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1437 - Der weibliche Tod

1437 - Der weibliche Tod

Titel: 1437 - Der weibliche Tod
Autoren: Jason Dark
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kurzen Strecke spannte sich die Haut auf meinem Rücken. Zudem spürte ich das Kribbeln in der Magengegend und die Feuchtigkeit auf den Handflächen.
    Dann waren wir fast am Ziel. Vor uns lag der lange Flur, aber vor uns lag auch noch etwas anderes.
    »Verdammt«, flüsterte ich nur.
    Mehr konnte ich nicht sagen. Plötzlich saß ein dicker Klumpen in meiner Kehle. Ich hatte das Gefühl zu schwanken, und meine Augen fingen an zu brennen.
    Suko war als Erster bei der am Boden liegenden Frau. Er kniete sich nieder, und beide wussten wir, woher der andere Geruch stammte. Es war das Blut, das ihn absonderte. Um den Kopf der leblosen Frau herum hatte es eine Lache gebildet.
    Suko stand wieder auf. »Da war jemand schneller als wir, John. Der Todesengel.«
    Ich schnaufte. Wenn Suko das sagte, dann brauchte ich nicht nachzuschauen. Den Schock verdauten wir schnell.
    Man hatte uns gesagt, wo wir das Zimmer der im Sterben liegenden Anna fanden. Viel Hoffnung hatten wir nicht mehr. Unsere Blicke blieben zum Boden gerichtet, doch wir entdeckten keine Spuren, die uns weitergebracht hätten.
    Die Türen auf diesem Gang waren bis auf eine geschlossen. Diese stand offen. Sie befand sich am Ende des Flurs, und genau dort mussten wir hin. Wir redeten nicht miteinander, nur unsere Blicke sprachen Bände. Viel Hoffnung hatte keiner von uns.
    Und es stimmte.
    Es war so, wie es auch in einem Drehbruch hätte stehen können.
    Wir traten über die Schwelle und sahen den bewegungslosen Körper der Greisin auf dem Bett liegen.
    Es machte uns keinen Spaß, immer wieder mit schlimmen Anblicken konfrontiert zu werden, aber dagegen konnten wir einfach nichts tun, denn es lag nicht in unserer Hand.
    Die Frau war im Alter sehr klein geworden. Man konnte bei ihr wirklich von einer Greisin sprechen. Sie war nur noch ein Bündel aus Haut und Knochen, und als ich in ihr Gesicht schaute, da wandte ich mich ab, denn ich wollte den Schrecken nicht sehen.
    Man musste der Frau gegen den Kopf geschlagen haben. Brutal und wuchtig, denn Kopf und Gesicht waren übel zugerichtet.
    »Mein Gott«, flüsterte Suko, »wer hat das nur getan?«
    »Sie – er – wie auch immer…« Ich suchte mit meinen Blicken das Zimmer ab, um irgendwelche Hinweise zu finden, die mich weiterbrachten, aber ich entdeckte nichts.
    Bis auf den Fleck an der Decke direkt über dem Bett. Dort klebten noch einige Haare an einer feuchten Masse. Ich brauchte nicht viel Fantasie, um mir vorzustellen, was passiert war. Die todkranke Greisin war mit dem Kopf gegen die Decke geschlagen worden. Ich machte Suko auf meine Vermutung aufmerksam.
    Er schaute ebenfalls hin und war der gleichen Meinung. Er fragte nur: »Wer hat das getan?«
    »Der Todesengel. Der weibliche Tod. Er ist schneller gewesen als Konstantin.«
    Suko deutete mit dem rechten Zeigefinger auf mich. »Dann sag mir bitte, wo er steckt. Und glaubst du, dass er schon hier gewesen ist? Oder kommt er noch?«
    »Ich tendiere dahin, dass er schon hier gewesen ist.«
    »Dann sollten wir seine Leiche suchen.« Suko war Realist. »Ich denke nicht, dass ihn der Engel hat entkommen lassen.«
    Sein Vorschlag passte mir nicht, aber man konnte ihn nicht von der Hand weisen. Hundertprozentig überzeugt war ich trotzdem nicht, denn ich hatte den Popen als einen Mann erlebt, der sich wehren konnte.
    »Ich sehe mich mal in den anderen Räumen um«, sagte Suko.
    »Tu das.«
    Als ich allein war, durchsuchte ich den Raum. Es war ein Raum, der den Namen Sterbezimmer durchaus verdiente. Nicht groß, mit Tapeten an den Wänden, bei denen der Schmutz das Muster überdeckt hatte. Froh konnte hier niemand mehr werden. Selbst das Glas der Fensterscheibe war nicht besonders klar.
    Dann fiel mir etwas auf.
    Diesmal war es kein Blut, das auf dem Boden lag. Ich stolperte beinahe über eine Hinterlassenschaft, mit der ich im ersten Moment nichts anfangen konnte. Sie lag nicht mal weit vom Bett entfernt, bildete einen dunklen Haufen auf dem Boden, und als ich mit dem Fuß dagegen stieß, spürte ich den Widerstand.
    Was war das?
    Ich bückte mich, tastete mit den Fingerspitzen darüber hinweg und sah erst jetzt aus der Nähe, dass ein kleiner Teil der alten Form noch vorhanden war.
    Rechts und links der Masse schaute etwas hervor. Wie die Seitenteile eines Kreuzes.
    Mir ging das berühmte Licht auf. Lange musste ich nicht nachdenken. Ich wusste jetzt, um was es sich hierbei handelte. Es konnte nur ein Kreuz sein, und ich wusste ferner, wer ein solches getragen
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