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1494 - Hexenhölle

1494 - Hexenhölle

Titel: 1494 - Hexenhölle
Autoren: Jason Dark
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schaffte es nicht. Die gierigen Hände griffen zu und zerrten sie aus dem Käfig.
    Jeder wollte mitmachen. Jeder wollte sie einmal berühren, sie betatschen.
    Calderon stand abseits. Er war nur Zuschauer, aber zugleich der Herrscher hier auf dem Gelände. Da er nicht sehr groß war, hatte er sich auf einen Stein gestellt, um alles besser überblicken zu können.
    Er fühlte sich als Dirigent. Auf sein Zeichen hin schleppten vier Söldner die Frau auf den Scheiterhaufen zu. Der Pfahl ragte aus ihm hervor wie ein Fanal, und er war größer als Cosima.
    Sie hatte aufgehört, sich zu wehren, denn sie wollte keine Schläge riskieren. Sie lag auf dem Rücken. Sie wurde getragen. Sie roch die Körperausdünstungen der Söldner und schaute in die schweißnassen, grinsenden Gesichter, deren Augen von einer nahezu diabolischen Vorfreude erfüllt waren. Sie wollten die Frau brennen sehen, und genau das würde bald auch eintreten.
    Man hatte eine Lücke im Reisig gelassen, durch die man bis dicht an den Pfahl herantreten konnte. Genau das taten sie. Die Söldner ließen die Beine der Frau los, damit sie die letzten Meter selbst gehen konnte. Es war kein normales Gehen mehr. Immer wieder sackte sie zusammen, sodass sie bis zum Pfahl halb geschleift werden musste.
    Stricke lagen bereit. Zwei Söldner kümmerten sich darum. Die anderen beiden rissen die Frau vor dem hohen Pfahl auf die Füße und pressten sie mit dem Rücken dagegen.
    Sofort waren die beiden anderen Kerle da. Sie hielten die Stricke in ihren Händen und umwickelten damit blitzschnell Cosimas Körper.
    Sie bekam keine Gelegenheit, sich aus ihren harten Griffen zu winden. Die Kerle kannten ihr Geschäft.
    Cosima schloss die Augen. Sie wollte nichts sehen. Es reichte ihr, wenn sie die schmutzigen Kommentare hörte, mit denen man sich über ihr Schicksal lustig machte.
    Die Söldner zogen ihre Arme nach unten, damit man sie an den Körper pressen konnte. Dann wurden auch sie fest umwickelt, und Cosima hatte keine Chance mehr.
    »Es ist gut!« hörte sie die dünne Stimme des Hexenjägers Calderon. »Ja, ihr habt eure Pflicht getan.«
    Die Söldner zogen sich zurück, und Cosima öffnete wieder die Augen. Das Reisig lag zu ihren Füßen. Es reichte hoch bis über ihre Waden und würde von unten her seine Nahrung finden.
    Noch brannte sie nicht.
    Es mussten die alten Regeln eingehalten werden, das war auch Cosima klar, und derjenige, der dies übernahm, der würde es mit großer Freude tun.
    Es war natürlich Calderon. Er hatte gesehen, dass alles zu seiner Zufriedenheit abgelaufen war. Jetzt konnte er eingreifen und würde diesem Flammenfest noch die Krone aufsetzen. Die Worte mussten einfach gesagt werden. Sie waren so etwas wie ein perverser Abschied. Nur nicht für den bigotten Sprecher selbst, denn der geilte sich daran auf.
    Er musste einige Schritte gehen, um die richtige Position zu erreichen. Genau das liebte er. Das tat er gern, denn er fühlte sich wie auf einer Bühne. Er war der Spielleiter und zählte auch zu den Hauptdarstellern.
    Unter seinem Umhang holte er ein Gefäß hervor, das aus einer durchlöcherten Kugel und einem Griff bestand. Er hob es an, trat dicht an den Rand des Reisighaufens heran und bespritzte die Gestalt mit Wasser, das aus den Löchern der Kugel drang.
    »So nimm denn meinen letzten Segen hin!« schrie er. »Der Himmel möge deiner armen Seele gnädig sein…«
    ***
    Ich war unterwegs!
    Kein Problem, hatte ich gedacht. Aber ich wollte auch nicht von den falschen Leuten entdeckt werden und musste mich dementsprechend bedeckt halten.
    Irma hatte mir die Richtung gezeigt. In die war ich auch gegangen.
    Ich sah den Wald und merkte, dass ich etwas ansteigen musste.
    Aber ich wollte noch etwas anderes sehen.
    Wenn jemand zum Scheiterhaufen geschleppt wurde, dann trug man ihn nicht, dann wurde er auf einen Karren gesetzt und gefahren. Das wusste ich von zahlreichen Abbildungen her, die als authentische Überlieferungen der alten Zeiten galten.
    Und diesen Wagen gab es.
    Ich hörte ihn. Die mit Eisenbändern beschlagenen Räder verursachten das typische Geräusch. Da mich hohes Buschwerk schützte, sah ich den Wagen nicht, und ich wurde ebenfalls nicht gesehen.
    Ich lief weiter nach rechts und wühlte mich durch die Büsche, wobei ich immer sehr vorsichtig war und mit der Möglichkeit rechnete, dass die Söldner noch einen anderen Weg nahmen.
    In diesem Fall nicht. Vom Ort hatte ich mich entfernt, und auch der Trupp mit dem Wagen hatte das
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