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1408 - Der Totenholer

1408 - Der Totenholer

Titel: 1408 - Der Totenholer
Autoren: Jason Dark
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Besonderes auffiel. Da blitzte etwas. Es schienen lange Stangen zu sein, die der Mann in der Hand hielt. Er hielt sie ausgebreitet, und vor der Scheibe erschienen sie als Muster.
    Vier zählte er.
    Hielt er diese blitzenden Stangen in der Hand – oder waren das seine Finger?
    Die Szene dauerte nicht lange. Vielleicht ein halbes Dutzend Sekunden, dann eine huschende Bewegung, und einen Moment später war die Gestalt nicht mehr zu sehen.
    Jack sagte nichts mehr. Er tat auch nichts. Er blieb einfach nur stehen und starrte gegen das Fenster und hinaus in die Nacht, in der alles wieder normal war.
    Trotzdem rann es ihm kalt den Rücken hinab. In seinem Kopf jagten sich die Gedanken, doch er selbst war nicht in der Lage, sie zu ordnen. Seine Knie zitterten. Der Schweiß stand plötzlich auf seiner Stirn und breitete sich auch in den Achselhöhlen aus.
    Jack Melrose ging nicht von einer Einbildung aus. Was er hier erlebt hatte, war real!
    Wie in Trance hob er die Flasche auf. Dass der Boden nass war störte ihn zwar, aber er wischte das ausgelaufene Wasser nicht weg.
    Zu viel wälzte sich durch seinen Kopf. In diesem Augenblicken verstand er die Welt nicht mehr.
    Er musste sich hart zusammenreißen, um wieder klar denken zu können. Eines stand fest. Er und seine Frau hielten sich zwar allein im Haus auf, aber um das Haus herum bewegte sich etwas. Man konnte von einem unbekannten und grauenvollen Wesen sprechen, das sich seinen Weg aus einer anderen Welt gebahnt hatte und nun auf der Suche nach Menschen war.
    Aber wer, zum Teufel? Wer besaß diese langen Stangen? Und was waren sie – Messer oder Schwerter?
    Von der Gestalt selbst hatte er nicht viel gesehen, nur eben von diesen schimmernden Dinger, die er durchaus als gefährliche Waffen ansah.
    Jack verspürte Angst. Ja, er fürchtete sich. Er kam sich vor wie in einer Falle. Ein Toter lag im Haus, um das Gebäude herum schlich eine weitere Gestalt, der er das Menschsein einfach absprach. Er glaubte nicht daran, dass es ein normaler Mensch war, der sich hier genähert hatte. Etwas war anders geworden. Es konnte durchaus mit dem Tod seines Vaters in Verbindung stehen.
    »Jack?«
    Die Stimme seiner Frau riss ihn aus den Gedanken. Für einen Moment schüttelte er den Kopf, dann erwachte er wie aus einem tiefen Traum und zuckte sogar zusammen.
    »Jack! Bitte…«
    »Ja, ich bin hier!« Er ärgerte sich darüber, dass seine Stimme so krächzend klang.
    »Was machst du denn so lange?«
    »Keine Sorge, ich komme.«
    »Gut.«
    Mit einem Tuch wischte sich der Mann den Schweiß vom Gesicht weg.
    Er überlegte, ob er seiner Frau die Wahrheit sagen sollte oder nicht. Er war kein guter Lügner, und Harriet sah ihn zudem sehr schnell an, wenn er nicht die Wahrheit sagten. Deshalb beschloss er, sie nicht zu beschwindeln.
    Mit langsamen Schritten verließ er die dunkle Küche. Der letzte Blick durch das Fenster zeigte ihm, dass sich dahinter nichts mehr bewegte, aber beruhigter war es deshalb nicht. Diese Gestalt oder dieser Schatten würde immer in seinem Kopf bleiben.
    Er ging auf die offene Schlafzimmertür zu. Harriet hatte das Licht an ihrer Seite wieder eingeschaltet. Sie saß jetzt im Bett und schaute ihrem Mann entgegen.
    »Was hast du denn in der Küche gemacht?«
    »Getrunken.«
    »Ach – so lange?«
    Jack hob die Schultern. Er näherte sich seinem Bett und ließ sich auf der Kante nieder. Obwohl er seiner Frau dabei den Rücken zudrehte, fiel ihr auf, dass mit ihm etwas nicht stimmte.
    »Das war doch nicht alles, Jack!«
    »Was?«
    »Dass du nur getrunken hast.«
    »Doch, ich…« Er sprach nicht weiter, weil er hörte, dass sich Harriet hinter ihm bewegte. Sie näherte sich ihm, und sehr bald spürte er die Wärme ihres Körpers.
    »Du warst nicht bei deinem Vater, Jack.«
    »So ist es.«
    »Und was ist in der Küche passiert? Sag nicht wieder, dass du nur getrunken hast.«
    Jack Melrose stöhnte. Es hatte keinen Sinn, Harriet etwas vorzumachen. Das kannte er ja.
    »Es war nichts mit mir, Harriet. Ich habe in der Küche getrunken, aber ich habe auch aus dem Fenster geschaut.«
    »Und?«
    »Es war jemand.«
    Im ersten Augenblick sagte Harriet nichts. Sie musste zunächst nachdenken.
    »Wo war jemand?«
    »Nicht im Haus. Draußen. Er schlich um das Haus. Es war nicht schön, das kann ich dir sagen.«
    »Hast du ihn erkannt?«
    »Nein.«
    Harriet richtete sich noch weiter auf. »Ein Dieb?«
    Jacks Stimme sackte bei der Antwort zusammen. »Ich weiß es nicht. Ich… weiß es
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