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1557 - Die Bionten von Drumbar

Titel: 1557 - Die Bionten von Drumbar
Autoren: Unbekannt
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der Cantaro hinausging. In erster Linie gehörte dazu die Nahrung.
    Der Ertrag der Äcker war so angewachsen, daß sie einen zusätzlichen Silo benötigten. Natürlich, sie hätten als Lagerplatz auch die leerstehenden Hütten verwenden können. Denn davon gab es eine Menge in Ybor, weil nur ein gutes Viertel der Ausgangsbevölkerung überlebt hatte. Aber zum erstenmal hatten sie ein größeres Bauprojekt aus völlig eigener Kraft in Angriff genommen.
    Nur für die Verkleidung war Kunststoff vorgesehen, der Rest entstand aus hartem Holz.
    Faragit hatte sich hingehockt und schaute von einem Felsen aus auf das Gerüst. Oben fehlte noch ein Ring aus Balken, dann hatten die Rippen Halt. Und obwohl im Zeughaus noch eine Menge High-Tech-Geräte lagerte, betrachtete er den Silo als die größte Errungenschaft von Ybor. Diesen Silo hatten sie, die Bionten von Drumbar, allein gebaut, aus eigener Kraft.
    Geräusche schreckten ihn aus der Versunkenheit.
    Da hinten kamen die Arbeiter zurück.
    Eine seltsame Prozession löste sich aus dem Schatten der nahen Gebäude. Darunter waren Wesen jeder Erscheinungsform. Das Gros ging auf humanoide Gene zurück, soviel konnte man sehen. Aber die Gentechniker der Cantaro hatten ihrer Experimentierfreude freien Lauf gelassen.
    Manche der Bionten liefen auf drei oder mehr Beinen, andere waren blind und dünn wie Zweige, dafür jedoch mit sensiblen Greiflappen anstelle der Hände ausgestattet. Ein paar verfügten über mindestens ein Dutzend Augen – und bei solchen Bionten wußte Faragit nie, ob er gerade angesehen wurde oder nicht. Übrigens trugen mindestens zehn Prozent der Handwerkerschar deutlich sichtbar Narben. Vor kurzer Zeit hatten sie unter der Ausrüstung im Zeughaus auch ein mobiles Medocenter entdeckt. Ein paar der Bionten verfügten über medizinische Ausbildung, so daß manche der schlimmsten Entstellung seitdem beseitigt werden konnten.
    Dabei ging es nicht um Kosmetik, sondern um humanitäre Hilfe.
    Die Cantaro hatten keineswegs nur sinnvolle Mutationen geschaffen.
    Was nützte beispielsweise eine Hand, die aus einem Fußballen hervorwuchs? Oder so fein verästelte Fingerbündel, daß sie fast nicht bewegungsfähig waren? „An die Arbeit, Leute!" rief er laut. „Und kümmert euch zuallererst um das obere Gebälk! Ich will nicht, daß der ganze Kram zusammenkracht!"
    Die Bionten winkten fröhlich. Vorsteher Faragit sah noch eine Weile zu, wie die besten Kletterer mit ihren vielen Gliedmaßen am Holz emporglitten, dann machte er sich auf den Weg ins Rathaus.
    Dort warteten bereits die Ertruser. Sie alle hatten sich versammelt, und Mic und Garvas führten die Horde an. „Wir haben alles noch einmal nachgesehen, Vorsteher. Die beiden sind verschwunden."
    „Bitte, Vorsteher", flüsterte ein anderer der sanften Riesen. „Ja! Wir müssen sie wiederfinden. Lal und Wieking haben sich auch immer um uns gekümmert."
    Seufzend senkte der Vorsteher den Kopf, hob dann den Blick und schaute die Ertruser von unten an. „Na gut."
    Faragit gab sich geschlagen. Er ließ mehr als dreihundert Bionten von den Feldern rufen und organisierte einen Suchtrupp. Stundenlang kämmten sie mit Unterstützung aus der Luft die Umgebung diesseits des Flusses durch. Kein Haus in Ybor blieb unbehelligt, kein einziges Zimmer. Er nahm sogar persönlich das acht Kilometer entfernte Zeughaus unter die Lupe. Nichts. Am nächsten Tag ließ er die Suche fortsetzen – doch als auch das ohne Ergebnis geblieben war, begann Vorsteher Faragit, sich ernste Sorgen zu machen.
    Zwei Ertruser konnten nicht einfach verlorengehen. Selbst, wenn eine Meute Drumbar-Hunde die beiden angefallen hätte – was im Grunde ausgeschlossen war – sie hätten von einer solchen Riesenmahlzeit Reste zurückgelassen.
    Er wußte, daß es dumm war, aber Faragit fühlte sich für die beiden Verschwundenen verantwortlich. Er war der Vorsteher von Ybor.
    Wenn er nicht für die Sicherheit seiner Bionten garantieren konnte, wer dann?
    Konnte es dann überhaupt jemand?
    Und das schlimmste für ihn persönlich war, daß niemand ihm jetzt zur Seite stand. Bis vor fünf Jahren hätte er noch immer mit Ruuba reden können, der Klon-Arkonidin. Aber seit seine Lebensgefährtin gestorben war, seit den Tagen der Seuche, hielt er zu allen anderen mehr Distanz. Die Liebe, die er für Ruuba empfunden hatte, verteilte Faragit nun gleichmäßig auf alle Bewohner der Siedlung. Ruuba. Verdammt. Aber die Gesundheit aller Bionten war nun einmal angeschlagen.
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