werde dich gleich wieder brauchen. Dieser Besuch wird ausgesprochen kurz sein."
    Sie schlug die Richtung nach links ein, suchte nach der richtigen Zimmertür und hämmerte auf den Melder. Dem Vertigo bedeutete sie zurückzubleiben.
    Ungeduldig erwartete sie das Freizeichen, dann trat sie ein. „Guten Tag, Peterus Noog", begann sie mit falscher Freundlichkeit. Ein guter Beobachter hätte bemerkt, wie sich ihr allein beim Klang des Namens das Fell sträubte. „Was kann ich für dich tun?" entgegnete der gedrungene Ferrone mürrisch. Er hockte in seinem Sessel, mit fliehender Stirn, eng beeinanderstehenden Augen und einem verfetteten Nacken. „Aber beeile dich, ich habe gleich Mittagspause ..."
    In diesem Augenblick platzte Dao-Lin der Kragen. Sie stieß ein ungläubiges Fauchen aus, war mit einem Satz über den Schreibtisch gesprungen und kam neben ihm auf die Beine. Schon der Gesichtsausdruck entschädigte sie für einiges.
    Die Kartanin ruckte mit ihrem Katzengesicht so nahe an seines heran, daß er ihren scharfen Atem schmecken mußte. Die Augen waren drohende Schlitze, die Krallen zum Stoß bereit.
    Sie hätte ihn töten können, durchfuhr es sie. Es hätte sie nicht einmal Kraft gekostet, mit einem einzigen Schlag dieses Leben zu beenden.
    Dao-Lin-H'ay erschrak über die Heftigkeit der eigenen Gedanken. Was ging in ihrem Unterbewußtsein vor? Sicher, Peterus Noog war widerlich und unerträglich. Außerdem stand er stellvertretend für all die Umstände, die ihr das Leben im Humanidrom zur Last machten; doch er war nicht mehr als ein Rädchen, und gegen die Maschinerie selbst konnte sie wenig unternehmen.
    Das war Sache der Galaktiker, nicht einer Kartanin, die hier fremde Interessen vertrat.
    Dao-Lin hielt kurz den Atem an, musterte Noog mit einem stechenden Blick und rückte dann ab. „Du hast einen Fehler zuviel gemacht, Peterus", sagte sie leise. „Du hast einen Gesandten meines Volkes lange warten lassen. Er wollte mich sprechen, nicht dich."
    Noog starrte sie noch immer mit fassungsloser Miene an. „Und deshalb greifst du ... Ich meine ..." Er konnte nur den Kopf schütteln und die Kartanin betrachten, als habe sie den Verstand verloren. „Ja, deshalb bin ich hier. Du hast kein Recht, eigenmächtig meine Arbeit zu behindern, hast du das ein für allemal verstanden?"
    Im selben Augenblick begriff sie, daß sie einen Fehler gemacht hatte. Sie hatte das falsche Wort benutzt.
    Noog schüttelte den Kopf. „O nein, Rätin. Eigenmächtig war ich keineswegs, ganz im Gegenteil. Ich handle niemals eigenmächtig. Deshalb konnte ich dir erst eben Bescheid geben, als du die Konferenz verlassen hast. Nachrichten mit Dringlichkeit Cwerden laut Dringlichkeitsordnung Paragraph 22234.HUM nicht vor die Räte gebracht, solange eine Konferenz mit Dringlichkeitsstufe Baufwärts läuft."
    „Halt!"
    Sie überlegte ernsthaft, nochmals nahe an ihn heranzurücken; doch dann begriff sie, daß es keinen Weg gab, einen Mann wie Peterus Noog zu belehren. „Ich erkläre hiermit die Dringlichkeitsrangordnung Paragraph 22234.HUM für außer Kraft gesetzt, was mich betrifft. Hast du das verstanden?"
    Noog wand sich in seinem Sessel. „Leider unmöglich, Rätin. Dazu bedarf es einer Anweisung meiner Dienststelle. Aber wenn du die liefern würdest..."
    „Nein", erwiderte sie lahm. „Ich habe nicht die Absicht, so etwas zu liefern. Und wenn du in Zukunft in Ruhe leben willst, Peterus Noog, bestehst du besser nicht darauf. Richte dich nach meiner Weisung: Sämtliche Neuigkeiten und Nachrichten für mich sind unverzüglich weiterzuleiten!"
    Peterus Noog wollte noch etwas sagen, doch sie trat rasch auf den Korridor hinaus und ließ die Tür hinter sich zufahren. Die muffige Luft des Verwalterzimmers blieb zurück. „So. Jetzt geht's mir besser, Vertigo. Machen wir uns auf den Weg. Hangar 98/Nord, obere Hälfte. Zum Landeplatz der DENGAI."
     
    *
     
    Sie hatte den Besuch aus der Heimat lange warten lassen. Die Tatsache an sich war nicht schlimm, denn allein der Flug hierher hatte die Mannschaft Monate gekostet. Nur die Art und Weise störte sie. Dao-Lin hatte nicht übel Lust, alles hinzuwerfen. Was konnte sie hier schon ausrichten? War es wirklich vonnöten, daß eine Kartanin ihres
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