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159 - Der Dämon und die Besessene

159 - Der Dämon und die Besessene

Titel: 159 - Der Dämon und die Besessene
Autoren: A.F.Morland
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mein Gefühl verlassen«, bemerkte ich.
    »Und was sagt es dir diesmal?«
    »Daß Shelley Robinson Hilfe braucht, obwohl sie das nicht zugibt.«
    »Was gibt es da noch zu überlegen?« fragte Mr. Silver. »Ich bin dafür, daß wir uns um das Mädchen kümmern.« Er holte Shavenaar, das Höllenschwert, aus dem Safe. Ganz kurz zogen sich seine Augenbrauen zusammen, und er starrte die geschwungene Klinge gebieterisch an. »Du tust, was ich will, und sonst nichts!« knurrte der Ex-Dämon. Diese Worte galten nicht mir, sondern der lebenden Waffe, die gern selbständig gewesen wäre.
    Wenn ich Shavenaar in die Hand nahm, merkte ich nichts davon, aber wahrscheinlich hatte ich keine so sensible Antenne wie mein Freund.
    Vieles hätte sich geändert, wenn wir es geschafft hätten, aus dem Höllenschwert eine rein weiße Waffe zu machen, damit kein schwarzer Feind mehr etwas damit anfangen konnte. Roxane, die Hexe aus dem Jenseits, suchte zur Zeit nach einer Möglichkeit, dies zu erreichen. Wir hofften, bald wieder von ihr zu hören.
    Mr. Silver hängte sich die Lederscheide, in der das Höllenschwert steckte, auf den Rücken und befahl Shavenaar, sich unsichtbar zu machen.
    Wir verabschiedeten uns von Vicky.
    »Ein neuer Einsatz?« fragte meine blonde Freundin.
    »Das steht noch nicht fest«, gab ich zurück. »Mir läßt Shelleys Anruf einfach keine Ruhe. Vielleicht ist bei ihr wirklich alles in Ordnung, dann sehen wir uns bald wieder. Wenn nicht, rufe ich dich an, damit du Bescheid weißt.«
    Vicky wippte auf die Zehenspitzen und küßte mich auf den Mund. »Sei vorsichtig, Tony.«
    »Ich paß schon auf ihn auf«, versprach Mr. Silver grinsend.
    »Und ich auf dich«, konterte ich.
    ***
    Shelley Robinson war nicht wiederzuerkennen. Sie hatte ihr Äußeres völlig verändert, kleidete sich anders als früher und trug eine rote Langhaarperücke über dem kurzen blonden Haar. Es hatte den Anschein, als wollte sie nicht mehr sie selbst sein, als wollte sie sich auch optisch von Professor Paul Robinsons Tochter deutlich distanzieren. Sie kam darüber nicht hinweg, daß sie ihren Vater nach Tibet begleitet hatte, anstatt ihn von dieser Reise mit allen Mitteln abzuhalten. Sie hatte diese verhängnisvolle Expedition mit ihm gemacht, ohne zu ahnen, was für schreckliche Folgen sie damit heraufbeschwor.
    Schwer hatte sie dafür bezahlt. Sie hatte den Vater verloren und hätte beinahe auch selbst den Tod gefunden.
    Auf dem Land, abseits vom Trubel der Großstadt, hatte sie gehofft, ihren inneren Frieden wiederzufinden, aber Netwick war dafür nicht der geeignete Ort.
    Wie hätte Shelley das wissen sollen?
    Diese ländliche Idylle war trügerisch, der Friede tückisch.
    Seit Shelley hier wohnte, hatte sie noch keine Nacht durchgeschlafen. Immer wieder wurde sie von Alpträumen gequält, und die Menschen, die in diesem unscheinbaren Dorf lebten, waren höchst merkwürdig und schienen in jedem Fremden einen Feind zu sehen. Man mied sie, ging ihr aus dem Weg, als hätte sie eine ansteckende Krankheit, sprach mit ihr nur das Nötigste, wenn es nicht anders ging. Freundschaften würde Shelley hier niemals schließen können.
    Nervös ging sie in dem Haus auf und ab, das sie möbliert gekauft hatte. Schuldbewußt sah sie immer wieder auf das Telefon, und eine innere Stimme sagte vorwurfsvoll: Du hättest Tony Ballard nicht anrufen dürfen. Er ist ein Bluthund. Wenn er einmal Blut gerochen hat, ist er von der Spur nicht mehr abzubringen.
    Sie hoffte, überzeugend genug geklungen zu haben.
    Wenn nicht, würde Tony Ballard wohl bald aufkreuzen. Wie sollte sie ihn dann wieder loswerden? Hierbleiben durfte er nicht.
    Schaudernd dachte Shelley an die Folgen.
    Obwohl mich niemand in Netwick mag, gehöre ich doch irgendwie hierher, ging es dem Mädchen durch den Kopf. Weil ich eine ganz bestimmte Voraussetzung erfülle.
    Sie begab sich zur Terrassentür und schaute hinaus, hatte einen ungehinderten Blick über ausgedehnte Wiesen und sanfte Hügel, die sich in der Ferne verloren, doch selbst wenn die Sonne vom wolkenlosen Himmel strahlte, wurde es in Netwick nicht freundlich hell. Kraft und Lebensfreude wurden aus diesem seltsamen Dorf gefiltert. Was blieb, war eine graue Tristess.
    Niemand in Netwick war glücklich, froh und unbeschwert. Die Menschen schlichen durch den Tag, als trügen sie eine schwere, unsichtbare Last auf ihren Schultern. Dadurch schien ihr Rücken demutsvoll gebeugt zu sein.
    Wem unterwarfen sie sich? Shelley hatte es noch nicht
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