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1548 - Orbit im Nichts

Titel: 1548 - Orbit im Nichts
Autoren: Unbekannt
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Sachverständigen. Binnen weniger Sekunden wußte er, daß seine Intuition ihn nicht getäuscht hatte. „Haben wir dich, Bürschchen!" murmelte er im Selbstgespräch. „Jetzt mach dich auf etwas gefaßt!"
     
    *
     
    Dann stutzte er.
    Er war so fest überzeugt gewesen, die Saboteure könnten es nur auf die Verwüstung von Daten und Programmen abgesehen haben, daß das, was er bei näherem Hinschauen zu sehen bekam, ihn über alle Maßen verwirrte. Viren von der Art, wie er sie zu finden erwartet hatte, sprangen wahllos hin und her, überschrieben hier ein Datenfeld, löschten dort eine Instruktion, produzierten fehlerhafte Statussignale und bauten Interrupts, die in ausweglose Fallen führten.
    Hier aber war ein Systematiker am Werk. Von Wahllosigkeit des Vorgehens konnte keine Rede sein. Hier war einer, der etwas ganz Bestimmtes suchte: Daten, eine Routine, einen Algorithmus. „Ich erkenne jetzt die Anzeichen fremder Aktivität", erklärte in diesem Augenblick die Zentraleinheit. „Aber die Hypothese, daß Computerviren ins System eingeschleust wurden, läßt sich angesichts der Daten, die mir vorgesetzt werden, nicht halten."
    „Ich weiß", knurrte Myles Kantor, den das Jagdfieber nun noch ärger in den Klauen hatte als zuvor. „Da ist einer, der voller Verzweiflung nach etwas sucht. Ich will wissen, was er sucht. Analysiere die Daten unter diesem Blickwinkel."
    „Analyse beginnt", sagte die Zentraleinheit. „Halt, noch etwas!" rief Myles. „Läßt sich feststellen, woher der Fremde kommt?"
    „Nein. Ich kann lediglich erkennen, daß es sich nicht um einen systeminternen Benutzer handelt.
    Er kommt von außen, aber wo sich sein Arbeitsplatz befindet und auf welchem Weg er zugreift, kann ich nicht erkennen."
    Myles Kantor begriff. Der Multisyntron war eigens für dieses Projekt eingerichtet worden.
    Benutzer, die nicht am Projekt arbeiteten, hatten keinen Zugriff zum System. Das war die Vorschrift. Aber Vorschriften ließen sich umgehen. Myles Kantors Computersystem lebte nicht als Eremit in einer Welt vernetzter Syntrons. Der Multisyntron war, obwohl man ihn nur für diesen einen, wohldefinierten Zweck installiert hatte, selbst Bestandteil des Netzes. Zwar durfte ihn niemand benützen, der sich nicht als Mitglied des Projekt-Teams ausweisen konnte, aber der Syntron seinerseits war, wenn er sich seiner Aufgabe in der gewünschten Weise entledigen sollte, darauf angewiesen, Zugriff zu den Datenbeständen anderer Systeme zu haben.
    Myles Kantors Computersystem hatte uneingeschränkten Zutritt zu der Welt ringsum, aber der Welt ringsum war aufgegeben, Myles’ System in Ruhe zu lassen. Die Kanäle, die den Multisyntron mit dem Rest des syntronischen Universums verbanden, waren Einbahnstraßen. Aber wie auf herkömmlichen Einbahnstraßen fand sich auch auf diesen hin und wieder einer, der sich in der falschen Richtung bewegte. Der, mit dem es Myles Kantor in dieser Nacht zu tun hatte, handelte in voller Absicht. Er war ein Experte. Um ins Innere des Systems zu gelangen, mußte er die tiefgestaffelten Sicherheitsvorkehrungen eine nach der anderen umgehen.
    Das mußte dem Saboteur anstandslos gelungen sein. Nur so konnte es geschehen, daß das System von der Anwesenheit eines Fremden in seinen hundertfach geschützten Daten- und Programmbereichen nichts wußte.
    So erklärte sich, daß die Zentraleinheit nicht ermitteln konnte, an welchem Ort der Unbekannte seinen Arbeitsplatz hatte und auf welchem Weg er in Myles Kantors multisyntronisches System eingedrungen war.
    Aber die Hoffnung brauchte man deswegen noch lange nicht aufzugeben. Der Saboteur würde die Resultate, die sein Programm erzielte, sehen wollen. Das Programm, das er über eine der vielen Einbahnstraßen in Myles’ Computer geschleust hatte, würde damit enden, daß die gesammelten Informationen an eine auswärtige Adresse übermittelt wurden, von der der Unbekannte sie jederzeit abrufen konnte. An dieser Stelle mußte man zupacken! Dort fand man einen Hinweis auf den Ort, an dem man den Saboteur fassen konnte.
    Oder, überlegte Myles, besser noch ...
    Die Umrisse eines Planes entstanden in seinem Bewußtsein. Seine Gedanken konzentrierten sich darauf mit einer Ausschließlichkeit, wie sie üblicherweise nur ein Besessener zu entwickeln vermochte. Es geschah des öfteren, daß Myles in dieser Weise arbeitete: seine Umgebung vergessend, die gesamte Kraft des Bewußtseins nur auf das Problem gerichtet, das vor ihm lag. Das war die große Schwäche des
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