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1606 - Der Spieler und die Kartanin

Titel: 1606 - Der Spieler und die Kartanin
Autoren: Unbekannt
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Niemand wäre auf die Idee gekommen, etwas daran verwerflich zu finden. Nur sie selbst vielleicht, bedingt durch den langen Kontakt mit den Terranern.
    Tekener hatte einen schlechten Einfluß auf sie, dachte die ehemalige Voica amüsiert. „Und warum", fragte sie, „stört sich Mei-Mei daran plötzlich? Ist sie neidisch, nicht selbst auf die Idee gekommen zu sein?"
    Tes-Tui-H'ar reagierte nicht auf die Spitze. „Sie ist keineswegs neidisch. Die Hohe Frau ist besorgt. Denn rings um das Streitgebiet zwischen Vennok und Mamositu liegen Gebiete der Karaponiden. Außerdem grenzt eines der vier Sashoy-Sonnensysteme an die fragliche Zone. Wenn der Konflikt sich ausweitet.."
    „Ich weiß schon", vollendete Dao-Lin-H'ay den Gedankengang. „Dann entsteht ein großes neues Konfliktzentrum. Die Vennok, die Mamositu, Karaponiden, Sashoy - und die Familie L'ung mittendrin."
    „Ja, genau das befürchtet die Hohe Frau. Dann werden womöglich alle Familien von Kartan gezwungen, in den Krieg einzugreifen. Das will Mei-Mei-H'ar verhindern."
    „Soll sie über den Rat der Hohen Frauen dagegen vorgehen", schlug Dao-Lin vor. Sie wollte lediglich Zeit gewinnen. Daß der Vorschlag nicht praktikabel war, wußte sie selbst. Aber Tes-Tui sollte reden, sie mußte überlegen. „Das ist unmöglich", erwiderte der Parlamentär wie erwartet. „Strenggenommen sind die Interessen des Rates und aller Kartanin nämlich gar nicht berührt. Schließlich handelt es sich um Eventualitäten. Noch ist überhaupt nichts vorgefallen als ein paar Scharmützel, dazu auch noch Millionen Lichtjahre entfernt. Nein, Mei-Mei-H'ar kann nicht eingreifen. Sie braucht eine Vermittlerin. Eine, die in allen Lagern gleichermaßen akzeptiert wird."
    „Ist das Mei-Meis Bitte?" fragte Dao-Lin abwesend. „Ja. Fliege nach Hangay, und hindere die L'ung-Familie daran, uns allen Schaden zuzufügen."
    „Früher", so sagte sie ironisch, „hätte Mei-Mei einen Weg gefunden, die Angelegenheit selbst zu regeln."
    „Mei-Mei ist eine alte Frau."
    „Das stimmt allerdings ..."
    Die Kartanin schwieg lange Zeit. In diesem Augenblick war ihr einmal mehr klargeworden, wieviel Entfernung zwischen dem Humanidrom von Lokvorth, Hangay und der heimatlichen Galaxis lag. Hier bewirkte sie nichts. Oder? Wem nutzte ihre Anwesenheit? Mußte sie nicht ständig dort präsent sein, wo Kartanin wohnten und Einfluß nahmen?
    Hier war sie auf die Dauer abgeschnitten. Und niemand konnte sagen, wie lange man sich ihrer in der Heimat noch erinnern würde. Irgendwann geriet jeder einmal in Vergessenheit: auch eine Dao-Lin-H'ay. Seit sie den Zellaktivator der Superintelligenz ES trug, neigte sie dazu, Zeit als etwas sehr Relatives zu betrachten. Und ihr Freund Ronald Tekener bestärkte sie noch in diesem Glauben.
    Tekener, ja...
    Wie kam es, daß sie ausgerechnet in diesem Augenblick an ihn denken mußte? Überhaupt dachte sie in den unmöglichsten Augenblicken an ihn; und zwar deshalb, weil es zwischen ihnen etwas gab, das nicht geklärt war. Sie wußte nicht einmal, ob sie eine Klärung wollte. Vielleicht brauchte sie auch nur Abstand.
    Manchmal wußte sie es selbst nicht.
    Eine Kartanin - und ein Terraner. Aufgewachsen mit finer unglaublichen Distanz, sowohl räumlich als auch zeitlich. Noch schwerer wogen die Unterschiede zwischen beiden Kulturen.
    Der Unterschied zwischen Kartanin und den Methanatmern konnte auch nicht größer sein.
    Tekener roch anders als sie. Er sah anders aus. Er benutzte die falschen Gesten, der Rhythmus seiner Schritte war falsch. Und doch bestand zwischen ihnen etwas, das sie nicht definieren konnte. Oft hatte sie sich eingeredet, es sei nur die geistige Verwandtschaft. Aber das stimmte nicht.
    Es war mehr.
    Dao-Lin spürte den Drang, das Problem mit Tekener auszudiskutieren, bis sie eine Lösung gefunden hatte. Auf der anderen Seite wußte sie genau, daß sie ihm gegenüber kein Sterbenswörtchen freiwillig preisgeben würde. Er war kein Kartanin, sondern ein Fremder. Über die Angelegenheiten der Kartanin wußte er eigentlich schon viel zuviel. Speziell über ihre ... „Dao-Lin?"
    Sie hob den Kopf. „Was ist mit dir, Dao-Lin?" fragte Tes-Tui-H'ar respektvoll. „Ich denke nach!" fuhr sie ihn an. „Schweig jetzt!"
    Doch sosehr sie sich auch bemühte, es war ihr nicht möglich, den Faden wiederaufzunehmen.
    Und als sie sich den wahren Problemen stellte, schwand auch das Gefühl der Beklemmung um ihren Brustkorb.
    Die Familie L'ung. Dieses Problem vermochte sie zu
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