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14 - Geheimagent Lennet und der Scheintote

14 - Geheimagent Lennet und der Scheintote

Titel: 14 - Geheimagent Lennet und der Scheintote
Autoren: Vladimir Volkoff
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traf. Lennet kam näher.
    »Verzeihung, Monsieur«, sagte er auf französisch.
    »Stammt dieses Tor wirklich aus dem Jahr 1908?«
    Der junge Mann sah ihn abschätzend an. »Sie meinen 1808«, erwiderte er in beinahe tadellosem Französisch.
    »Wurde es auf Befehl Dom Pedros erbaut?«
    »Nein, mein Herr, Dom Joãos.«
    Das waren die Losungsworte, die in der Nachrichtenabteilung von Hauptmann Aristide ausgearbeitet worden waren. 
    »Das ist also der Senhor«, sagte der junge Mann und stand auf.
    »Wieso der Senhor?«
    »Ich meine: das ist also meine Kontaktperson!«
    »Sagen Sie! Sie werden mit mir aber nicht in der dritten Person reden.«

    » Verzeihung! Stammt dieses Tor w irklich aus dem Jahr 1908?« erkundigte sich Lennet
    Die Augen des Brasilianers funkelten.
    »Bei dem Respekt, den ich vor dem Senhor haben muß, werde ich ihn nicht mit ,Sie’ anreden.« Er grinste.
    »Warum nicht?«
    »Weil man dies bei uns fast nur zum Kaiser sagte…. als es noch einen gab.«
    »Es wäre vielleicht einfacher, wenn wir uns duzen würden«, schlug Lennet vor. »Schließlich bin ich ziemlich jung, und du bist auch noch nicht gerade altersschwach.«
    Lennet streckte die Hand aus. »Einverstanden! Du könntest mir zumindest deinen Vornamen sagen, dann könnte ich dich Senhor Sowieso nennen.«
    »Du nennst mich Lennet wie alle. Und du, wie heißt du?«
    »Ich? Ich heiße Raimundo Varney Montenegro da Silva Montalvão Torres, aber du kannst mich Raimundo nennen, oder auch Ray wie die Gringos, meine Freunde.«
    »Gringos?«
    »Nordamerikaner. Sag mal, holt man die Nachrichtenoffiziere in deinem Land aus dem Kinderwagen?«
    »Das hängt von ihrer Veranlagung ab. Hast du schon einmal etwas von einem berühmten französischen Dichter namens Corneille gehört, der gesagt hat, daß Tüchtigkeit nicht vom…«
    »… nicht vom Alter abhängt«, sagte Raimundo. »Was deinen Corneille angeht, so haben wir auf dem francobrasilianischen Gymnasium genug von ihm gehört.«
    »Bist du dort auf die Schule gegangen?«
    »Du meinst wohl, ob ich dort rausgeflogen bin?«
    »Bist du?«
    »Ich interessierte mich nicht genügend für Corneille und zu sehr für die Bildhauerei.«
    »Bist du Bildhauer?«
    »Ich denke schon. Aber die Kritiker halten mich nicht dafür. Wenn ich ein hübsches Mädchen modelliere, sieht meine Arbeit dem hübschen Mädchen und nicht einem Pik-As ähnlich, und wenn ich einen alten Fischer modelliere, versuche ich nicht, ihm das Aussehen eines Akkordeons zu geben.«
    »Du bist eben nicht ,in’.« 
    »Das stimmt. Ich modelliere mit meinem Gefühl.«
    »Mit deinen Schlagadern?«
    »Meinen Schlagadern? Entschuldige, Geheimagent, aber jeder Mensch hat nur eine Schlagader.«
    »Das war der Ausspruch eines anderen berühmten Dichters. Wie wäre es, wenn wir jetzt ernsthaft miteinander redeten?«
    »Hier?«
    »Warum nicht? Sind in den Seerosen Mikros versteckt?«
    »Nein, aber hier ist es nicht sehr gemütlich. Zu dieser Zeit sitzt man besser in einer der kleinen Bars.«
    »Du gibst das Kommando. Denn du kennst dich hier aus.« Raimundo sah plötzlich nachdenklich aus. »Wie findest du sie eigentlich, meine Stadt?«
    »Schön, fröhlich, lebendig, dynamisch«, sagte Lennet.
    »Ja«, murmelte der Brasilianer, »das alles ist sie und noch viel mehr. Sie ist wirklich die ddade maravilhosa, die wundervolle Stadt, wie sie genannt wird.«
    »Bedeutet sie dir so viel?«
    Der junge Brasilianer schwieg einen Augenblick. Dann warf er alle Kieselsteine, die er noch in der Hand hielt, in die Pfütze und sagte leise: »Mehr als alles auf der Welt.«
    Und als er sich die Hände an seiner weißen Hose abgewischt hatte, fügte er noch leiser hinzu: »Bis auf eine Ausnahme.« Plötzlich nahm er wieder seinen spöttischen Ton an. »Also, Kollege, gehen wir?«
    Am Ausgang des Botanischen Gartens winkte er einem Taxi, das sie schnell an den Strand brachte. Als der Fahrer seinen Preis nannte, brüllte Raimundo: »Esta pemando que eu son turista – glaubst du vielleicht, ich bin ein Tourist?« Und er gab ihm ein Drittel der verlangten Summe.
    In den Schaufenstern gingen die Lichter an, und die Straßenlaternen waren erleuchtet. Das Meer spielte ins Dunkellila; auf der Avenue herrschte lebhafter Verkehr.
    »Das Sympathische an diesem Viertel sind seine Bars«, erklärte Raimundo. »Man kennt sich, man unterhält sich.
    He, Chico«, sagte er zu dem Mann in der kleinen Bar, in die er Lennet geschleppt hatte. »Como é que
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