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14 - Roman

14 - Roman

Titel: 14 - Roman
Autoren: Carl Hanser Verlag
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ergehen lassen, samt Tornister- und Uniformappell, aber das ist ja ganz normal, wenn man Soldat ist, es ist fast, als würde man so nur Soldat spielen. Obgleich Charles nach wie vor einen gewissen Abstand zu Anthime hielt – und umgekehrt auch, mehr und mehr –, hatten sie gemeinsam bei Bossis’ Scherzen gelächelt, dann herzlos gelacht, als ein grausamer Oberleutnant sich über Padioleaus Art mokierte, das Gewehr zu präsentieren. Danach hatten alle außer denen, die nicht schreiben konnten, ein paar Postkarten geschrieben, was ihnen durch einen wundersam aufgetauchten Aperitif verschönert wurde – einen Byrrh-Citron, wenn auch mangels Sprudel mit Wasser ohne Kohlensäure –, danach das Mittagessen war gar nicht so schlecht gewesen, man hatte sogar einen kleinen Mittagsschlaf halten können, bevor man spätnachmittags in einem Garten Pflaumen kaufte.
    Zwei Tage später wurde es dann ernst: Drei Wochen lang marschierten sie so gut wie ohne Pause. Fast jeden Morgen ging es um vier Uhr früh los, durch den bald sehr trockenen Straßenstaub, manchmal querfeldein, ohne Gelegenheit für die kleinste Erholungspause. Nach vier, fünf Tagen gönnte man ihnen angesichts der dumpfen Hitze, die wieder herrschte, nach halber Tagesstrecke alle halbe Stunde eine kleine Pause, doch bald fielen Männer immer häufiger einfach um, zumal bei den Reservisten, wobei Padioleau häufiger fiel als statistisch vorgesehen. Wenn sie dann am Etappenziel ankamen, konnte keiner mehr, niemand hatte Lust zu kochen, und so wurde immer wieder Dosenfleisch geöffnet, ohne dass man viel dazu zu trinken gehabt hätte.
    Allzu schnell stellte sich heraus, dass es hoffnungslos war, sich hier Wein beschaffen zu wollen, übrigens auch sonst keine Getränke außer hier und da einmal etwas scharfen Schnaps, den die Brenner in den Dörfern, durch die sie kamen, zum Fünffachen des üblichen Preises verkauften – die Dörfler nutzten gierig die goldenen Verdienstmöglichkeiten, die eine verdurstete Truppe mit sich brachte. Lange würde das so nicht gehen, denn der Generalstab sollte bald begreifen, welche Vorteile gebührend abgefüllte Männer bedeuteten, schließlich dämpft der Rausch die Angst, doch so weit war man noch nicht. Unterdessen sah man immer häufiger ein paar Flugzeuge am Himmel, das war eine Ablenkung, dann war es allmählich weniger heiß.
    In den Dörfern allerdings gab es nicht nur die Geschäftemacher – die auch Tabak, Würste, Konfitüren anboten –, sondern hier und da an Feldrändern oder am Straßenrand jubelten kleine Gruppen Landbevölkerung den Soldaten zu. Gar nicht so selten schenkte man ihnen frei von allem Kalkül Blumen, Obst, Brot oder Wein, den die Bewohner der Nester hatten sichern können, wo man bisweilen schon den Feind hatte auftauchen sehen und ihm für das Recht, nicht bombardiert zu werden, manchmal viel Geld zahlen musste. Während des Marsches schauten die Männer nach den Frauen, die am Wegesrand beisammenstanden, manchmal bekamen sie junge und hübsche zu Gesicht. Eine von ihnen, einmal bei Écordal, sie war weder besonders jung noch besonders hübsch, warf ihnen religiöse Anhänger zu.
    Auch kam es immer häufiger vor, dass man durch Dörfer kam, die verlassen waren, manchmal lagen sie sogar in Trümmern, waren verwüstet oder abgebrannt, vielleicht weil ihre Bewohner sich geweigert hatten, den Tribut zu zollen. Oft waren die Keller der leeren Häuser geplündert, in ihnen wurden allenfalls noch Flaschen mit Vichy-Thermalwasser gefunden. Die menschenleeren Straßen waren mit allerlei zerstörten Dingen übersät: Man konnte auf dem Boden – und man sammelte sie nur selten auf – nichtabgefeuerte Patronen finden, die eine durchziehende Kompanie hinterlassen hatte, zerstreute Wäsche, Töpfe ohne Henkel, leere Flakons, eine Geburtsurkunde, einen kranken Hund, eine Kreuz-Zehn, einen Spaten mit gerissenem Blatt.
    Dann geschah es, dass es noch ein wenig ernster zu werden schien, als allerlei Gerüchte umzulaufen begannen, zumal bezüglich Spionage: Ein verräterischer Schullehrer sollte in dem und dem Abschnitt in flagranti bei den Vorbereitungen zur Sprengung einer Brücke erwischt worden sein. Es geschah auch, dass man nach Saint Quentin hin zwei dieser Spione an einen Baum gefesselt vorfand, die bezichtigt waren, die ganze Nacht über mit Blinksignalen dem Feind Nachrichten übermittelt zu haben, dann, als man näher kam, sah man, wie der Oberst sie aus nächster Nähe mit dem Revolver erschoss. Dann
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