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1491 - Transit nach Terra

Titel: 1491 - Transit nach Terra
Autoren: Unbekannt
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Erscheinung. Perfekt. Er bot keinen Anlaß zur Kritik.
    Nachdenklich rieb er die Stelle am Handgelenk, wo der Simu-Chip saß. Das künstliche Material fühlte sich warm und geschmeidig an.
    Die sechzig Minuten verstrichen wie im Flug. Im Geiste ging er noch einmal seine Argumente durch.
    Waiken, Simedon Myrrho, Carol Shmitt und die anderen bevorzugten eine innere Expansion, quasi die Perfektion der Milchstraße.
    Dagegen stand er mit seiner Hypothese, Perfektion sei niemals erreichbar; man müsse im Gegenteil nach Andromeda und in die Magellanschen Wolken gehen. Dort warteten unzählige Intelligenzwesen in Not. Auch sie hatten ein Recht auf Glück. Auf Pax Terra, den terranischen Frieden.
    Endlich traf Waiken ein.
    Der Herr entstieg einem kleinen Personaltransmitter hinter dem Bühnenbereich. „Ah, Hewell Storn!" Der Mann mit der athletischen Figur kam direkt auf Storn zu. „Mein alter Widersacher! Wie ich mich freue, dich zu sehen!"
    Storn lächelte nur dünn zurück. Bis zum Beginn der Sendung wechselten sie kein weiteres Wort. Man plazierte sie in den Bereich der Multioptiken, dann kam die Fanfare, anschließend der Startschuß.
    Waiken begann mit einem längeren Statement zu Paradies und Außenpolitik, ünd fast unterschwellig spielte er seine harte, kompromißlose Persönlichkeit in den Vordergrund.
    Und nun er, Storn ... Eine halbe Sekunde lang brachte er vor Aufregung kein Wort heraus. Neunzig Millionen Menschen konnten nun seine Stimme hören, seinen Worten lauschen. Er gab sein Bestes. Fast spürte er, wie Waiken hinter dem Fluß seiner Argumente zurückblieb, wie der Ruhm des Herrn auf menschliche Ausmaße schmolz. Fanfare.
    Die Sendung war zu Ende. Es dauerte zwei weitere Stunden, dann lag das Ergebnis der Abstimmung vor. Waiken und er warteten gemeinsam ab. Doch während seine eigene Ruhe als Maske leicht erkennbar war, zeigte der Herr keine Regung.
    Das Ergebnis. Die Syntrons wiesen zwei fast identische Pegel aus. Hewell Storn ... 49 %. Dorian Waiken 51. Von irgendwoher brach Jubel los. Das war es. Neunundvierzig, zum insgesamt neuntenmal. Wie konnte das mit rechten Dingen zugehen?
    Storn erhob sich, reichte seinem Bezwinger die Hand. „Ich gratuliere, Waiken. Eine neue Amtszeit."
    Waiken lachte laut. „Danke, Storn. Ich weiß dich immer wieder als fairen Verlierer zu schätzen! Auf bald, bis zum nächstenmal! Ich muß gehen, mich rufen dringende Geschäfte nach Olymp!"
    Waiken durchschritt den grünen Bogen und verschwand. Nun erst brökkelte Storns Beherrschung. Er sprang wütend auf, rannte fast durch die gleißend erleuchteten Gänge der TV-Station und bestieg seinen Gleiter.
    Krachend landete seine Faust auf dem Startschalter. Automatisch hob das Fahrzeug ab und schwang sich auf in den Verkehrsstrom. Storn öffnete das Handfach. Er riß in blinder Wut den Rasierbot heraus - als Werkzeug griff er die stabile Medobox.
    Darriit hämmerte er so lange auf dem Bot herum, bis er zersprang und in Trümmer ging. „Verdammt!" schrie er. „Schon wieder verloren!"
    Ein Teil der Aggressibn verflog.
    Irgend etwas in ihm schien sich über den eigenen Körper zu erheben. Es erkannte, daß er genau so im Grunde glücklich war, als Herausforderer, als unermüdlicher Kritiker. Im Grunde hätte er mit der Macht eines Herrn gar nichts anzufangen gewußt.
    Hewell Storn nahm Kurs auf seine Insel.
     
    *
     
    Seine dienstbaren Geister waren Roboter, ein ganzes Heer davon. Das Servicesystem des Hauses umfaßte alles von Strandreinigung bis Getränkemix und Menüfolge.
    Während die Vorbereitungen ffir das Fest anliefen, genoß er die Ruhe am Wasser. Blaues Meer, Mondschein, hufthohe Wellen. Gerade noch sichtbar tauchte die Flosse eines Klonhais auf - natürlich mit Angstimplant auf Menschenkörper.
    Eine Idylle.
    Und er war der Herrscher dieser Insel. Auch wenn er die Wahl ein weiteres Mal verloren hatte. Heute abend kamen all seine Freunde zusammen, und sie würden bis in den frühen Morgen seine Niederlage feiern.
    Storn machte sich auf den Rückweg. Das Anwesen lag wie ein funkelndes Juwel da. Auf allem lag ein modisches Gespinst aus Silberfäden, in kurzen Abständen schwebten Servicerobs. Obstschalen und Exotalkohol standen zur Verfügung herum.
    Es war neun Uhr. Vom Himmel fielen die ersten Gleiter. Seine Freunde verteilten sich lachend über die Anlage; manche fanden ihn und versuchten, Trost zu spenden. Doch irgendwann hatten alle begriffen, daß er höchstens Zerstreuung brauchte.
    Bald näherte sich das Fest
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