Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1408 - Der Totenholer

1408 - Der Totenholer

Titel: 1408 - Der Totenholer
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Monstrum? Ein Kunstgeschöpf?
    Diese Gestalt war alles zugleich.
    Jack und Harriet Melrose wollten nicht glauben, was sie sahen, denn was in ihr Haus eingedrungen war, das konnte und durfte es nicht geben. Nicht in der Wirklichkeit, so etwas gehörte in einen Film.
    Beide wagten nicht, sich zu bewegen. Sie hätten es zudem nicht gekonnt. Die neue Situation hatte sie einfach starr werden lassen.
    Beiden fiel es schwer, Luft zu holen. Sie hielten den Atem an, und das Blut war ihnen in den Kopf gestiegen.
    Der Regen aus Scherben. Die Splitter verteilten sich auf dem Boden, aber das war für beide Nebensache, denn da war dieser Unhold.
    Eine Gestalt, von der nicht viel zu sehen war. Sie war in eine dunkle Kleidung eingepackt, die eng um ihren Körper lag. Fast wie bei einer Mumie. Auch das Gesicht war verdeckt. Eine Maske lag so dünn auf der Haut, dass sie aussah, als wäre sie aufgepinselt. Durch zwei Löchern schimmerten die Augen, als wären sie mit einer hellen silbrigen Farbe poliert worden.
    Er ging mit großen Schritten voran, und er hatte nur Augen für den offenen Sarg.
    Und noch etwas war auffällig und sehr wichtig. Der Eindringling hatte zwar eine normale Gestalt, nicht aber seine rechte Hand, und mit ihr hatte er auch die Fensterscheibe zerstört. Von Fingern konnte man da nicht sprechen, es waren lange Messer oder kurze Lanzen, die aus der Hand wuchsen. Wahrscheinlich war es eine künstliche Hand, die man nur als Greifer bezeichnen konnte. Die künstlichen Finger waren so lang wie Arme, und man konnte sie auch als tödliche Waffen bezeichnen.
    Angst durchschoss die beiden Zuschauer. Es sah wahnsinnig gefährlich aus, als der Eindringling seinen rechten Arm anhob, als wollte er mit dieser Waffe die Menschen aufspießen. Plötzlich gab es nur die Klaue für sie, und mit jedem Schritt, den die Gestalt zurücklegte, wuchs die Gefahr an.
    »Wer ist das?«, fragte Jack, der als Erster die Sprache wiederfand.
    Seine Frau schüttelte nur den Kopf. Sie umklammerte die Hand ihres Mannes. Sie stand in einem normalen Zimmer, und doch hatte sie den Eindruck, in einer Zelle zu sein, die sich immer mehr verengte.
    Der Eindringling ging weiter. Noch zwei Schritte, dann war er bei ihnen und konnte sie praktisch wegpflücken mit dieser verdammten stählernen Riesenklaue.
    Beide zitterten, aber beide begriffen allmählich, dass sie nicht in einer unmittelbaren Gefahr steckten, denn dem Eindringling kam es auf etwas anderes an.
    Er wollte nicht sie – er wollte den Toten!
    Und den holte er sich.
    Noch einen Schritt musste er gehen, dann hatte er den offenen Sarg erreicht. Er senkte den Kopf. Aus seinen kalten Augen starrte er die leblose Gestalt an, die sich aus eigener Kraft nicht mehr bewegen würde. Er aber senkte den rechten Arm und damit auch die Hand, die man als solche nicht mehr bezeichnen konnte.
    Für einen Moment schwebte die Klaue über der Leiche. Danach ein kurzes Zucken, dann griff sie zu.
    Es sah so aus, als wollte Harriet anfangen zu schreien, als die Klaue nach unten fiel und sich um den lebelosen Körper legte. Es war einfach nicht zu fassen. Es war verrückt, unglaublich.
    So etwas hatten weder Jack noch Harriet bisher gesehen, und damit mussten sie erst zurechtkommen.
    Der Eindringling stahl den Toten. Er holte die Leiche aus dem Sarg wie ein Stück Holz. Die langen Greifer legten sich um den Körper, und dann war es für den Dieb kein Problem mehr, den Toten aus dem Sarg zu klauben.
    Bisher war es recht still gewesen. Das allerdings änderte sich, als Harriet Melrose schnell Luft holte. Sie hatte das Gefühl, ersticken zu müssen. Aus ihrem Mund drangen schlimmen Laute, und dann wankte sie zurück. Denken konnte sie nicht mehr. Was sie da erlebte, war für sie einfach nur ein böser Traum.
    Der unheimliche Dieb pflückte den toten Abel Melrose förmlich aus seinem Sarg. Die Klauenhand reichte aus. Er bog die Lanzen nach innen, und so bekam er den perfekten Griff. Er schaffte es zudem, seine Metallhand unter die Gestalt zu schieben, denn nur so lag der Tote sicher in seinem Griff.
    Er hob ihn an.
    Alles sah so spielerisch leicht aus. Da schwebte der Tote für einen Moment auf seiner Handfläche und musste auch der Erdanziehung Folge leisten, denn beide Arme sackten nach unten.
    Sekundenlang blieb der Eindringling in dieser Haltung stehen, ohne sich zu rühren. Es schien, als wollte er ein Denkmal setzen oder sich für ein Foto bereitstellen, und sein Blick war jetzt auf das Ehepaar gerichtet. In dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher