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1360 - Abschied der Vironauten

Titel: 1360 - Abschied der Vironauten
Autoren: Unbekannt
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hörte er, und er richtete sich da nach, so gut es ging. War da irgendwo in seinem Unterbewußtsein bereits ein Widerhall jener Melodie, die ihn bereits dreimal überfallartig heimgesucht hatte? Nein. Außerdem war „heimgesucht" das falsche Wort. Es handelte sich ja nicht um eine negative, sondern eher um eine hinderliche Erfahrung. „Erinnere dich, Atlan!"
    Sein fotografisches Gedächtnis wollte in einem Schwall unkoordiniert Erinnerungen preisgeben, doch sein Logiksektor verhinderte das. Zunächst war dieses künstlich aktivierte Anhängsel seiner selbst ja eher lästig gewesen, was das Problem mit der Melodie betraf. Nun aber erwies es sich nützlicher denn je. „Erinnere dich jetzt!"
    Er spürte, wie in der hintersten Ecke seines Bewußtseins Töne entstanden. Leise, sacht tremolierend, schoben sie sich immer mehr in den Vordergrund. Die Melodie kam von außen, das wußte der Arkonide, obwohl er mit diesem Außen derzeit keinen Kontakt hatte. War es eine Botschaft? Ja ... Nur - was beinhaltete sie? „Ich helfe dir", sang eine Stimme, auf deren Herkunft er sich nicht mehr besinnen konnte.
    Atlan zerlegte die komplexe Tonfolge in einzelne, genau definierte Bestandteile. Es handelte sich um zweiundzwanzig Frequenzsprünge, um eine völlig fremde Tonleiter, die trotzdem von froher Stimmung geprägt war. Lag nicht eine Ironie des Schicksals darin, daß eine Botschaft solcher Art ihn beinahe das Leben gekostet hätte? Vielleicht war alles nur eine Frage der Dosierung. In der richtigen Intensität hätte die Melodie lediglich seine Aufmerksamkeit erregt. „Kennst du diese Melodie?"
    Schon wieder der fremde Gesang.
    Doch er konzentrierte sich ernsthaft auf ihre Frage. Kannte er die Melodie denn? Aber ja, er kannte sie!
    Das wußte der Arkonide plötzlich, und noch in der selben Sekunde löschte ein Bild sein bewußtes Denken aus. Da war nur noch Erinnerung - und Starsen, die Tiefenstadt.
     
    *
     
    „Wenn ich zum Ritter der Tiefe werden muß, dann bestehe ich darauf, daß ich es vorerst nur für die Dauer meines Einsatzes bin", erklärte er mit fester Stimme.
    Und eine andere Stimme, sie gehörte Lethos-Terakdschan, dem Hüter des Domes Kesdschan, sagte: „Manchmal ist es so ... Wenn der Ritter nicht in den Dom kommt, kommt der Dom Kesdschan zu ihm."
    Er war plötzlich sicher, daß etwas an der zeitlichen Abfolge der Ereignisse nicht stimmte. Vor seinem inneren Auge erschien die Starsenmauer. „Du bist hier, um den psionischen Ritterschlag entgegenzunehmen und so den Status eines Ritters der Tiefe zu bekommen. Bist du bereit?"
    Alle weiteren Worte verwischten sich, und Atlan stand plötzlich im Dom Kesdschan. Doch es war nicht Khrat, der Sitz des Wächterordens in der Galaxis Norgan-Tur. Auf eine Weise, die er nicht verstand, hatte der Dom Kesdschan einen Platz in der Starsenmauer eingenommen. Über ihm wölbte sich als leuchtendes Riesenei die Domkuppel, einhundertsechsundfünfzig Meter in der Höhe und auf gut siebzig Metern Grundfläche. Die Besucherbänke waren leer. Allmählich verblaßte das fluoreszierende Licht, es schien von Wellen der Finsternis fortgespült zu werden und bestand schließlich nur mehr aus leuchtenden Punkten. Über allem schwebte wie Hintergrundrauschen eine Melodie ...
    Atlan nahm die Melodie nicht bewußt wahr. Seine Sinne richteten sich aufwärts, wo Lethos-Terakdschan in Form unzähliger Körper herabstieg.
    Die konturlose Gestalt vereinigte in sich Abbilder sämtlicher Ritter der Tiefe. Sie alle hatten ihr Leben dem Wächterorden geweiht, und sie alle waren für ihre Überzeugungen gestorben. Ihre Stimmen bildeten einen Chor, dessen Worte zu Bildern wurden; und immer war im Hintergrund diese Melodie aus zweiundzwanzig Frequenzsprüngen, knapp unterhalb der Wahrnehmungsgrenze.
    Atlan spürte, wie ein unbekannter Vorgang ihn mit Ritterwissen anfüllte. Was er sah und hörte, floß ineinander und bildete eine Einheit, deren kaum begreifliche Erscheinung die Melodie verdeckte. All die Ritter, die im Lauf der Jahrtausende ihren psionischen Abdruck im Dom Kesdschan hinterlassen hatten, ergriffen nacheinander Besitz von seinem Geist. Es war eine euphorische und beängstigende Erfahrung zugleich.
    Doch der Höhepunkt sollte noch folgen. Er wurde zum Dom Kesdschan selbst. Er bildete die Kuppel und folgte im Rhythmus ihren Vibrationen, und ein kleiner Teil seines Bewußtseins führte in diesem Rhythmus eine Änderung herbei. Ich bin Atlan, hieß das, ein Ritter der Tiefe.
    Es war der
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