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143 - Alraunen-Spuk

143 - Alraunen-Spuk

Titel: 143 - Alraunen-Spuk
Autoren: Larry Brent
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natürliche
Flecken gab, die man uneingeschränkt als wirklich unverändert bezeichnen
konnte.
    Im stillen mußte sie sich allerdings eingestehen, daß
die Ausflüge mit ihren Eltern ihr doch einiges gaben, was sie anfing zu
begreifen. Die Welt war schön, wenn man sie mit richtigen Augen sah. In seiner
Ich bezogenenheit jedoch hatte der Mensch begonnen, durch die Veränderung der
Landschaft eine Verödung herbeizuführen, die ihm selbst zum Grab werden konnte.
    Wenn sie daran dachte, wurde sie traurig.
    »Ist etwas?« fragte Jean Baptiste Delerue sie
unvermittelt.
    Sheila zuckte zusammen. Sie war so in Gedanken
versunken, daß ihr nicht bewußt wurde, daß ihr Gesicht zum Spiegel ihrer
Überlegungen wurde. »Nein - es ist nichts. Ich habe nur über verschiedene Dinge
nachgedacht...«
    So sprachen sie wieder über die Diskothek und ihrer
Absicht, die letzten Tage dort jeden Abend zu verbringen. Jean-Baptiste machte
unter anderem den Vorschlag, Sheila ein altes Castle zu zeigen, das zwischen
Alford und Huntley am Rand des Hochmoores lag und seines Wissens
wiederhergestellt werden sollte.
    In dem Schloß gab es insgesamt hundertachtundzwanzig
Zimmer, die restauriert werden sollten. Es war beabsichtigt, die noch lebenden,
ehemaligen Besitzer des Schlosses zu veranlassen, dort wieder einzuziehen. Sie
hatten das Anwesen wegen der sie überfordernden Ausgaben verkauft.
    Der neue Besitzer wollte daraus eine
Touristenattraktion machen. Und das trutzige, in der Einsamkeit liegende
Gebäude mit dem Namen »Somorrynn-Castle« bot dafür alle Voraussetzungen. Immer
mehr Touristen aus dem Ausland - vor allem Deutsche, Holländer und Amerikaner -
liebten es, eine oder gar mehrere Nächte in alten englischen Schlössern zu
verbringen. Viele dieser Schlösser wurden sogar mit hauseigenem Geist angeboten.
Und es gab in der Tat Touristen - so wußte Jean-Baptiste zu erzählen - die fest
davon überzeugt waren, unheimliche Geräusche oder gar ein seltsames,
gespenstisches Geschöpf in einem der dunklen Korridore einer solchen Burg
gehört oder gesehen zu haben...
    Sie gingen einige hundert Schritte weiter. Plötzlich
blieb Delerue stehen.
    »Ach Sheila«, stieß er hervor. Mit diesen Worten griff
er in seine rechte Manteltasche, als müsse er sich vergewissern, ob dort noch
das vorhanden war, woran er sich plötzlich erinnerte. »Das habe ich ja ganz
vergessen. Ich wollte es dir heute abend schon geben...«
    Er zog einen etwa zehn Zentimeter großen Gegenstand
heraus.
    Sheila Hovman konnte ihn nicht richtig erkennen. »Was
ist das?«
    Er richtete den Strahl der Taschenlampe darauf, und
die junge Frau konnte genau sehen, was auf seiner Handfläche lag.
    Es war ein kleiner Wurzelstock, der ein erstaunlich
menschenähnliches Aussehen aufwies.
    »Das ist eine Alraunwurzel, ein sogenanntes
Galgenmännlein«, erklärte er. »Das möchte ich dir schenken...«
    Sheila löste den Blick von der braun-grauen Wurzel und
sah Jean-Baptiste lange an. »Und was hat das für einen Sinn? Was willst du
damit sagen?«
    Dann starrte sie wieder auf den Wurzelmann. Der
Oberkörper war leicht nach innen gekrümmt, die kleine, knollenartige Erhebung
oben konnte man mit etwas Fantasie tatsächlich als eine Art Kopf bezeichnen,
ebenso die sich abzweigenden Gliedmaße im oberen und unteren Drittel des
Körpers, die Arme und Beine darstellten.
    »Ich habe so etwas noch nie gesehen«, fügte sie leise
hinzu.
    »Das kann ich mir denken. Sie sind äußerst selten. Ich
habe mich mal eine Zeitlang für die Geheimnisse und Rätsel in der okkulten Welt
interessiert. Ich bin da auf einige Bücher gestoßen, in denen Zaubermittel,
Zauberpflanzen und Hexentränke beschrieben wurden. Die Alraun wird noch heute
geheim an vielen Orten angewandt. Ihre Herkunft ist uralt. Sie ist ein
Zaubermittel gegen das Behexen des Viehs, und man verwendet sie unter anderem
auch als Talismann. Wenn jemand reich werden will, eine leichte Geburt oder die
Liebe eines Menschen erringen will, der bedient sich einer Alraunwurzel.« Er
lächelt geheimnisvoll. »Ob es Glaube oder Aberglaube ist - weiß ich nicht.
    Mit dem reinen Verstand sind eben manche Dinge im
Leben nicht zu erfassen. Was man mit Sicherheit weiß, ist, daß Gelehrte und
Händler aus dem Orient diesen Glauben an die Alraunwurzel nach Europa brachten.
Du wirst es nicht für möglich halten, Sheila, aber in einigen europäischen
Fürstenhäusern und Schatzkammern findet man solche Galgenmännlein noch heute.
Eben aus dem Glauben
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