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143 - Rulfan von Coellen

143 - Rulfan von Coellen

Titel: 143 - Rulfan von Coellen
Autoren: Jo Zybell
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zufällig zugleich Paacivals ältester Sohn.
    So wurde nach und nach bekannt, dass Grandlord Paacival in den letzten vier Wintern etwa sechs Frauen seiner Biglords geschwängert hatte, hin und wieder Orguudoo zu lästern und einen Gott namens Wudan anzurufen pflegte, und dass er die Felle, Waffen und Edelsteine, die der mächtige Rulfan von Salisbury für den Bau eines Segelbootes bezahlt hatte, unter seiner Sippe verteilte statt unter den Sippen der Männer, die das Boot gebaut hatten.
    Am schwersten jedoch wog der Vorwurf der Gotteslästerung.
    Es folgten etliche Wutanfälle des Grandlords, nächtelange Streitereien mit dem Rat der dreizehn Biglords und dem Druud, und dann ein paar Träume des Druuds, in denen Orguudoo sämtliche Vorwürfe gegen Paacival bestätigte. Weiber konnte man verdreschen, einen Biglord in die Wüste schicken, aber gegen den Traum eines Druuds war kein Kraut gewachsen.
    Und nun saß ein erschöpfter Paacival wie ein bereits Ausgestoßener auf dem Dorfplatz und wartete auf sein Urteil.
    Druud Alizan krächzte und seufzte. Er furzte und rollte sich auf die Seite. So endete sie meistens, seine göttlichen Trance.
    Er hob den Kopf, glotzte um sich, als müsste er sich der Wartenden und seiner eigenen Identität erst noch erinnern, und stemmte sich endlich vom Boden hoch.
    Vier Simplords liefen herbei und halfen ihm auf die Beine.
    Er ächzte und seine Gelenke krachten. Sie krachten auch noch, als der Greis sich Dreck und Gras aus dem schwarzen Taratzenmantel klopfte und aus dem weißen Haar und dem langen Bart zupfte. Seine Augäpfel zuckten hin und her. Mit einer Kopfbewegung deutete er auf den an den Vorderläufen aufgehängten Wakudabullen.
    Zwei Littlords mit Fackeln stellten sich rechts und links des Gerüstes mit dem toten Bullen auf. Biglord Wichaad trat vor das Tier, zückte eine lange, frisch geschliffene Klinge und schlitzte mit einer raschen, kraftvollen Bewegung den Bauch des Wakuda auf. Die Eingeweide fielen heraus und klatschten auf den Boden.
    Wichaad und die beiden Fackelträger sprangen zur Seite.
    Druud Alizan wischte sich die Augen aus, entriss einem der Littlords die Fackel, beleuchtete das dampfende Tiergedärm und beugte sich darüber. Ein paar Minuten lang verharrte er so.
    Totenstille herrschte auf dem Dorfplatz.
    Endlich richtete der Druud sich wieder auf und wandte sich um. Sein Blick wanderte von Paacival zu den Biglords, von den Biglords zu den Simplords und Littlords und von ihnen zu Paacivals Sippe. Seine Augäpfel lagen keinen Moment still in den Augenhöhlen, wie braunweiße runde Fischchen kamen sie Paacival vor, ständig mussten sie zappeln. Er hielt den Atem an.
    Von Paacivals Sippe schweifte der Blick des greisen Druuds zur Menge am Rand des Dorfplatzes und von dort wieder zu Paacival. Er fixierte den massigen Grandlord mit dem verfilzten Bart und dem zu Zöpfen geflochtenen grauen Haar.
    »Höa Oaguudoos Spwuch anne Dwuud, Gwanload Paacival!«, rief er. Und dann mit theatralisch erhobenen Armen an die Adresse des ganzen Stammes: »Höat, was eua Druud inne Gedäam vonne Wakuda gesehn hat! Höat de Fjudscha vonne Gwanload Paacival…!«
    ***
    Die Morgensonne tauchte die Hänge in goldenes Licht. An den Weinstöcken schimmerten Tautropfen, Dunstschwaden hingen über Gras und Busch wie schwerelose Brautschleier. All das versetzte Calundula in eine Art Euphorie; selbst die beklemmende Nähe des Fremden konnte ihre Stimmung nicht dämpfen.
    Von Zeit zu Zeit musste sie stehen bleiben und auf den Mann namens Guur warten. Er hatte es nicht eilig. Immer wieder verharrte er und sah sich um. Er ließ sich Zeit.
    Calundula wollte es scheinen, als präge er sich jede Einzelheit der Landschaft ein, oder als versuche er die Wegkreuzungen, Ruinen, Pfade, Weinberghänge und manche uralten Bäume in die Bilder seiner Erinnerung einzuordnen.
    War er denn jemals in dieser Gegend gewesen? Calundula war sicher, ihn nie zuvor gesehen zu haben. Andererseits jedoch erkannte sie ihn.
    Sein brauner Umhang und seine schwarze Lederkleidung darunter waren typisch für die Oberschichten mancher Ruinensiedlungen am Oberlauf des Großen Flusses. Seinem Langschwert nach konnte er jedoch genauso gut der Häuptling einer Horde der Wandernden Völker sein. Auch die Gesandten mancher Königtümer aus dem Norden und dem Osten trugen Langschwerter und pflegten sich sogar ähnlich zu kleiden, wenn Calundula sich recht erinnerte. Sein Lasergewehr dagegen rückte Guur eher in die Nähe einer
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