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1403 - Schrei aus dem Dunkel

1403 - Schrei aus dem Dunkel

Titel: 1403 - Schrei aus dem Dunkel
Autoren: Jason Dark
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Gastraum.
    Dort lief die Glotze. Sie stand erhöht auf einem Wandbord. Der Film brachte Ablenkung für Helene Schwarz, die dabei war, auf und hinter der Theke aufzuräumen.
    Sie hatte Harry nicht gesehen. Erst als er sich zweimal räusperte, drehte sie den Kopf.
    »Oh, Sie?«
    »Ja, ich konnte nicht schlafen.«
    »Haben Sie keinen Durst?«
    »Nicht direkt.«
    »Sie können ein Glas trinken, wenn Sie wollen. Für die normalen Gäste ist längst Feierabend. Ich bin froh, wenn ich Unterhaltung habe. Ich habe einen wunderbaren Kräuterschnaps, den manche als Schlaftrunk nehmen. Davon spendiere ich Ihnen ein Glas.«
    »Danke, Frau Schwarz, aber ich hatte eigentlich nicht vor, mich hinzulegen.«
    Sie war erstaunt und nahm die Hand von der Flasche, die sie hatte aufschrauben wollen. »Sie wollen nicht schlafen?«
    »So ist es. Ich will noch ein paar Schritte gehen. Das tut immer gut.«
    Helene Schwarz zog die Nase kraus. »Bei der Kälte?«
    »Wenn man sich genug angezogen ist, macht das nichts.«
    »Das ist wohl wahr. Aber was gibt es bei uns hier schon zu sehen? An uns geht das große Leben vorbei, was ich nicht mal schlecht finde, wie auch viele andere hier. Wir benötigen hier unsere Ruhe und Abgeschiedenheit, das ist so.«
    »Kann ich verstehen. Und deshalb möchte ich auch meine Runde drehen.«
    »Allein?«
    Harry lachte. »Wollen Sie mich begleiten?«
    »Auf keinen Fall. Ich frage nur deshalb, weil ich hörte, dass man Sie gesehen hat.«
    »Ist das schlimm?«
    »Überhaupt nicht«, erklärte sie lachend. »Ich frage mich nur, wie Sie mit Karl Eberle zurechtgekommen sind.«
    »Sehr gut, wenn ich ehrlich bin.« Er erntete einen schrägen Blick und fragte weiter: »Das überrascht Sie?«
    Helene Schwarz lächelte. »Nun ja, wenn ich ehrlich sein soll, ist der gute Karl schon ein komisches Kauz. Das sage nicht nur ich, sondern auch die anderen Leute aus dem Ort.«
    »Wieso denn?«
    »Nun ja, er ist einer, der mehr in der Vergangenheit lebt. Er sucht und schnüffelt dort herum, weil er überzeugt davon ist, dass man sie nicht vergessen soll.«
    »Das ist doch korrekt, denke ich. Man soll die Vergangenheit nicht aus den Augen lassen.«
    »Da bin ich ja einverstanden, aber Karl ist schon recht extrem, glaube ich.«
    »Inwiefern?«
    »Nun ja, er behauptet, dass diese schrecklichen Vorgänge eine Ursache haben müssen.«
    »Interessant. Und die sucht er also in der Vergangenheit?«
    »Nein, das nicht gerade. Oder nicht ausschließlich. Aber er geht davon aus, dass sie eine Rolle spielt, obwohl er mit Beweisen nicht hat dienen können.«
    »Das bringt mich auf die Frage, ob es denn überhaupt eine Vergangenheit gibt, über die es sich zu sprechen lohnt.«
    »Meiner Ansicht nach nicht.«
    »Und sonst?«
    »Jeder Ort hat seine Vergangenheit. Mal positiv, mal ist sie negativ. Dem kann man sich nicht entziehen.«
    »Und was gibt es hier so Interessantes?«
    »Das weiß ich nicht. Jedenfalls nicht für mich.«
    »Wie lange besteht denn die Ansiedlung hier schon?«, fragte Harry.
    Frau Schwarz beugte sich über die Theke. »Ansiedlung ist gut, denn der Ort hier ist aus einer Ansiedlung entstanden. Die hat es schon im Mittelalter gegeben. Die Menschen haben sich hier immer behaupten müssen. Sie sind praktisch für sich geblieben und haben selten Kontakt mit der Außenwelt gehabt. Noch heute gibt es bei uns Leute, die die Autobahn verfluchen.«
    »Das begreife ich nicht.«
    »Man will für sich bleiben.«
    »Denken denn viele so?«
    »Eigentlich schon, wenn auch die Jüngeren darüber den Kopf schütteln. Viele wandern ab in die Städte. Nach Stuttgart oder auch nach Ulm. Würzburg ist auch eine Alternative, denn hier gibt es nicht viel Arbeit für sie. Ein paar kleine Betriebe, aber die Industrie ist an uns vorbeigegangen.«
    »Obwohl in der Nähe ein Autobahnanschluss liegt?«
    »Ja, und der Tunnel! Ich weiß noch, dass es Tumulte gegeben hat, als er gebaut wurde. Nicht wenige Menschen sahen es als ein böses Omen an. Man sollte den Berg in Ruhe lassen und keine Wunde in ihn schlagen. Es wurde trotzdem getan, allen Warnungen zum Trotz, und jetzt können Sie sehen, was man davon hat.«
    »Was denn?«
    »Die vier Unfälle natürlich. Die Verschwundenen. Man hat die ausgebrannten Autos gefunden, aber wo sind die Menschen geblieben?«
    Harry hob die Schultern. Er fing unter der dicken Kleidung allmählich an zu schwitzen, doch er wollte den Redefluss der Frau nicht unterbrechen.
    »Ich weiß es auch nicht. Sie?«
    »Nein.«
    Er hatte
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