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158 - Orguudoos Brut

158 - Orguudoos Brut

Titel: 158 - Orguudoos Brut
Autoren: Stephanie Seidel
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hätte jemand erschrocken aufgeschrien und sich dann schnell den Mund zugehalten. Aruulas Blick wanderte suchend über die dunklen Ruinen. In Lagtai war nichts zu sehen und nichts zu hören außer den wispernden Schneeflocken. Am Dorfrand aber… die Barbarin ruckte hoch. Still und verlassen ragte der Baum des Todes aus dem Dämmerlicht, und davor – stand eine kleine Gestalt.
    ***
    Früher Nachmittag, in Karachoto
    »Wir sind durch!« Maan wischte sich den Schweiß von der Stirn und nickte froh. Zwei seiner Brüder räumten noch das letzte Gestein weg, während sich die anderen für einen Moment erschöpft auf den Boden setzten.
    Die Tongidds hatten es geschafft, die Blockade im Stollen zu durchbrechen. In dem zertrümmerten Felsen klaffte eine Passage, breit genug, um Uubins Körper hindurch zu tragen.
    »Weißt du, was wir machen könnten?« Rrodan beugte sich vor, um eine frische Fackel an Onnars verlöschender zu entzünden. Er zeigte in den Stollen. »Da sitzt eine Menge Gold an den Wänden – wie wäre es, wenn wir was davon abbauen und dem Kleinen mit ins Grab legen?«
    »Gute Idee.« Onnar nickte. »Dafür brauchen wir aber mehr Fackeln. Ich hole welche!«
    Ächzend stand er auf. Die anderen gingen in den frei gelegten Tunnelabschnitt. Maan war der Einzige, der merkte, dass Onnar sich nicht vom Fleck rührte.
    »Was ist los?«, fragte er leise und legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter.
    Onnar sah ihn an. Tränen schimmerten in seinen Augen. »Es ist meine Schuld, dass Uubin tot ist«, sagte er erstickt. Maan wollte protestieren, doch der Tongidd winkte ab. Er sprach noch einmal über die letzte Jagd, den kapitalen Fang und davon, was am Ende alles schief gegangen war.
    »Ich war mir so sicher!« Onnar fuhr sich über die Augen.
    »Luuja hatte ihn doch in die Falle gelockt – sie kann das so gut! Was haben wir falsch gemacht?«
    Maan kratzte sich am Kopf. »Keine Ahnung. Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Hätte ich wenigstens die Abfälle vergraben!«, sagte Onnar verzweifelt. »Luuja hat Recht: Man darf nichts herumliegen lassen. Wenn ich auf sie gehört hätte, wäre das alles nicht passiert.«
    »Lass es gut sein, Bruder!« Maan klopfte dem Älteren auf die Schulter. »Es lag nicht an dir, und es lag nicht an den Abfällen! Normalerweise sind ja auch sofort die Aasfresser da. Wir hatten auf dieser Jagd einfach Pech, Onnar, das ist alles.«
    Er wandte sich dem hinteren Stollenabschnitt zu. Jenseits der Barrikade ertönte eifriges Hämmern und Klopfen. Soeben brannte eine weitere Fackel aus, und Maan sah in ihrem letzten Flackern, wie eine einzelne schwarze Staubfahne aus dem Loch in der Tunneldecke fiel. Er hob den Kopf, doch er konnte nichts erkennen.
    »Wir brauchen mehr Licht!«, sagte er und setzte sich in Bewegung. Onnar nickte stumm. Dann ging er ebenfalls los, allerdings in die andere Richtung. Luuja bewahrte Fackeln in ihrer Vorratskammer auf, dort wollte er hin.
    Nach einigen Schritten runzelte Onnar die Stirn. Was knisterte da so merkwürdig? Ein paar Schritte weiter, dann wurde der Tongidd langsamer und blickte nachdenklich über seine Schulter. Irgendwo knackte etwas wie brechender Stein!
    Onnar hielt an und drehte sich um. Er sah Rrodan und Ennark im erleuchteten Tunnelabschnitt; sie schlugen Gold von den Wänden und schienen nichts zu hören. Sie bemerkten auch nicht den kurzen prasselnden Steinchenschauer, der mit einer Staubwolke über der Barrikade niederging. Onnars Blick wanderte hoch zu dem gähnenden Loch in der Decke. Ein Stein fiel heraus, sprang und hüpfte die Kanten der Barrikade herunter und rollte dem Tongidd vor die Füße.
    Das Knistern nahm zu. Inzwischen hatte Rrodan den älteren Bruder entdeckt und fragte sich, warum dieser noch immer im Stollen stand. Deshalb eilte er näher. Ahnungslos.
    In der Decke begann es zu rumpeln, und ein Zittern ging durch den Boden. Onnar sah die Steine, die auf die Barrikade trafen, sah seinen Bruder, der auf die Barrikade zulief, und riss entsetzt die Hände hoch.
    »Nein!«, schrie er. »Zurück! Rrodan, zurück!«
    Dann brach Orguudoos Hölle los. Mit ohrenbetäubendem Donnern kamen gewaltige Brocken aus der Decke, begleitet von Geröllkaskaden, und krachten zersplitternd auf den Boden.
    Plötzlich war kein Licht mehr da, keine Luft, kein Platz.
    Onnar taumelte mehr, als er rannte, eine ausgestreckte Hand zur Orientierung an der Stollenwand. Steine trafen ihn am Rücken und knallten an seinen Schutzhelm. Der Tongidd rang nach Luft,
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