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1562 - Bastion des Bewahrers

Titel: 1562 - Bastion des Bewahrers
Autoren: Unbekannt
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Frau, die er liebte. In dem, was er für Gesil empfand, war kein Platz für Gelassenheit. Um so brennender war der Schmerz, den ihm der Gedanke verursachte, Gesil könnte ihm den Rücken zugewandt haben. Ihr ursprüngliches Anliegen, die Identität des Wesens zu ermitteln, das mit ihr zusammen Monos gezeugt hatte, war begreiflich gewesen. Es war ihm nicht leichtgefallen, von Gesil Abschied zu nehmen, aber er war sicher gewesen, daß die Trennung nur kurze Zeit dauern würde. Und jetzt? Hatte sie ihr Ziel nicht schon längst erreicht? Wußte sie nicht schon seit geraumer Zeit, wer der Vater des Tyrannen Monos war? Warum war sie nicht zurückgekehrt? Was hielt sie noch in Truillau?
    Es gab auf diese Fragen ein paar durchaus plausibel klingende Antworten, mit denen sich der Schmerz de Ungewißheit vorübergehend dämpfen ließ. So war es zum Beispiel ohne weiteres denkbar, daß Gesil gegen ihren Willen in Truillau festgehalten wurde. Sie war die Gefangene des Bewahrers und hatte keine Möglichkeit, in die Milchstraße zurückzukehren. Oder sie hatte, obwohl sie sich an Bord des Residenzschiffes des Bewahrers aufhielt, Monos' Vater noch immer nicht gefunden und wollte nicht umkehren, ehe sie die Suche erfolgreich abgeschlossen hatte.
    Es gab viele denkbare Erklärungen, und es mochte durchaus sein, daß eine darunter war, die der Wirklichkeit entsprach. Trotzdem blieb im Hinterrund des Bewußtseins nagender, bohrender Zweifel.
    Eirenes Verhalten war leichter zu erklären. Oder war es vielleicht nur deswegen eher begreifbar, weil die Abkehr der Tochter weniger schmerzte als der Verlust der Lebensgefährtin? In Eirenes Seele kämpften zwei Gefühlsströme miteinander: der kosmokratische der Mutter mit dem vom Vater ererbten terranischen.
    Unter diesem Zwiespalt hatte Eirene einen Gutteil ihres bisherigen Daseins gelitten. In ihrer Kindheit war sie ein kleines Ungeheuer gewesen, begabt mit paranormalen Kräften, die sie wahllos und ohne erkennbare Skrupel einsetzte. Später hatten die Parafähigkeiten nachgelassen und waren schließlich ganz verschwunden. Eirene schwieg sich über solche Dinge aus. Deswegen wußte man nicht, ob sie die parapsychischen Begabungen tatsächlich verloren hatte oder lediglich darauf verzichtete, sie weiterhin anzuwenden. Ab vierzehn war sie jedenfalls ein ganz normaler Teenager gewesen, wie man auf der Erde gesagt hätte: leicht zu begeistern, an allem interessiert, was um sie herum vorging, meistens freundlich, manchmal ein wenig störrisch, auf jeden Fall aber ein Menschenkind, mit dem man ohne Mühe zurechtkam.
    Erst als sie Verbindung mit den Nakken aufnahm, hatte sich ihr Verhalten zu ändern begonnen. Sie fing an, ihr terranisches Erbe zu verleugnen. Sie wollte nicht mehr wie ein Mensch der Erde sein. Es hatte nichts damit zu tun, daß sie etwas Besseres zu sein behauptete.
    Sie wollte einfach anders sein. War es die Kraft ihrer Einbildung, war es irgendeine mutantische Fähigkeit, die sie mit sich herumschleppte: Zum Schluß hatte sie mit dem Streifen lederartiger Haut im Nacken unter Beweis stellen können, daß sie im Begriff war, zum Nakken zu mutieren.
    Es könnte nur damit zu tun haben, daß das kosmokratische Erbe in Eirenes Bewußtsein die Oberhand über das terranische gewonnen hatte. Eirene wollte kein Erdenmensch mehr sein und versuchte deshalb, sich mit der erstbesten Spezies zu identifizieren, der sie sich in geistiger und weltanschaulicher Hinsicht verwandt fühlte. Perry Rhodan hatte Verständnis für die Verhaltensweise seiner Tochter.
    Man konnte begreifen, daß ein Wesen, das nicht wußte, wohin es gehörte, sich an Zielen und Vorbildern orientierte, die möglichst weit von der Vorstellungswelt des Volkes entfernt waren, mit dem es nichts mehr zu tun haben wollte. Was ihn schmerzte, war die unverhohlene Bitterkeit, mit der Eirene ihre Abkehr von der Spezies homo sapiens galacticus vollzog. Sie verstand es begreiflich zu machen, daß man ihr schweres Unrecht angetan hatte, indem man sie zur Erdenbürgerin erzog.
    Noch einmal glitt Perry Rhodans Blick über die letzten Sätze seines heutigen Tagebucheintrags. „Oder bin ich ein Narr, der Hirngespinsten nachjagt?" las er. „Ich weiß es nicht. Man wird sehen", sagte er entschlossen. Die Handbewegung galt dem Servo. „Ende der Aufzeichnung. Speichern."
    Sieben neue Worte erschienen auf dem Textbild, und hinter dem letzten flimmerte das ETX-Symbol. Eine halbe Minute später erlosch die Bildfläche. Aber die optische Ruhe
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