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1360 - Abschied der Vironauten

Titel: 1360 - Abschied der Vironauten
Autoren: Unbekannt
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selbst zurückzuschlagen, doch er dachte nicht daran, die Intensität zu verringern.
    Vor seinen Augenknospen begannen weißgezackte Funken auf blauem Grund zu tanzen. Es handelte sich um erste Strukturlücken im Schutzschirm, dessen wurde er endlich gewahr, und ein heißer Luftstrom ließ ihn heftig aufschreien.
    Als habe der Schrei einen unsichtbaren Damm gebrochen, fand der Gesang des Todes nun endgültig in die Hirne seiner Feinde Eingang. Salaam Siin spürte, daß in den gegnerischen Schiffen die Wesen zu kristallinem Staub zerfielen. Aber noch durfte er nicht aufatmen. Das Feuer dauerte unvermindert an.
    Es sind die Steuercomputer, dachte er, sie folgen nur ihren Befehlen. „Syntronik!" Salaam Siin ließ die letzten banalen Klänge des Todesgesangs verebben. „Syntronik! Wir müssen den Kurs ändern! Dann verlieren sie uns vielleicht..."
    Er sah wie in einem Holo-Monitor den Knoten aus blauer Energie, dessen Zentrum die HARMONIE bildete. Langsam wanderte das Netzgängerschiff aus dem Fadenkreuz und fand sich in weniger bewegten, ungefährdeten Regionen wieder. Der Knoten blieb zurück, er wurde aus den unbeweglichen Geschützmündungen der zehn Sternschiffe gespeist.
    Salaam Siin sank deprimiert zu Boden.
    Durfte Musik eine Waffe sein? Sie war es, ganz gewiß, das hatte er soeben bewiesen. Jedes Ding war in seinem Wesen umkehrbar, und wenn es noch so harmlos scheinen mochte.
    Er sah auf und schaute in Atlans bleiches Gesicht. Der andere hatte sich fast lautlos genähert und berührte Salaam Siin nun fordernd am Membrankranz. „Komm schon, Sänger", bat er. „Ich kann mir vorstellen, wie dir zumute ist, aber wir beide haben ein neues Ziel."
    Der Meistersinger horchte interessiert auf. „Welches?" wollte er wissen. „Was kann mich noch interessieren als die Verhältnisse auf Mardakaan?"
    Atlan sagte es ihm. „Und die Verhältnisse auf Mardakaan werden sich auch ohne dich stabilisieren. Du bist kein Verwalter, Salaam Siin, sondern mit Herz und Seele Sänger! Deshalb setzen wir Graucum und den Singuva in Mardakka ab und brechen auf .Einverstanden?"
    „Einverstanden!" sang Salaam Siin.
    Eine Stunde später hatten sie den Planeten der Spiele verlassen.
    Hinter ihnen blieben zehn intakte, nur von Leichen besetzte Raumschiffe zurück, deren Geschütze allmählich heißliefen.
    Vironauten: „Du mußt nur einsteigen", wisperte das Virenschiff mit leiser Stimme. „Steig ein, Elka, und ich zeige dir die Wunder Estartus."
    „Was ist, wenn ich die Wunder nicht sehen will?"
    „Dann zeige ich dir, was immer dich sonst glücklich macht."
    Elka schaute auf zu dem baumgroßen, weißlichen Zylinder aus Virensubstanz, der knapp über ihrem Kopf hing. Sie war eine Frau mit wirrem, schwarzem Haarschopf. Sie fand, daß ihre Hüfte klobig und ihre Beine dick waren, aber sie verbarg diesen Makel mit langen Röcken, die oft bis auf den Boden reichten. Man hatte ihr schon oft Eheverträge oder befristete Partnerschaften angeboten. Dem stand ihre unglückliche Liebe zu einem Mann namens Treggo entgegen; sie verstand es selbst kaum, aber außer Treggo gab es nichts, was sie wollte. „Und du kannst mir wirklich Dinge zeigen, die mich glücklich machen?"
    „Nun, vielleicht", wisperte das Virenschiff.
    Elka stieg ein. Eine vage Hoffnung war immerhin besser als nichts, dachte sie. Das Virenschiff zeigte ihr die Smaragdenen Schlüsselmonde von Palcaquar, die Elysischen Ringe von Erendyra und andere Wunder. Glücklich fühlte sich Elka dabei nicht. Sie ließ aus Virensubstanz einen speziellen Schlafraum bauen. Dort stand nur ein bequemes Bett mit einem Schränkchen voller Psychopharmaka. Die Wände ringsum wurden auf Geheiß durchsichtig - so konnte Elka vom Bett aus fremde Sonnen und Planeten bestaunen, ohne sich auch nur erheben zu müssen.
    Dieser Zustand dauerte vier Jahre an. Dann fand sie Anschluß zu einer anderen Gruppe von Vironauten, die ebenso müßig wie sie herumstreiften. „Sternbummeln" hieß dies im Internjargon. Die Gesellschaft fremder Menschen brachte ihr nichts ein. Sie lag meist im Bett und pflegte nur den notwendigsten Kontakt. Eigentlich wollte Elka noch immer nichts außer Treggo, ihrem Treggo, so viele Fehler dieser Waschlappen haben mochte.
    Achtzehn Jahre vergingen. „Es ist genug, Elka", meldete sich eines Tages wieder das Virenschiff zu Wort. „Was willst du?" murmelte sie träge. Ihr Bett schien in einem Meer aus weißer Strahlung zu schwimmen, da sie gerade die Korona einer Sonne durchforschten.
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