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154 - Die Macht der Nosfera

154 - Die Macht der Nosfera

Titel: 154 - Die Macht der Nosfera
Autoren: Bernd Frenz
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Operation durchführen, ohne Narkose und bei Kerzenschein.«
    »Uninteressant«, beschied ihr der Verräter herablassend.
    »Dafür gibt es von mir keinen einzigen Milliliter.«
    Agnes sah verzweifelt auf den größten persönlichen Schatz, der ihr nach dem EMP verblieben war und der sie doch keinen Schritt weiter brachte. Traurig steckte sie den Kasten wieder weg. »Ich weiß, wo Äxte, Brennstoff und Decken eingelagert sind«, startete sie einen neuen Versuch, doch ein höhnisches Auflachen ließ sie kleinlaut verstummen.
    »Ist das Ihr Ernst, Frau Kollegin?«, machte Kullpin die Demütigung perfekt. »Was glauben Sie wohl, wie viel von diesem Plunder sich schon in unseren Verstecken stapelt? Aber keine Sorge. Sie haben etwas, das mir gefällt.«
    Agnes wusste, wovon er sprach. Seine Vorlieben hatten sich längst herumgesprochen.
    Es ekelte sie an, als er die Konturen ihres Gesichts mit den Fingerspitzen nachzeichnete, doch sie ließ ihn gewähren. Um des Serums willen, das sie so dringend brauchte.
    »Kommen Sie doch herein«, bat Kullpin mit scheinheiliger Freundlichkeit. »Drinnen finden wir schon einen Weg, uns zu einigen.«
    Er nötigte Agnes vorzugehen, schloss sich ihr aber auf dem Fuße an. Sobald sie Dunkelheit umgab, fühlte sie seine Hand über ihren Po gleiten. Auch das ertrug sie ohne ein Wort des Protestes.
    Brennende Kerzen, die einen um zwei Ecken führenden Gang ausleuchteten, wiesen ihr den Weg. Kullpins warmer Atem saß ihr die ganze Zeit im Nacken, bis sie einen großen Raum erreichten, den die Amerikaner seinerzeit als abhörsicheren Konferenzraum genutzt hatten.
    Kullpins Spießgesellen – Ratloslav, Volodymyr und Lubov – lungerten dort erwartungsgemäß herum. Sie tranken vergorenen Honigwein und waren schon ziemlich betrunken.
    Agnes' Anblick ließ ihre Augen aufleuchten.
    »Seht nur, wer uns die Ehre erweist«, heizte Kullpin ihre Aufmerksamkeit an. »Unsere alte Chefin! Und ihr werdet es nicht glauben, die alte Kratzbürste ist richtig anschmiegsam geworden.«
    Erneut langte er nach ihrem Gesicht, doch diesmal war es ihr zu viel. Sie wich zurück und er griff ins Leere.
    Ratloslav und die anderen lachten, aber nicht aus Freude über Kullpins Missgeschick. Es war ein tückisches, lauerndes Lachen, dem die Freude über das, was noch bevorstand, innewohnte.
    »Nanu, plötzlich wählerisch geworden?« Kullpins grinste so breit, dass sein Zahnfleisch sichtbar wurde. »Ich muss dir wohl erst mal zeigen, was auf dem Spiel steht.«
    Er ging zu einer verchromten Metallkiste, die inmitten des kahlen Raumes stand. Mit einem lässigen Tritt sprengte er den Deckel in die Höhe, der scheppernd seitlich zu Boden rutschte.
    Auf diese Weise wurden mehrere Schichten prall gefüllter Serumsbeutel sichtbar.
    Agnes spürte, wie ihr Puls beschleunigte.
    »Na, wie ist es?«, fragte Kullpin. »Möchtest du einen davon haben?«
    Sie nickte.
    Grinsend kam der Verräter näher. »Los, knie dich hin«, verlangte er.
    Agnes zögerte nicht lange, sondern kam der Aufforderung nach. Ratloslav und die anderen johlten.
    Kullpin schwieg dagegen. Ein tückisches Funkeln in den Augen, trat er vor sie hin, packte sie an den Haaren und zwang ihren Kopf in den Nacken.
    »Sehr schön«, stieß er heiser hervor. »Genau so wollte ich dich schon immer sehen, du arrogante Schlampe.« Sein Gesicht war kaum noch wieder zu erkennen. Der bescheidene, meist ein wenig hilflose Ausdruck, den sie von ihm kannte, schien einer vollkommen anderen Person zu gehören.
    »Hast dich immer für was Besseres gehalten, häh? Hast immer gedacht, dass ich unter deinem Niveau bin, was? Aber jetzt sieht die Sache anders aus.«
    In den Jahren ihrer Zusammenarbeit hatte sich ihr Kullpin nie zu nähern versucht, ja noch nicht mal eine Einladung zum Essen ausgesprochen. Agnes hatte ihn immer für einen harmlosen Kerl gehalten, der keiner Frau etwas zu Leide tun konnte. Bei dem Gedanken, dass er sich wirklich schon seit Jahren ausmalte, ihr Gewalt anzutun, wurde ihr ganz schlecht.
    »Denk einfach an das Serum«, höhnte er weiter, »und gibt dir gefälligst ordentlich Mühe.«
    Während er mit einer Hand weiter an ihren Haaren zerrte, begann er mit der anderen an seiner Hose zu nesteln. In seiner Aufregung hörte er nicht das Scharren, das im Gang laut wurde.
    »Ich war schon zweimal hier«, sagte Agnes, um das Gespräch in Gang zu halten. »Gestern und vorgestern. Aber da schien alles wie ausgestorben.«
    Ratloslav und die anderen lachten schadenfroh.
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