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1468 - Tanz im Totenreich

1468 - Tanz im Totenreich

Titel: 1468 - Tanz im Totenreich
Autoren: Jason Dark
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Sie verband eine Reihe von kleineren Häusern miteinander, die schon gebaut worden waren, als ich noch nicht geboren war.
    Die Gasse war nicht so stark mit Laternen bestückt wie eine normale Straße. Sie war also recht dunkel, und ich tauchte in ihr ein und verschmolz sehr schnell mit der Umgebung. Rechts und links gab es noch freie Grundstücke. Warum dies so war, wusste ich nicht, mir waren die Besitzverhältnisse nicht bekannt.
    Da sich niemand um die Grundstücke kümmerte, hatte sich die Natur gedacht, sie sich wieder zurückzuholen, und genau das war ihr auch gelungen. So wuchs auf den Flächen das Gras sehr hoch, weil niemand es mähte. Sogar kleinere Bäume waren zu sehen, die das Buschwerk überragten. Zwar war die Gasse nicht lang, aber sie war sehr düster und wurde in der Nacht von einzelnen Menschen nicht gern durchschritten.
    Ich war eine der Ausnahmen. Außerdem konnte ich mich wehren.
    Zwar wehte kein Wind, aber ein etwas fauliger Geruch traf meine Nase schon. Es roch nach alter Erde und nach den Pflanzen, die zu beiden Seiten wuchsen. Nach wie vor stand die Luft wie eine Wand aus Blei, und ich erlebte leider nicht, dass der Schweiß auf meinem Gesicht trocknete. Er wurde nur kälter.
    In der Stille hörte ich trotzdem hin und wieder Stimmen. Sie erreichten mich aus Richtung der Häuser, wo Menschen auf ihren Baikonen saßen, oft in die Glotze schauten und dabei aßen und tranken.
    In Deutschland lief die Fußball-Weltmeisterschaft, und da wollten sich viele Männer kein Spiel entgehen lassen.
    Im Moment war das Interesse etwas gedämpft, da England bereits ausgeschieden war. Für mich war die WM weit weg, denn aus dienstlichen Gründen hatte ich nicht viele Spiele gesehen und war gespannt darauf, wer am Ende der Sieger sein würde.
    Etwa die Hälfte der Gasse hatte ich hinter mir gelassen, als etwas passierte, das ich als Phänomen ansah.
    Plötzlich war die Gestalt da!
    Ich wollte es erst nicht glauben. Eine huschende Bewegung hatte mich aufmerksam gemacht, und als ich stehen blieb und den Kopf hob, da erkannte ich, dass ich nicht auf einen verirrten Lichtstrahl reingefallen war. Es gab diese Gestalt tatsächlich, und sie stand nicht weit von mir entfernt…
    ***
    Ich stoppte meine Schritte und kam mir in den folgenden Sekunden vor wie eingefroren. Mit dieser Wende hatte ich nicht gerechnet. Ich wusste überhaupt nicht, wo die junge Frau hergekommen war, die mir den Weg versperrte.
    Sie trug ein weißes, knielanges Kleid mit einem Ausschnitt, der die Schultern frei ließ. Manche Frauen entschieden sich für so etwas als Brautkleid. Oder zogen es an, wenn sie auf einen Ball gehen wollten.
    Das war wohl bei dieser Erscheinung nicht der Fall. Hier gab es keine Hochzeit und auch keinen Ball, sondern nur diese verdammte schwüle Nacht, in der die junge Frau wie ein Spuk erschienen war.
    Ich ging keinen Schritt weiter. Meine Nerven waren gespannt. Ich dachte auch an das Kreuz vor meiner Brust und wartete darauf, dass es sich erwärmte.
    Das trat nicht ein.
    Und so blieben wir stehen und betrachteten oder belauerten uns, wobei sich niemand als Erster bewegen wollte.
    Ich wusste, dass diese Frau auf mich gewartet hatte. Und das Wort unmöglich hatte ich aus meinem Repertoire gestrichen. Dieses Erscheinen hatte etwas zu bedeuten. Dabei ließ sich nicht mal feststellen, ob die Frau normal oder feinstofflich war. Bei meinen Aktivitäten musste ich mit beiden Zustandsformen rechnen.
    Jedenfalls wollte die Person etwas von mir. Sonst hätte sie mich nicht aufgehalten.
    Da sie nichts sagte, war ich es schließlich leid und stellte selbst eine Frage.
    »Wer bist du?«
    Sie antwortete. Allerdings auf ihre Art und Weise. Zuerst hob sie die Schultern an, dann drehte sie sich nach rechts und wies auf das Grundstück.
    »Und?« fragte ich.
    Sie wies noch mal dort hin.
    Ich begriff. Wahrscheinlich sollte ich das Grundstück dort betreten, weil es da etwas zu sehen gab, das sie mir zeigen wollte. Sie war nur nicht in der Lage, es mir zu sagen. Möglicherweise wollte sie es auch nicht.
    Aber wer war diese Frau?
    Ich hatte keine Ahnung. Jedenfalls sah sie recht jung aus, und sie machte auch nicht den Eindruck, als wollte sie mir an den Kragen.
    Ich musste sie mehr als eine Botschafterin ansehen, die in dieser Gasse auf mich gewartet hatte und mir etwas mitteilen wollte.
    »Bitte«, sagt ich mit leiser Stimme. »Ich würde gern wissen, was du von mir willst.«
    Dass sie mich verstanden hatte, bewies ihre Gestik, denn sie
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