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1510 - Der Hexenbrunnen

1510 - Der Hexenbrunnen

Titel: 1510 - Der Hexenbrunnen
Autoren: Jason Dark
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abfinden. Er hatte sich wieder gedreht und das zur rechten Seite. Er schaute mich jetzt an. Im grauen Licht sah ich sogar, wie sich sein Gesicht zu einem Grinsen verzog.
    »Was hast du für einen Spaß?«
    »Gar keinen, John«, presste er zwischen zwei Atemzügen hervor. »Ich versuche nur, meine Fesseln loszuwerden.«
    »Und wie?«
    Jetzt erst fiel mir auf, dass sich sein Körper in einem bestimmten Rhythmus bewegte. Er schwang hin und her, und plötzlich weiteten sich meine Augen. Jetzt sah ich, was er da tat. Er war sehr dicht an das steinerne Podest gerückt und rieb das Material, mit dem seine Hände gefesselt waren, an der scharfen Steinkante entlang.
    Würde er Erfolg damit haben?
    »Wie weit bist du?«
    »Warte es ab.«
    Es war gut, dass er so reagiert hatte. Suko hatte eben einen härteren Schädel als ich. Er war früher wach geworden. Er hatte sich eher fangen können und dachte überhaupt nicht daran, sich aufzugeben. Unablässig rieb er die Klebestreifen gegen die Steinkante.
    »Ich denke, dass es klappt, John.«
    »Dann mach weiter.«
    Ich unternahm noch keinen Versuch in dieser Richtung. Ich wollte erst meinen Kreislauf wieder einigermaßen im grünen Bereich haben, denn wenn ich mich zu schnell bewegte, erfasste mich wieder der Schwindel, sodass ich Mühe hatte, in meiner sitzenden Haltung zu bleiben.
    Dass mir der Schweiß in Strömen über das Gesicht rann, nahm ich nur wie nebenbei wahr. Hin und wieder bewegte sich noch die graue Innenwand unseres Gefängnisses.
    »Es geht immer besser, John. Du wirst es kaum glauben, aber der erste Klebestreifen ist gerissen. Noch nicht alle, aber du kannst Hoffnung haben.«
    »Danke.«
    Irgendwann würde man uns holen, das stand fest. Und wenn Quinlain hier auftauchte und möglicherweise seine Hexen mitbrachte, wollte ich nicht mehr gefesselt sein.
    Suko kämpfte weiter mit den Tücken des Klebebands. Er rieb jetzt heftiger, und sicherlich ging auch das eine oder andere Stück Haut in Fetzen.
    Ich hörte ihn keuchen, auch mal knurren und wusste, dass er sich selbst anspornte. Und praktisch als Finale vernahm ich den leisen Ruf, in dem Triumph mitschwang.
    »Hast du es geschafft?«
    »Weg ist das Zeug.«
    »Super.«
    Suko blieb noch sitzen und zerrte die letzten Streifen von seinen Handgelenken.
    Dann holte er ein Taschentuch hervor, wischte damit über seine Gelenke, und ich wusste, dass der helle Stoff danach blutig aussehen würde.
    Suko stand auf. Aber auch er hatte noch mit den Folgen des Niederschlags zu kämpfen, deshalb vermied er jede ruckartige Bewegung. Und so schwankte er auch nicht, als er auf den Beinen stand und abwartete, weil er sich wieder fangen wollte.
    Natürlich war ich ungeduldig, weil ich endlich auch die Klebebänder loswerden wollte.
    Suko kam zu mir. Er kniete sich vor mich hin und sagte: »Das darf nicht zur Gewohnheit werden. Es muss die Ausnahme bleiben.« Ein kleines Taschenmesser war ihm geblieben, und dessen Klinge war so scharf, dass sie das Klebeband zerschneiden konnte.
    Suko ging vorsichtig zu Werke. Er schaffte es tatsächlich, dass ich ohne Schnittwunden davonkam und plötzlich merkte, wie meine Hände anfingen zu brennen, als das gestaute Blut endlich wieder freie Bahn hatte und durch die Adern strömen konnte.
    Das würde vorbeigehen, ich kannte das.
    Ich streckte Suko die Linke entgegen.
    »Hilf einem alten Mann mal auf die Beine, aber sei vorsichtig dabei.«
    »Nur weil du es bist.«
    Wenig später war ich froh, Suko in meiner Nähe zu haben. Ich hatte mich gegen ihn gelehnt und über seine Schulter geschaut. Mein Blick war dabei auf das Fenster gerichtet, und ich glaubte, hinter dem kleinen Viereck eine huschende Bewegung gesehen zu haben.
    Als ich erneut hinschaute, sah ich nichts mehr. Außerdem war ich mit mir selbst zu stark beschäftigt. Es war gar nicht so leicht, die ersten Schritte zu gehen, ich war noch recht wacklig auf den Beinen.
    Wenig später bewegte ich mich allein. Suko schaute mir zu und sah, dass ich mir den Nacken rieb.
    »Hat es dich da erwischt?«
    »Ja.«
    »Mich auch, und da können wir froh sein. Wenn er unsere Köpfe getroffen hätte, sähe es schlimmer aus.«
    Gleichzeitig kam uns der Gedanke an Justine Cavallo.
    Was war mit ihr? Welchen Plan verfolgte sie?
    Keiner von uns glaubte, dass es sie auch erwischt hatte. Wenn sie also frei herumlief, warum hatte sie uns dann nicht befreit?
    Oder hatte sie befürchtet, dass sie auch in eine Falle laufen würde?
    Als wir darüber sprachen, waren wir
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