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1408 - Der Totenholer

1408 - Der Totenholer

Titel: 1408 - Der Totenholer
Autoren: Jason Dark
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wirklich nicht. Aber da war jemand.« Er holte tief Luft. »Und der … der …. sah aus wie ein Ungeheuer. Ja, ein Ungeheuer – und zugleich ein Mensch.«
    Harriet hatte jedes Wort verstanden, und ihr Lachen klang alles andere als echt. Eine gewisse Unsicherheit schwang darin mit.
    »Dann sollten wir die Polizei anrufen.«
    »Ja, das wäre eine Möglichkeit.«
    »Du hast von einem Ungeheuer gesprochen, Jack. Kannst du es beschreiben? Ist der Mann oder der mögliche Einbrecher ein Ungeheuer gewesen?«
    Er hatte gewusst, dass die Frage kommen würde. Aber er hatte sich noch nicht auf die Antwort eingestellt.
    »Ich habe nicht viel gesehen, Harriet, wirklich nicht. Nur diese… diese langen Finger oder Waffen! Sie sahen aus wie Säbel oder lange krumme Messer.«
    »Nein, das ist… bitte, Jack, das kannst du mir nicht erzählen. Du hast dich geirrt.«
    »Leider nicht.«
    »Aber wie kann ein Mensch Messer als Finger haben oder so ähnlich?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe es aber gesehen, darauf kannst du dich verlassen.«
    »Und sonst?«
    »Sonst nichts.«
    »Du hast nicht gesehen, dass dieser komische Mensch Anstalten machte, hier einzubrechen?«
    »Nein, Harriet.«
    Für eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, bis die Frau schließlich sagte: »Wenn du dich nicht geirrt und dieses Wesen oder diesen Kerl tatsächlich gesehen hast, dann frage ich mich, was er hier will.«
    »Richtig, das frage ich mich auch.« Jack schüttelte sich. »Es ist grauenhaft, aber es stimmt alles. Ich habe dir nichts vorgelogen, Harriet. Er oder es war da.«
    »Dann lass uns nachschauen!«
    Jack Melrose schloss für einen Moment die Augen. Nachschauen, nach draußen gehen. Plötzlich kehrte die Angst zurück, und er schüttelte heftig den Kopf.
    »Du willst nicht?«
    »Es ist zu gefährlich, wenn wir nach draußen gehen.«
    Harriet streichelte über den Kopf ihres Mannes. »So habe ich es nicht gemeint«, erklärte sie. »Wir müssen nicht unbedingt nach draußen. Wir können es auch von hier erledigen.«
    »Das wäre eine Möglichkeit«, gab er zu.
    »Dann komm.«
    An der anderen Seite rutschte Harriet aus dem Bett. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, führte sie es auch durch, und das bis zum bitteren Ende.
    Jack blieb auf der Bettkante sitzen und wartete, bis sich seine Frau den Morgenmantel übergezogen hatte. Sie kam auf seine Seite und zeigte ein optimistisches Lächeln.
    »Ich bin davon überzeugt, dass sich alles als ein großer Irrtum herausstellen wird.« Sie schaute ihn an und schüttelte den Kopf. »Denk daran, was passiert ist. Unsere Nerven liegen blank. Das Leiden deines Vaters, dann sein Tod – nein, nein, das verkraftet kein Mensch so leicht. Davon ist keiner gefeit.«
    »Das stimmt alles, aber…«
    »Kein Aber jetzt!«, erklärte Harriet energisch. Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Komm jetzt!«
    Er ließ sich hochziehen und ärgerte sich über seine weichen Knie.
    »Du hast ihn vor dem Haus gesehen?«
    »Klar, durch das Küchenfenster.«
    »Ging er denn weiter?«
    »Ich nehme es an.«
    »Dann könnte er auch an einer anderen Hausseite durchaus zu sehen sein. Mal schauen.«
    Harriet wusste, dass sie stark sein musste. Wie so oft. Sie ließ sich durch nichts beirren und ging immer ihren Weg.
    Im Flur drehte sie sich um. »Wohin zuerst? Hast du einen Vorschlag, Jack?«
    »Nein. Es ist mir egal. Wie du dich erinnern wirst, habe ich ihn schon im Garten gesehen.«
    »Nun ja…«
    Er sagte nichts mehr. Harriet war eine Person, die stets einen Beweis brauchte. Dagegen hatte er auch nichts, aber in diesem Fall hoffte er, dass der Beweis ausblieb. Er fürchtete sich vor der Gestalt und merkte, dass die Angst wieder in ihm hochstieg.
    Harriet schob sich durch den Flur auf das Totenzimmer zu. Vor der jetzt verschlossenen Tür blieb sie stehen. Das eine Licht brannte noch, als sollte es der Seele den Weg ins Jenseits leuchten. Der schwache Schein drang unter der Türritze hervor und erreichte auch die Schuhspitzen der beiden Menschen.
    »Soll ich öffnen?« Jack nickte.
    Auch jetzt ergriff Harriet die Initiative. Sie bewegte die Klinke nach unten. Ein kurzer Druck, dann war die Tür offen, und sie schob sie nach innen.
    Er war alles wie gehabt.
    In der Mitte stand der offene Sarg mit der Leiche darin. Der Tote hatte sich nicht verändert. Niemand hatte ihn angerührt oder zur Seite gedreht. Als schwacher Schein erreichte das Licht den Toten und übergoss ihn mit seinem Schimmer, der den wächsernen
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