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137 - Fluch der Seelenwanderer

137 - Fluch der Seelenwanderer

Titel: 137 - Fluch der Seelenwanderer
Autoren: Larry Brent
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schob sich ein
Schatten heran. Ein dicker Mann, der eine grobgestrickte Hausjacke trug, legte
seine massigen Unterarme auf die nach innen gerichtete Theke, und sein feistes
Gesicht füllte den kleinen, gläsernen Schalter aus.
    Der Kioskinhaber musterte nachdenklich die
alte Frau. »Sie sind bestimmt falsch hier«, schaltete er sich ein, nachdem er
einen Teil des Gesprächs bruchstückweise mitbekommen hatte. Er zuckte die
Achseln. »Es kann natürlich auch sein, daß Sie richtig sind, das kann ich nicht
beurteilen. Schließlich kenne ich Ihren Sohn nicht .« Er grinste breit und zeigte zwei Reihen kräftiger, nikotingelber Zähne. »Wenn
Sie einen draufgängerischen Sohn haben, ist es natürlich durchaus möglich, daß
er sich hier irgendwo herumtreibt. Genügend Abwechslung gibt’s in dieser Straße
ja...« Er unterbrach sich plötzlich, als sein Blick auf den Koffer fiel, den
Dorothea Witulla in der Hand hielt. Der Mann zog erstaunt die Augenbrauen hoch
und runzelte die Stirn. »Nanu? Wollen Sie über Nacht etwa hier in einem Hotel
bleiben ?«
    »Wenn ich noch ein Zimmer bekomme - dann auf
alle Fälle«, erwiderte die Alte mit fester Stimme.
    Der Zechbruder schüttelte sich vor Lachen.
»Da muß du... dich aber... beeilen Muttchen. Mit. Zimmern... sieht’s hier...
zum... Monatsanfang... immer schlecht aus ... da herrscht Hochbetrieb !« Mit diesen Worten griff er nach seiner Flasche, setzte
sie an und nahm einen herzhaften Schluck. Dabei verschluckte er sich und mußte
heftig husten.
    Dorothea Witulla klopfte ihm den Rücken. »Es
ist nicht gut, kaltes Bier zu trinken«, sagte sie vorwurfsvoll. Sie deutete die
Straße hinunter. »Ich weiß, daß er hier ist. Wenn ich nur wüßte, in welchem
Hotel ...«
    Der dicke Kioskinhaber schob den Schalter
weiter nach oben und streckte seinen Kopf nach außen. »Verkehrt er oft hier -
oder ist er zum ersten Mal da ?«
    »Er ist oft hier in dieser Straße«,
entgegnete die Frau.
    »Und woher wissen Sie das ?«
    Dorothea Witulla legte den Kopf ein wenig
schräg und sah den Mann im Kiosk mit merkwürdigem Blick an. »Die Stimmen,
wissen Sie, von ihnen erfahr’ ich alles !« sagte sie
leise, so daß man es kaum hörte.
    Man sah dem Dicken förmlich an, wie ihm die Mundwinkel herunterklappten. Er nickte. »Aha. So ist
das also. Sie hören - Stimmen. Und was sagen Ihnen diese Stimmen ?«
    »Vieles«, entgegnete die Frau ernst. »Sie
haben mich noch nie belogen. Die Stimmen sagen immer die Wahrheit, verstehen
Sie ?«
    Der Dicke schüttelte den Kopf, hielt aber dann
schnell in dieser Bewegung inne. »Ja«, beeilte er sich rasch zu sagen.
»Natürlich verstehe ich das ... Die Stimmen haben Ihnen gesagt, daß der Mann,
den Sie suchen, sich hier in dieser Straße auf hält. Und da sind Sie einfach
hergekommen, nicht wahr? «
    Dorothea Witulla lächelte. »Genauso ist es.
Können Sie mir vielleicht sagen, wo er sich aufhält ?«
    »Nichts einfacher als das !« reagierte der Dicke sofort. »Es gibt ja nur knapp fünfzig Kneipen hier. Die
kenne ich alle, und vor allem bin ich bestens vertraut mit den Stammkunden.
Wenn Sie mir den Mann beschreiben - vielleicht kann ich dann > doch noch
etwas für Sie tun .«
    Dorothea Witulla wiegte bedächtig den Kopf.
„Der Mann hat ein Alltagsgesicht - dunkelblonde Haare - mehr weiß ich auch
nicht von ihm. Aber die Frau kenne ich schon besser. Man muß etwas für Sie tun,
sonst muß sie sterben .«
    »Und wie sieht die Frau aus ?«
    »Sie ist groß, schlank, hat blondes,
schulterlanges Haar und blaue Augen .«
    »Und was noch?«
    »Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich
denke aber, das genügt .«
    Der dicke Kioskbesitzer seufzte. »Von der
Sorte, wie Sie sie beschrieben haben, läuft hier bestimmt ein ganzes Dutzend,
wenn nicht noch mehr, herum. Wenn Sie ...« Er unterbrach sich abrupt. Dorothea
Witulla schien mit einem Mal überhaupt nicht mehr an der Fortsetzung des
Gesprächs interessiert zu sein.
    Sie wandte sich ruckartig um und lief weiter,
ohne noch einen Blick zurückzuwerfen.
    Der Angetrunkene stierte ihr nach. »Sie ist
nicht... ganz richtig - im Kopf«, lallte der Mann. »So etwas ist schlimm... da
kriegt man’s ja mit der Angst zu tun. Und ... gegen diese Angst... muß ich
ankämpfen ... Gib mir noch ... ’nen Korn und ein Bier... dann wird’s mir
vielleicht wieder besser ...«
    Sie lief schnell, als ob jemand sie verfolge.
    Aus den Bars und Etablissements klangen
Stimmen, Lachen und Musik. Die vielen Bilder und Eindrücke, die
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