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151 - Der Barbarenfürst

151 - Der Barbarenfürst

Titel: 151 - Der Barbarenfürst
Autoren: A.F.Morland
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Reittier des Silbermädchens. Otuna hatte es nicht festgebunden.
    Es drehte den gehörnten Schädel in meine Richtung und schaute mich mit großen, schwarzen, feindseligen Augen an. Würde es mich aufsteigen lassen?
    Draußen hätte der Boden eigentlich mit silbernem Hagel bedeckt sein müssen, doch das war nicht der Fall. Diese lebensgefährlichen Geschosse, mit denen uns der Himmel bombardiert hatte, hatten sich – wie gewöhnliche Hagelkörner – in Wasser aufgelöst.
    Vieles war hier anders als auf der Erde, damit mußte ich mich abfinden. Ich streckte ganz vorsichtig die Hand nach den Zügeln aus, die lose herabhingen.
    »Ruhig«, sagte ich leise. Das Tier spitzte die Ohren. »Ganz ruhig. Ich tu’ dir nichts, bin dein Freund. Du hast mich schon einmal auf dir reiten lassen. Erinnerst du dich? Du bist ein schönes, starkes Tier, gerade richtig für mich.«
    Meine Worte schienen das Reittier zu beruhigen. Die Laute, die es von sich geben konnte, lagen zwischen Wiehern und Knurren.
    Ich hoffte, daß es Otuna damit nicht herbeirief.
    Meine Finger berührten die Zügel. Als ich die Hand schloß, hob das Tier den Kopf und riß damit die Zügel hoch.
    »Hab keine Angst«, sagte ich besänftigend. »Es geschieht dir nichts. Du bringst mich von hier fort, und ich schenke dir die Freiheit. Dann kannst du laufen, wohin du willst. Gefällt dir das nicht? Möchtest du nicht frei sein?«
    Das Tier stampfte nervös und wich zurück. Ich folgte ihm nicht sofort, weil ich befürchtete, daß es dann die Höhle verlassen würde.
    Wieder versuchte ich mit sanften Worten sein Vertrauen zu gewinnen. Aber viel Zeit hatte ich nicht, denn lange würde Otuna nicht mehr fortbleiben.
    Ich bewegte mich wie in Zeitlupe, zeigte dem Tier meine Handflächen.
    Seine Nüstern bebten. Ich war ein fremdes Wesen auf der Silberwelt. Wahrscheinlich haftete mir ein Geruch an, der das Reittier irritierte.
    Solange Otuna dabei war, hatte das gehörnte Tier nichts gegen mich, aber allein war ich ihm nicht geheuer. Ich griff nicht wieder nach den Zügeln, sondern legte meine Hand auf seinen muskulösen Hals.
    Das Reittier schnaubte leise.
    Ich ließ die rechte Hand am Hals und beugte mich behutsam vor.
    Diesmal bekam ich die Zügel zu fassen. Das Tier hob zwar sofort den Kopf, aber ich ließ die Zügel nicht los.
    Da stieß das blöde Tier dieses Gemisch aus Wiehern und Knurren aus. Ich hatte nur noch die Wahl, zu Fuß abzuhauen oder mich unverzüglich auf seinen Rücken zu schwingen.
    Ich entschied mich für letzteres.
    Doch es blieb bei der Absicht, denn in dem Moment, als ich mich abstieß, landete eine Hand hart auf meiner Schulter und riß mich herum. Ich sah Otuna. Sie war zu Silber erstarrt und hämmerte mir ihre Silberfaust wütend ans Kinn. Wie vom Blitz getroffen brach ich zusammen.
    Meine Flucht war gescheitert, bevor sie begonnen hatte.
    ***
    Cardia, die Seelenlose – ihre Seele befand sich in Sammeh, ihrem kleinwüchsigen Sohn –, starrte die schwarz gepanzerten Männer entgeistert an. Sie gehörten zu Ronsidors wildem Haufen. Ein ganzes Dorf hatten sie erbarmungslos ausgelöscht. Kein Stein befand sich mehr auf dem andern. Unter den Trümmern lagen Tote – Männer, Frauen und Kinder. Alle waren von Ronsidors Meute niedergemetzelt worden. Nur die jungen hübschen Mädchen hatte man verschont und mitgenommen. Sie würden eine Weile von Hand zu Hand gehen und zum Schluß mit Sicherheit auch ihr Leben verlieren, wenn keiner sie mehr haben wollte.
    Cardia, Sammeh und ihr väterlicher Freund Cnahl standen inmitten dieses Trümmerfelds, über das der Geruch von Blut und Tod wehte, und auf den Sehnen der gespannten Bogen lagen schwarze Pfeile, die auf Sammeh und den dünnen Cnahl zielten.
    Der Anführer dieser kleinen Gruppe von Höllenhunden wollte Cardia, die Hellseherin, mitnehmen. Sie hatte gebeten, daß Sammeh und Cnahl bei ihr bleiben dürften.
    Vor allem von Sammeh konnte sie nicht lange getrennt bleiben, weil er ihre Seele in sich trug. Eine längere Trennung bedeutete für Cardia den Tod. Ohne Sammeh konnte Cardia nicht leben.
    Der Anführer hatte entschieden: Sammeh und Cnahl durften mitkommen – aber als Leichen!
    Wenn Sammeh starb, war auch Cardias Schicksal besiegelt. Das wußten diese Silberweltbanditen jedoch nicht. Wie sollte ihnen Cardia das begreiflich machen?
    In ihrer Verzweiflung sprang sie vor Sammeh. Sie schützte ihren kleinwüchsigen Sohn mit ihrem Körper und schrie: »Wenn ihr ihn töten wollt, müßt ihr zuerst mir
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