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143 - Rulfan von Coellen

143 - Rulfan von Coellen

Titel: 143 - Rulfan von Coellen
Autoren: Jo Zybell
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tausend Menschen von dem Virus der Daa’muren zu heilen.
    Anschließend zahlte er den Lords die letzte Rate für den Schiffsbau aus: zwei Schläuche Schnaps aus dem Vorratslager von Salisbury. Das Zeug war uralt, im Bunker benutzte man dergleichen ausschließlich zu medizinischen Zwecken.
    Die Lords banden die Taue im Ufergestrüpp los und warfen sie über die Reling an Bord. Sie wirkten merkwürdig wortkarg.
    Rulfan vermisste ihren Anführer, Grandlord Percival.
    Ihn und den Grandlord verband keine Freundschaft, aber doch eine von gegenseitigem Respekt geprägte Wertschätzung.
    Normalerweise ließ Percival sich die seltene Gelegenheiten, Rulfan zu begegnen, nicht entgehen. Immerhin hatte der Albino fünf Jahre zuvor einem kleinen Sohn des Stammesführers das Leben gerettet. Und immerhin war die logistische und geschäftliche Seite des Schiffsbaus über Paacival gelaufen, wie der Grandlord von Seinesgleichen genannt wurde.
    Aber er war nicht gekommen, nun gut. Er würde seine Gründe haben. Rulfan hisste das Segel und stellte sich hinter das Steuerruder am Heck. In der Uferböschung riefen die Lords einen Segenswunsch und winkten. Das Schiff nahm Fahrt auf, die Männer im Ufergras blieben zurück.
    Der Welpe lief kläffend vom Heck zum Bug und wieder zurück. Chira hatte nie zuvor festen Boden unter den Pfoten verlassen. Oder hatte ihre Unruhe noch andere Gründe? Auf dem geschlossenen Lukendeckel, unter dem eine Stiege ins Unterdeck führte, blieb sie stehen, schnüffelte, knurrte und kläffte.
    Im Mündungsdelta wurden die Wasser unruhig, mit der Ebbe kam böiger Wind auf. Rulfan blickte noch einmal zurück.
    Seltsam, wie schwer sein Herz plötzlich wurde; ausgerechnet ihm, der von Kindesbeinen hatte lernen müssen, aufzubrechen und Abschied zu nehmen. Er dachte an seinen Vater, und auf einmal berührte es ihn, wie hartnäckig Sir Leonard versucht hatte, ihm diese Reise auszureden. Standen dahinter nicht Sorge und Liebe?
    Seine Gedanken wanderten zu Aruula. Eine schlaflose Nacht lang hatte er mit sich gekämpft und danach schließlich doch darauf verzichtet, sie vor dem Aufbruch zum Festland noch einmal zu sehen.
    Und jetzt? Jetzt hatte er plötzlich das Gefühl, sie niemals wieder zu sehen, beide nicht: seinen Vater nicht, und die geliebte Frau nicht.
    Er schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und stieß einen lang gezogenen Schrei aus. Danach war seine Brust wieder frei und er konnte durchatmen. Vor ihm weitete sich der Kanal.
    Chira scharrte auf der Luke herum, knurrte, winselte, schnüffelte. Lange schenkte Rulfan dem Verhalten des jungen Lupa keine besondere Beachtung.
    Wahrscheinlich hatten schon kleine Nager an Bord gefunden, die Chira witterte. Erst als die letzten Ausläufer der Steilküste hinter ihm lagen und sie noch immer breitbeinig und knurrend über der Luke stand, stellte Rulfan das Ruder fest und ging zu ihr.
    »Was ist los, du kleine Bestie? Ich krieg ja regelrecht Angst, wenn du so knurrst.« Zärtlich lächelnd schob er die kleine Lupa zur Seite und packte den Griffring der Luke. »Was hat sich da unten eingenistet? Ein Gerul?« Er hob den Deckel an, die neuen Scharniere quietschten. »Oder ein paar gefräßige Croochs?«
    (Crooch: fingerlange Kakerlake)
    Chira kläffte aus Leibeskräften, schlüpfte an Rulfan vorbei und raste ins Halbdunkel des Unterdecks hinab. Der Albino folgte grinsend.
    Das Grinsen verging ihm schnell – denn auf einer der beiden Ruderbänke saß ein Mann. Rulfan blieb stehen und dachte an seine Waffen oben im Ruderhaus.
    Groß und massig war der Kerl, und außerdem bewaffnet.
    Hinter der sicheren Deckung der zweiten Ruderbank tänzelte Chira hin und her und kläffte. Der Mann drehte sich nach Rulfan um. Er hatte einen struppigen Vollbart, und sein Grauhaar war zu zwei dicken Zöpfen geflochten. »Sind wir etwa schon auf dem Meer?«, fragte er. »Mir ist so eigenartig im Bauch…«
    Rulfan pfiff Chira zu sich. Das Gekläff verstummte.
    »Komm nach oben«, sagte er zu dem Mann, »und erkläre mir, was du mir zu erklären hast.« Er bückte sich nach dem Welpen, nahm ihn auf den Arm und stieg wieder zum Oberdeck hinauf.
    Paacival folgte ihm ächzend.
    Starker Westwind kam auf, und Rulfan musste sich das Haar mit einem roten Tuch aus dem Gesicht binden. Das Meer weitete sich, die Küste Britanniens blieb zurück. Er stand am Steuerruder und hörte zu. Der Grandlord saß auf den Planken und lehnte gegen den Mast, während er erzählte. Chira beschnüffelte ihn von
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