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1437 - Der weibliche Tod

1437 - Der weibliche Tod

Titel: 1437 - Der weibliche Tod
Autoren: Jason Dark
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nicht klar. »Und du suchst eine Tote, die nicht tot ist.«
    »Genau.«
    »Ein Zombie?«, fragte Glenda.
    Der Pope fragte nicht, was ein Zombie ist. Er schien es zu wissen, denn er schüttelte den Kopf.
    »Damit hat es nichts zu tun«, erklärte er. »Ich suche eine Tote oder einen Todesengel. Rusalka ist ein Todesengel. Sie ist die Person, die am Bett der Sterbenden sitzt. Sie wird vom Jenseits geschickt, um den Menschen klar zu machen, dass ihr Leben beendet sein wird. Sie will sie auf das Jenseits vorbereiten. Genau diese Aufgabe hat Rusalka übernommen.«
    Nach dieser Erklärung schwieg er zunächst mal und ließ uns mit unseren Gedanken allein. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, und schüttelte erst mal den Kopf.
    »Du glaubst mir nicht, John? Das enttäuscht mich ein wenig.«
    »Ja, mag sein, Konstantin. Ich würde nicht behaupten, dass Rusalka eine Tote ist. Ist es falsch, wenn ich sage, dass es sich bei ihr um einen Engel handelt?«
    »Nein, so falsch ist das nicht. Aber die meisten Menschen sehen Engel mit anderen Augen, Rusalka ist nicht lieb und nett. Sie ist ein Engel, der den Sterbenden einen ersten Eindruck vom Jenseits gibt. Dieser Engel holt sie. Er begleitet sie. Man kann ihn auch als einen Freund der Toten ansehen.«
    »Und tötet er selbst auch?«
    Konstantin hob die Schultern. »Man sagt, dass er die Leiden der Menschen manchmal verkürzt. Wenn ihr das Töten nennt, dann ist das wohl der Fall.«
    Was sollte ich dazu sagen? Ich wusste es nicht. Auch Glenda gab keinen Kommentar ab. Rusalka war ein slawischer Name. Ein Engel, der in den Osten gehörte, und daran störte ich mich ein wenig. Deshalb kam ich noch mal auf den Namen zu sprechen, und Konstantin erklärte mir, dass ich damit wohl richtig lag.
    »Okay«, sagte ich. »Dann wundert es mich, dass du ihn hier in London suchst und nicht in Russland.«
    »Man hat ihn hier gesehen. Ich bin deshalb hier. Rusalka ist in unserem Land eine bekannte Größe. Man sieht den Tod zum Teil als weiblich an, was bei Rusalka auch stimmt.«
    »Und warum hat man dich geholt?«, erkundigte sich Glenda. Sie nahm mir die Frage aus dem Mund.
    »Auch diese Antwort ist leicht«, erwiderte Konstantin. »Ich bin jemand, der sich mit Engeln beschäftigt. Sie sind mein Hobby, kann man so sagen. Ich habe mich seit meiner Jungend für sie interessiert. Ich lebe zudem in einem Kloster, das den Engeln geweiht ist und…«
    »Aber nicht Rusalka«, sprach Glenda dazwischen.
    »So ist es.«
    »Und jetzt willst du ihn hier finden?«
    »Ja.«
    Glenda schaute mich an. Es war ihr anzusehen, dass sie damit Probleme hatte. Sie hob einige Male die Schultern und wartete darauf, dass ich etwas sagte.
    »Gut, Konstantin. Wenn das alles so ist, wie du es gesagt hast, dann muss es Zeugen geben, die den Engel hier gesehen haben. Sonst hätte man dich ja nicht gerufen.«
    »Es gibt sie. Er wurde gesehen.«
    »Wo?«
    »Am Totenbett von Landsleuten, die hier leben. Aber er geistert auch über Friedhöfe und besucht Gräber.«
    »Was will er dort?«, fragte Glenda.
    »Da liegen seine Freunde, die Toten.«
    Glenda raufte sich nicht die Haare, doch viel gefehlt hätte nicht.
    »Ich kann es nicht begreifen, Konstantin. Damit hätte ich nie gerechnet, dass dein Besuch hier in London einen derartigen Grund hat. Somit sind wir praktisch vom Regen in die Traufe geraten.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ganz einfach. Wie ich John Sinclair kenne, wird er dich auf der Suche nach Rusalka begleiten.«
    Der Pope zuckte zurück. Er stieß dabei gegen sein Glas und hätte es fast umgekippt.
    »Nein, das darfst du nicht denken. Das will ich nicht. Es ist meine Aufgabe. Ich bin der Suchende. Ihr habt genug zu tun. Ich will euch nicht damit behelligen. Ich habe geschworen, Rusalka zu finden, und an diesen Schwur werde ich mich halten. So ist das eben.«
    »Und was wird sein, wenn du ihn gefunden hast?«, erkundigte ich mich.
    »Das weiß ich noch nicht. Es wird sich ergeben.«
    »Willst du ihn töten?«
    Konstantin lächelte mich an. »Kann man denn Engel töten, John Sinclair? Kann man das?«
    »Ich würde es nicht unbedingt verneinen, da bin ich ehrlich. Denn auch ich habe mich mit Engeln beschäftigen müssen. Dabei habe ich erlebt, wie vielschichtig sie sind. Sie existierten in eigenen Welten, die nicht immer gut sein müssen. Und wenn sich Rusalka auf den Tod spezialisiert hat, dann kann sie…«
    »Bitte, John, ich denke nicht, dass sie tötet. Ich kann es nicht beweisen, nur glaube ich es nicht.«
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