Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
160 - Die Schrecken von Kabuul

160 - Die Schrecken von Kabuul

Titel: 160 - Die Schrecken von Kabuul
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
endlich zum Schweigen zu bringen.
    Der Zorn gab ihr Kraft. Der nächste Treffer gegen den Untersetzten gelang ihr und gleich noch einer – und was für einer! Die Wucht des Hiebes riss ihm beide Waffen aus den Händen. Seine Säbel wirbelten durch die Luft und verschwanden im Dämmerlicht.
    Aruula registrierte nicht, wie sie auf dem Fels aufprallten, denn der Wegelagerer tauchte unter ihrem nächsten Hieb ab und warf sich mit seinem schweren Körper gegen sie. Aruula blieb die Luft weg. Panik durchfuhr sie, und das Blut rauschte ihr in den Ohren.
    Schon wieder so ein blitzschneller Vorstoß, diesmal weniger von Wut als von Verzweiflung und Todesangst getrieben.
    Aruula stolperte, prallte erst gegen die hintere Flanke ihres Reittiers und stürzte dann rücklings auf den Felsboden. Beim Versuch, sich abzurollen, entglitt ihr das Schwert.
    Der Mann warf sich auf sie und begann sie zu würgen.
    Unter ihrer Schulter und ihrem linken Arm wurde es warm, es stank nach Kamshaa-Kot. Kreischend vor Triumph sprang das Weib vom Sattel auf Aruulas linke Hand.
    Die Frau vom Volk der Dreizehn Inseln schrie vor Schmerz.
    Sterne tanzten vor ihren Augen, einen Atemzug lang verlor sie den Überblick. Der Fremde hockte mit gespreizten Beinen auf ihr. Seine Hände ließen ihren Hals los, und sie rang keuchend nach Luft. Das Räuberweib – mochte Orguudoo es verschlingen! – kniete jetzt auf ihren Fingern und beugte sich über sie. Aruula spürte eine Hand an ihrer Rechten, sah plötzlich einen Säbel in einer Männerfaust und warf sich im buchstäblich letzten Moment herum. Sie hörte, wie die krumme Klinge durch Fleisch und Knochen fuhr, ertastete statt ihres Schwerts einen Steinbrocken, griff zu, holte aus und traf den Kerl an der Schläfe.
    Das Räuberweib schrie wie von Sinnen, sprang auf und rannte davon. Ihr Komplize gab nicht einen Ton mehr von sich – der Säbel rutschte ihm aus der schlaffen Hand, er selbst kippte stumm zur Seite und schlug dumpf auf dem Fels auf.
    Schwer atmend drehte sich die Frau von den Dreizehn Inseln auf den Bauch und stemmte sich hoch auf die Knie. Sie atmete schwer, ihre Lungen pfiffen. An ihrer Linken brannte und klopfte der Fingerstumpf.
    Rapushnik wandte seinen Schädel und blinzelte zu ihr herunter. Er grunzte. Aruula stand wankend auf. Ihr Blick fiel auf den Boden. Dort lag eine abtrennte Frauenhand neben ihrem Schwert. Sie spähte in die Richtung, in die das Räuberweib geflohen war. Jämmerliches Geschrei verlor sich nach und nach in der Ferne…
    ***
    … sie hatte keine Schmerzen und schrie dennoch. Die Gewitterwolken verzogen sich, aber der Himmel wurde um keine Spur heller. Sie lief und schrie und stöhnte, bis der Abend ging und die Nacht kam. Schatten huschten hin und her.
    Gebüsch, kahle Äste, der Stamm eines Baumes – sie lehnte mit dem Rücken dagegen und rutschte zu Boden. Ihre Zunge war so schwer, und sie fror entsetzlich.
    Die Schatten huschten nicht mehr, sie standen jetzt aufrecht, wuchsen und wuchsen und wuchsen…
    »Wer seid ihr? Ich bin verletzt, ich besitze nichts, überhaupt nichts…« Die Schatten kamen näher, langsam, Schritt für Schritt. »Ich bin nur die arme Gebra, ich hab gar nichts, nur meinen Körper … ehrlich … Wollt ihr Liebe? Wir können uns einigen …«
    Die Schatten waren zu dritt. Sie verwandelten sich, je mehr sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten, wurden schwarze Pelzkerle, bekamen spitze Schnauzen, schmale, rötlich glühende Augen, Schnurrhaare und große Ohren…
    »Ich habe nichts, ehrlich… nur ein Messerchen, ein klitzekleines Messerchen …« Sie griff unter ihren Mantel. »Ich schenk's euch …« Sie wollte nach dem Säbel greifen, wollte ihn zücken, wollte aufspringen und auf die erste Taratze einschlagen und das Biest in Stücke hacken. Und wahrhaftig, sie sprang auf, griff nach dem Knauf des Säbels – doch sie griff ins Leere … denn da war nichts zum Greifen.
    Voller Entsetzen starrte sie auf den Griff des Säbels. Er ragte aus der Scheide an ihrem Gurt: der Knauf aus grün angelaufenem Kupfer, der Griff von schwarzen Lederriemen umflochten, die Glocke aus schwarzer Bronze. Der Säbel – da hing er an ihrer Hüfte unter ihrem Mantel, aber sie konnte ihn nicht ziehen…
    Die drei Taratzen waren bis auf sechs Schritte heran. Die erste ließ sich auf die Vorderläufe herab und bleckte die Zähne.
    … sie konnte nicht ziehen, sie konnte nicht einmal den Griff berühren, jedenfalls nicht mit den Fingern ihrer rechten Hand.
    Da
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher