Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
158 - Orguudoos Brut

158 - Orguudoos Brut

Titel: 158 - Orguudoos Brut
Autoren: Stephanie Seidel
Vom Netzwerk:
konnte von der Statue keinen Hinweis auf Persönlichkeit oder Aufgaben des fremden Gottes ableiten, und so machte sie sich schließlich daran, ihre Satteltaschen auszugraben. Es war eine schmerzhafte Arbeit, denn die Temperaturen sanken bereits dem eisigen Nachtfrost entgegen und der Schnee wurde krustig und splitternd.
    Die Barbarin fragte sich, wie viel Zeit seit dem Absturz der Androne vergangen sein mochte. Der Sturm war vorbei; die fahle Wintersonne stand tief am Himmel. Von Osten her zog eine Schattenwand auf, und es würde nicht mehr lange dauern – eine Stunde, vielleicht anderthalb –, bis die Welt in Kälte und Dunkelheit versank. Es war ratsam, vorher ein sicheres Plätzchen zu finden, denn in den Weiten der Steppe waren Raubtiere unterwegs. Aruula hatte ihre Spuren schon oft gesehen. Vor einigen Nächten war es einem besonders dreisten Tier sogar gelungen, sich am erkaltenden Lagerfeuer vorbei an die schlafende Androne heran zu pirschen. Aber zum Glück trennte sich Aruula nie von ihrem Schwert, deshalb war die Sache glimpflich ausge…
    »Mein Schwert!« Aruula fuhr aus den Bildern ihrer Erinnerung hoch wie unter einem Peitschenschlag. Die Hand der Barbarin glitt nach hinten, das lederne Geschirr entlang, in dem normalerweise ihre Waffe steckte.
    Es war leer.
    Der große Bihänder war verschwunden.
    ***
    Vor dem Kometeneinschlag am 21. Februar 2012 gab es im Randgebiet der mongolischen Steppe ein kleines, kaum bekanntes Bergbaustädtchen. Aus Sicherheitsgründen waren Touristen dort nicht sonderlich erwünscht. Sie kamen aber ohnehin eher selten, denn der Ort war unscheinbar und verharrte in segensreicher Ignoranz gegenüber der Restwelt.
    Man lebte dort still vor sich hin, arbeitete hauptsächlich für den Staat und kümmerte sich keinen Deut um ausländische Errungenschaften. Deshalb wäre auch keiner der paar Tausend Einwohner je auf den Gedanken gekommen, seine Heimatstadt könnte im fernen Westen bereits Unsterblichkeit erlangt haben – und zwar als Namensgeber, nicht etwa der Mine wegen!
    Das Städtchen hieß Karachoto. (Vorort von Terrania City; Perry Rhodan)
    Inzwischen war ein halbes Millennium vergangen. Wind, Sand und Korrosion hatten die Ruinen von Karachoto in eine amorphe, wellige Bodenmasse verformt, deren wahre Natur den Blicken verborgen blieb.
    Dass die Zerstörung der Stadt ungleich vollständiger war als die ihrer Mine und des Vorortes, lag an dem Stollengeflecht, das man seinerzeit unter den Straßen ausgetrieben hatte: Karachoto war komplett unterhöhlt gewesen und entsprechend haltlos eingestürzt.
    Den Mineneingang hatte fünfhundert Jahre lang niemand benutzt.
    Seit Kurzem war das anders.
    »Köstlich! Einfach köstlich!«, schmatzte Onnar kauend. Er saß mit sechs weiteren Tongidds an einem Lagerfeuer und genoss die Beute der letzten Jagd. Das Fleisch war saftig und kross gebraten, dafür bedankte sich Onnar bei Luuja mit einem zärtlichen Lächeln. Sie war die einzige Frau in diesem Zirkel, eine geschickte Fallenstellerin, die zudem noch sehr gut kochen konnte. Der dunkelhaarige Mann wusste das zu schätzen, und er hätte Luuja zum Weib genommen, wenn es möglich gewesen wäre.
    »Jung schmecken sie am besten«, schwärmte ein anderer Tongidd mit Blick auf die knusprigen Rippchen, die seine Schwester ihm vorgesetzt hatte. Er verbiss sich in dem knisternden Speck, warf den Kopf zurück und riss ein Stück heraus. Fett rann dem Tongidd über Lippen und Bart; er wischte es mit dem Handrücken ab und tätschelte dann seinen Bauch. »Lecker! Damit sollten wir die ganze Vorratskammer füllen!«
    Onnar leckte seine Finger ab. »So war es auch geplant, Thurr. Aber nach dem, was mit Uubin geschehen ist, sehe ich keine andere Wahl, als dieses Jagdrevier zu verlassen. Und zwar sofort.«
    Überrascht sah Luuja auf. »Du willst weiterziehen? Einfach so?« Die Empörung der jungen Frau war nicht zu überhören.
    Sie klang nach Verdruss, und Onnar duckte sich unwillkürlich.
    »Luuja«, hob er vorsichtig an, »es ist gefährlich hier! Wir haben die Siedler falsch eingeschätzt. Wir dachten, sie wären wie ihre Vorgänger – ruhige, einfache Bauern, die keine Probleme machen. Aber was da jetzt wohnt, ist ein ganz anderer Schlag!«
    »Stimmt«, sagte Thurr zwischen zwei Bissen.
    Onnar stutzte. Dann fuhr er fort, an Luuja gerichtet: »Ich weiß, du hast Uubin sehr geliebt. Wir alle haben ihn sehr geliebt. Aber es wäre unerträglich für mich, noch jemanden zu verlieren. Ihr seid meine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher