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1453 - Die ruhelosen Engel

1453 - Die ruhelosen Engel

Titel: 1453 - Die ruhelosen Engel
Autoren: Jason Dark
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ihn etwas irritiert hatte. Zu sehen war allerdings nichts, und er glaubte schon an eine Täuschung, aber das stimmte nicht.
    Es näherte sich doch etwas. Nur hatte es nichts direkt mit den sechs Aufpassern zu tun. Er spürte, dass sich die Luft in seiner Umgebung verändert hatte. Es war zu vergleichen mit einem Gewitter, wenn die Umgebung voller Elektrizität steckte.
    Normal war das nicht.
    Etwas näherte sich.
    Johnny verdrehte die Augen.
    Im nächsten Augenblick zuckte er zusammen, als er über den Köpfen der sechs Bewacher etwas entdeckte.
    Da hatte sich die Luft verdichtet. Da schwirrte etwas. Der Vergleich mit einem Heiligenschein kam ihm in den Sinn. Nur waren die sechs Personen alles andere als heilig.
    Etwas baut sich über ihren Köpfen auf. Dünne Schwaden, vergleichbar mit einem schwachen Nebel, waren dort erschienen. Geistererscheinungen. Feinstofflich. Eine Masse wie dünne Gaze.
    Zwar zu einer menschlichen Figur geformt, aber trotzdem gestaltlos.
    Wer war das?
    Johnnys Blicke wanderten an der Reihe vor ihm entlang. Über jedem Kopf schwebte eine solche Gestalt, die sich jetzt langsam senkte. Die Geistererscheinungen glitten lautlos herab und senkten sich wie Mäntel über die rotäugigen Frauen und Männer.
    Die waren zu anderen Personen geworden. Zwar sahen sie noch so aus wie immer, aber er konnte sich vorstellen, dass sich in ihrem Innern etwas getan hatte.
    Auch äußerlich?
    Das musste Johnny nach einem genauen Hinschauen zugeben, denn er sah ihre Gestalten nicht mehr so klar wie vorher. Sie waren jetzt durch einen Nebelschleier zu sehen. Aus jeweils zwei unterschiedlichen Wesen war eines geworden.
    Sie blieben still und ließen ihre hockenden Opfer in Angst und Spannung zittern.
    Bis eine Stimme erklang!
    Oder waren es mehrere?
    Jedenfalls sprachen die Stimmen so, dass sie wie eine klangen, die sich auch menschlich anhörte, aber nur entfernt einer menschlichen Stimme glich, weil sie einfach zu schrill und zu fremd war. Sie schien von irgendwoher zu kommen, aber nicht aus den Mündern der Menschen, denn die bewegten sich nicht.
    »Ihr seid hier, um uns abzulösen. Wir haben lange genug gelitten und wollten es nicht mehr. Wir haben einen Weg zu den Engeln gefunden, aber er führte uns nicht in das Reich, nach dem wir uns gesehnt haben. Wir mussten erkennen, dass es auch bei den Engeln große Unterschiede gibt. Sie waren so anders, sie lebten in ihrer eigenen Zone. Sie waren weder von der Hölle noch vom Himmel anerkannt, aber sie freuten sich über uns, denn wir waren Menschen. Wir wurden lange gefangen gehalten. Wir haben viel erlebt, aber es war nicht das, was wir wollten. So sehnten wir uns bald wieder nach unserer eigentlichen Heimat, um wieder in das normale Leben zurückzukehren.«
    Johnny hatte nichts sagen wollen, doch jetzt brach es aus ihm hervor. »Das könnt ihr doch. Lasst uns in Ruhe.«
    »Nein!«, antwortete die Stimme oder die Stimmen. »Nein, das können wir nicht. Wir haben ein Versprechen abgeben müssen. Man wollte uns die Freiheit nur unter der Bedingung geben, dass wir für Ersatz sorgen. Und das ist nun geschehen. Ihr seid der Ersatz. Wir haben euch hergelockt und ihnen präsentiert. Die Macht der Engel hat uns verändert. Sie steckt in uns. Die Augen sind das Zeichen dafür, dass wir bei ihnen waren. Aber das alles wird vergehen, wenn wir den Austausch vollzogen haben. Deshalb werdet ihr euch darauf einstellen müssen, bald unseren Platz einzunehmen. Ihr seid unser Geschenk an die Engel. Wir wollen keinen ruhelosen Engel mehr sein. Ab heute werdet ihr das übernehmen…«
    Johnny wusste nicht, ob es das Ende der Rede war. Er merkte das Ziehen in seiner Brust und in seinem Bauch. Er wusste jetzt, welches Schicksal ihm und seinen Kommilitonen bevorstand, und er hatte den Eindruck, auf der Stelle einzufrieren.
    Das war grauenhaft.
    Das konnte schlimmer als der Tod sein. Verschollen in einer fremden Dimension, ohne eine Chance auf Rückkehr zu haben, denn Johnny glaubte nicht daran, dass die andere Seite es ihnen so leicht machen würde. Sie würden Gefangene einer fremden Zone werden.
    Dass diese von Engeln beherrscht wurde, spielte dabei keine Rolle.
    Johnny wollte den alles entscheidenden Vorgang hinauszögern und rief mit halblauter Stimme: »Was ist denn mit euch? Werdet ihr wieder hier auf der Uni weiter studieren?«
    »Nein«, antwortete der Chor, »das werden wir nicht. Wir trennen uns. Wir gehen woanders hin. Wir tauchen ab, und wir werden auch nicht unsere Eltern
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